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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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frommsten Schafe. Ich glaube nicht, daß Sie unser Kind glücklich machen werden.« Da drückte Otto, ohne ein Wort zu erwidern, Johanna ans Herz, und als die kluge Mutter ihn anschaute, stürzten ihr die heißen Tränen aus den Augen. »Ja ja, ich fühle, daß Sie die rechte Liebe haben. So gebe ich denn auch meinen Segen, mein Sohn.« »Darf ich meiner Schwester telegraphieren?« Das tat er mit dem einzigen Wörtchen: »AIlright!« Ohne Englisch oder Französisch ging es bei diesem echten Deutschen nicht ab. –
    Sie gingen spazieren zur Pferdekoppel, ihr Hündchen Finette sprang in weiten Sätzen voraus ins Dickicht. Als man ihr pfiff, kam sie nicht wieder und hörte auf laute Rufe nicht. »Das arme Tierchen hat sich verlaufen«, jammerte Johanna.
    »Wird sich schon heimfinden, wie ich zu dir. Ich war auch so'n verlaufener Köter.«
    »Gut, daß du das einsiehst!« neckte sie, »Gott ist so barmherzig, und da muß ein Mädchen wohl auch Erbarmen haben. Sonst hält' ich dir den schönsten Korb geflochten und dich mit der sauren Beladung abziehen lassen. Doch unser lieber Vater im Himmel ließ dich durchs Schlüsselloch seiner Gartentür sehen, und man muß reuige Sünder in Gnaden annehmen.«
    »Du kleiner Bösewicht! Nicht wahr, du hast mitleidig auf mich herabgesehen?«
    »Das wäre sündhafter Hochmut. Verschimpfe uns nicht als Pharisäer, die sich von Zöllnern und Schachern abschließen!«
    »Und doch nehmen deshalb viele an euch ein Ärgernis. Dünkt ihr euch wirklich so heilig?«
    »Otto, du wirst mich noch böse machen.«
    »Keine Spur! Aber, siehst du, mit mir mußt du breiter ins Leben treten. Ihr wickelt euren Glauben so sorgfältig in Flanell, damit nur ja kein rauher Luftzug ihn berührt, er könnte sich sonst erkälten.«
    Sie brach plötzlich in Tränen aus. »Ach, ich fühle mich manchmal wie ein welkes Blatt, wie ein ausgewaschenes Kleid.«
    »Laß sehn, ob ich nicht die grüne Farbe auffrische, indem ich sie hege und pflege. Frische Blätter mußt du treiben, und die alten verkümmerten, für die weiß ich auch einen Platz. Ich will sie zwischen das Buch meiner Seele legen, damit wir sie beim Lesen wiederfinden, als Zeichen lieber Erinnerung.« Er nahm sie herzhaft in die Arme. »Du meine gute, treue Nanne! Du hast, was unter Asche in mir glühte, neu angefacht, die tüchtige Kohle soll dich in belebende Flamme hüllen.« –
    Über einen längeren Brautstand hatten die Puttkamers geteilte Ansichten. »Die Kinder müssen sich doch einleben«, meinte der alte Herr. »Die Unzuverlässigkeit des menschlichen Herzens ist groß.«
    »Aber sie lieben sich doch so!« betonte die gute Frau v. Puttkamer. »Diese Ehe scheint wirklich im Himmel geschlossen.«
    »Ganz gut. Doch die wahre Bürgschaft für das Wohl Johannas liegt nur im Segen des Herrn, in unserem Gebet. Er wolle uns begnaden. Vor Herbst ist an ein Aufgebot nicht zu denken.«
    »Mißtraust du dem Otto?«
    »Das eigentlich nicht. Er ist voll Offenheit und Treue, das geb' ich unumwunden zu. Doch er ist ein merkwürdiger Geselle, in dem sich ein schlichter Christenmensch wie ich nicht recht auskennt.«
    »Manchmal glaub' ich«, flüsterte die Mutter, »er sei zu etwas Besonderem geboren. Und ob dies gerade ein Glück wäre für unser einziges Kind, das stelle ich dem Herrn anheim. Mir scheint, die Frauen bedeutender Männer haben ein besonderes Kreuz.«
    »Na, weißt du, Alte«, Herr v. Puttkamer lachte behaglich, »haben sie ein besonderes, dann ist's eben ein anderes, als was die Frau Gemahlinnen sonst bei uns gewöhnlichen Männchens zu tragen haben. So gleicht sich die Rechnung aus. Übrigens sind das Redensarten. Ich wüßte nicht, wodurch er je etwas Besonders bewiesen hätte, Aussicht darauf Null. Durchs Staatsexamen is er durchgerasselt oder hat's nich mal versucht, damit ist abgeschnitten, daß er je im Staat was wird. Ist auch nicht nötig. Er ist ein vermöglicher Mann in geordneten Verhältnissen und wird ein Leben führen wie wir alle vom Ritterstand, ein gediegener Gutsherr und damit basta. Nee, davor keine Bange! Aber er is eben 'n bißken Querkopf und hat was Abenteuerliches im Blut.«
    »Fürchtest du etwa, er wird ihr untreu werden?« erschrak die Mutter.
    »Gott bewahr! Von der Sorte ist der nicht. Ein guter Christ geworden durch unsere oder vielmehr Gottes gnädige Hilfe. Na, also im Herbst, dabei bleibt's!« –
    »Wartensleben glaubt nicht an den Sündenfall! Ist das nicht eine Verworfenheit?« begann Johanna auf einem

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