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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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etwas freundlich Weibliches, von reichem schwarzen Haar umrahmt, in ihren dunkeln Augen, die in mehreren Farben schillerten, lag ein äußerst angenehmer, kluger und sinnender Blick, obschon sie manchmal an Augenschwäche litt und dann die matten Pupillen ihren Glanz verloren. Ihre Stirn war breit und an den Schläfen gewölbt, sie verriet eine gewisse geistige Anlage, und das gab dem sonst nicht gerade auffallenden Gesicht etwas Charaktervolles. Übrigens besaß sie trotz ihrer frömmelnden Erziehung und orthodoxen Glaubensschwärmerei oft einen gesunden Humor und harmlose Fröhlichkeit. Ihre Haltung im Umgang hatte eine ungesuchte schlichte Herzlichkeit, wie sie unter vornehmen Leuten von guter Rasse als die wahre gute Manier gilt. Ein gewisser Reiz fraulicher Behaglichkeit ging von ihr aus.
    Das ist mal kein blondes deutsches Gretchen, sondern ein schwarzes, dachte der blonde Otto, den nach dem üblichen Spiel der Natur mehr die dunklen als die hellen anzogen. Übrigens istGretchen kein passender Name für diese sanfte, aber würdevolle Weiblichkeit. Die hat auch Haare auf den Zähnen, ihre schönen schwarzen Haare mit den seiden- oder samtweichen Flechten. Johanna – das erinnert so an die Jungfrau von Orleans, aber damit hat sie gottlob nichts gemein. Nicht als ob ich die Jeanne d'Arc nicht bewunderte, die prächtige Heldin. Das war auch eine Einigerin ihres Vaterlandes, und nach dem, was wir notdürftig wissen, wahrscheinlich ein militärisches und politisches Genie, natürlich ganz anders als der gute Schiller sie schildert. Shakespeare und Voltaire haben die Pucelle zwar ruppig beschimpft, doch niemand nimmt das ernst, dagegen wohl das sentimentale Mannweib Schillers, das noch gar etwas Ideales vorstellen soll. Ich wette, die wahre Jungfrau hat nie mit dem Schwert einen armen Jungen erschlagen und erst recht nicht sich in die Larve eines Lionel verliebt. Sie wird wohl überhaupt kein Mannweib gewesen sein, denn tapfer ist jede Frau, wenn es sich um ihre Kinder handelt, und die Franzosen waren ihre Kinder. Die keusche Jungfrau wird wohl eine mütterliche Seele gewesen sein, und gestorben ist sie viel gewaltiger und schöner, als in Schillers phantastischer unhistorischer Pose. Daß diese Ästheten sich doch immer an Geschichtsgestalten heranwagen, zu denen sie gar keine Beziehung haben! Wie soll denn solch ein braver Stubenhocker wissen, wie einem zumute ist, der mit Blut und Eisen hantiert! In diesen sogenannten Geschichtsdramen geht es unsagbar lächerlich zu. Max, bleibe bei mir, geh nicht von mir, Max! So soll der grimme Friedländer gedacht haben, der die deutsche Einheit im Kopfe hatte! Erträglich ist höchstens Schillers feile Queen Beß, die sogenannte jungfräuliche Königin. Darin steckt was von Kenntnis einer großen Fürstin und kleinen schlechten Frau. Gott beschütze uns vor ehr- und ränkesüchtigen Weibern, die ihre Händchen in die Regierungsräder stecken! Ich preise mein Schicksal, daß ich nie mit solchen Kanaillen zusammenstoße, sintemal ich ja nie mit dem Staat zu tun bekomme. Aber die wahre Jungfrau, die von Orleans, o die versteh' ich sehr gut! Nur möcht' ich sie nicht zur Frau haben.
    Die wahre Pucelle, die nie ein Schwert trug, nur mit ihrer weißen Fahne in den Feind drang, dreimal auf den Tod verwundet, und die nach jeder Schlacht mütterlich die Verwundeten pflegte, auch die feindlichen, vor der hätte er andächtig das Knie gebeugt. »Meine Stimmen waren von Gott, sie haben mich nicht betrogen«, rief sie auf dem Scheiterhaufen im Sterben. Doch es gibt viele göttliche Stimmen und viele Scheiterhaufen. –
    Bei zunehmendem Verkehr sah er ein, daß die Mitglieder dieses Kreises, zu welchem auch jüngere Männer wie Hans v. Kleist-Retzow, Alfred v. Below auf Reddenthin und die Versiner Puttkamers gehörten, in Worten und Werken vorbildlich lebten. Er beneidete sie um ihre Zufriedenheit und Zuversicht, um den Seelenfrieden, dessen sie sich erfreuten. Das überraschte ihneigentlich nicht, denn es schien von Natur gegeben, daß kindliche Frömmigkeit so willkommene Begleiterscheinungen auslöste. Er traf durchaus keine sonstige geistige Armut, wie er gefürchtet hatte, bei diesen geistlich gestimmten Landedelleuten, sondern viel ruhige Klugheit. Was man als Pietismus verschrie, schien eher ein Streben nach vornehmer Reinlichkeit des Lebenswandels, was sie freilich allzu pomphaft Heiligung nannten. Überlegene Geister waren es gewiß nicht, aber gesunde, bei denen ein Müder

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