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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Reddenthin war sehr hübsch. Sie hielt sich kerzengerade, wie sie es in der Genfer Pension gelernt, und brillierte mit ihrem Englisch, das sie mit Vorliebe an Otto verschwendete, der es so geläufig sprach. Er lächelte spöttisch, als er sie in Cardemin zu Tisch führte, sein Blick flog zu Johanna hinüber, die tief errötete. Denn er ertappte sie dabei, wie sie das stattliche Paar beobachtete und seine grenzenlose Gleichgültigkeit gegen die reizvolle Kusine mit weiblichem Scharfblick feststellte.
    » Do you love flowers? « lispelte die Below.
    » Certainly. « Er neigte verbindlich den Kopf, fuhr aber laut und vernehmlich fort: »Für mich besteht Blumenleidenschaft nur in der Neigung zum köstlichen Duft. Duftlose Schönheiten, wie Kamelien, Georginen, Päonien, Tulpen, verabscheu' ich. Der Mensch schließt töricht von äußeren Reizen auf innere. Nie trifft das zu nach meiner persönlichen Erfahrung. Der korrekten Schönheit fehlt stets der Dufthauch aus innerstem Gemüt – Liebe, Religion, Poesie, es hat verschiedene Namen.«
    »Name ist Schall und Rauch«, gab ein semmelblonder Junker v. Puttkamer-Pobelow von sich, ein Zitat, das er irgendwo auffischte.
    » Heavenly! Wie zart Sie das sagen!« hauchte die Below und nippte an ihrem Champagnerglas. (Der alte Puttkamer hatte eine Schwäche für Champagner, die ihn innig zu dem Kniephof-Kenner hinzog.)
    »Das Zerrbild heißt Sentimentalität,« fuhr Otto unerbittlich fort, »das Wahre hat keinen Namen. Dafür gibt es keine Worte.«
    Fräulein v. Below glaubte einen Stich zu verspüren und hätte beinahe gelispelt: » You are very rude .« Das verbiß sie aber schicklich und lächelte himmlisch. Johanna lächelte nicht, das Herz schlug ihr bis in den Hals. Als Otto aus reiner Gewohnheit der guten Form seiner Tischnachbarin eine Artigkeit sagte, machte sie so viel daraus als sie konnte, und versicherte ziemlich laut mit süßem Augenaufschlag: »O Sie Heuchler und Schmeichler!« Es gehörte zu ihrer englischen Eigenart, daß sie das deutsche »ch« so weich aussprechen konnte, wie ein Londoner Dandy das rauhe »r«. Otto besaß daher die männliche Roheit, Johanna nachher beim Kaffee zuzuflüstern: »Ohne Heusselei und Schmeisseleigestatten mir gnädiges Fräulein, zu betonen, daß Schwarz oder Blau meine Lieblingsfarbe ist.« Johanna trug Schwarz oder Blau.
    Sie wurde rot und blaß, aber dann beruhigte sie sich. Ach, das sind so fade Galanterien, bei denen ein Mann sich nichts denkt. Freilich – dieser Mann – das war ein ganz besonderer Mann, den man sich nicht als zudringlichen Pousseur vorstellen kann. Und vorhin die Bemerkung bei Tisch ... so prononziert ... meinte er mich im Gegensatz zur Below? O mein Gott, ich bin ja wie im Fieber. Der böse Mensch! Ich will meine Ruhe haben. Morgen bet' ich im Gotteshaus um Kraft, keine sündige Regung aufkommen zu lassen. –
    *

Die Schulzen Filöhr und Lotke und ein verbummelter polnischer Adliger Dombrowski, der im sogenannten Chausseehaus eine Stelle bekleidete, wuschen und kämmten sich ausnahmsweise zu einem Amtsbesuch auf Kniephof, um mal mit eigenen Augen zu sehen. Sie teilten Predigers die frohe Kunde mit, daß die liederliche Wirtschaft zu Ende sei und der Junker ein gottseliges Leben führe. Hans v. Kleist-Retzow auf Krepplendorf, als Onkel Johannes sehr geschätzt, doch zu sehr in sich gekehrt und in sein eigenes Seelenheil vertieft, um auf anderer Erlösung auszuziehen, gratulierte Moritzens Schwester Hedwig, einer schon ältlichen Jungfer, die in fanatischem Lutheranertum versteinerte: »Loben wir den Herrn! Es ging ein Sämann aus ... so hat Moritz gesät in steinigen Acker, und doch ging der Same auf.« Julia v. Behr, die etwas hitzig auf Herrn v. Massow-Rohr Jagd machte, Frau Charlotte v. Zanthier geb. Puttkamer und Ännchen v. Blumenthal, die beide nicht auf besondere Heiligkeit Anspruch erhoben, tauschten am Flüßchen Kamenz an der Badehütte lehrreiche Betrachtungen aus, daß der Kniephofer am Ende doch mal auf Freiersfüßen gehen werde. Die »Tienchens« auf Reddenthin, Tante Ulrike und Kusine Therese, die etwas freigeistiger dachten, hörten schwärmerische Freudentöne der ernsten, sinnigen Melissa v. Behr über den Fall Bismarck etwas kopfschüttelnd an.
    »Herrje, man nich so heftig! Das ist ein kurioser Heiliger. Bei dem geht's immer im Galopp. Steckt da nicht was anderes dahinter?«
    »Heute noch auf hohen Rossen, morgen durch die Brust geschossen«, brummte der Majoratsherr Albert. »Ich

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