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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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hab' schon lange Ahnungen, wo das hinaus will. Ein schlauer Hecht und frecher Dachs.« Beide Damen bestürmten ihn mit Fragen. »Ne, das verrat' ich nicht. Die Pietisterei hier ist mein Tollpunkt, da mach' ich nicht mit. Hans Retzow seine Predigten – bah! Sollte mal über den Text predigen: Der Fuchs im Schafspelz!« –
    »Nach so sparsamen Begegnungen in Cardemin und hier ist er uns doch ein verhältnismäßig Fremder«, bemerkte die in ihrer Weise sehr verständige Frau v. Puttkamer weislich, alsbeim Nachhausefahren von Reddenthin ihr Gatte sich äußerst freundlich über Otto aussprach.
    »Mir eigentlich nicht. Moritz und wir sind gewissermaßen seine Paten für sein neues Leben, und das bringt ihn mir nahe.« Der alte Herr genoß die liebenswürdige Eitelkeit des Proselytenmachers, der seinen Belehrten väterlich schätzt und in ihm den eigenen Erfolg bewundert. Die alte Dame erwiderte nichts und warf verstohlen einen Seitenblick auf Johanna. Ihr Mutterinstinkt warnte sie, daß hier manches nicht geheuer sei. Doch Johanna riß sich aus ihrer Schweigsamkeit und plauderte lustig mit dem gewöhnlichen Vorsatz des weiblichen Herzens, seine Tiefe mit Blumen zu verstecken. »Wie süß war wieder Marie!« lobte sie die gute Frau v. Blanckenburg, und dann verstieg sie sich zu übertriebenen Freundlichkeiten für Vetter Below und andere Herren, die ihr ein wenig den Hof machten.
    »Hat die Kleine da irgendwo Feuer gefangen?« erkundigte sich nachher der Alte besorgt bei seiner Frau. »Unter uns, Albert ist doch nur ein Windikus, und die anderen sind auch nicht gerade meine Passion.« Frau v. Puttkamer warf hin, das sei wohl nicht so gefährlich, seufzte und lächelte in sich hinein. Wie dumm doch die Männer bleiben in allem, was Frauen betrifft! Wenn ein Mädchen offen versichert, X sei ein schneidiger, forscher, patenter Kerl, dann hat es keine Gefahr. Aber wenn sie vermeidet, von jemand zu sprechen, dann wird die Sache bedenklich. Die kluge alte Dame saß nach ihrer Gewohnheit kerzengerade im Sofa, die Hand auf die Lehne gelegt, und sah vieles, wovon der Männer Schulweisheit sich nichts träumen läßt.
    In den ländlichen Frieden schlug wie ein Blitz die Kunde ein, daß die Freundin in Cardemin, von jäher Erkrankung ergriffen, im Sterben liege. Otto eilte dorthin und fand Moritz und Johanna in Tränen aufgelöst, im Gebet ringend. Nicht ohne Rührung, selbst seelisch erschüttert durch den drohenden Verlust einer ihm herzlich gutgesinnten, vortrefflichen Frau, betrachtete er die Gruppe. Verträgt sich Beten um etwas wirklich mit dem Bild eines allgerechten Weltenlenkers, heißt das nicht seine Weisheit und Güte beleidigen? Nein, wenn die Kreatur sich mit ihrem Schöpfer in Verbindung setzt, muß das allemal erheben und stärken und mit besserer Zuversicht erfüllen. Zum erstenmal – Gebete der Kindheit zählen nicht – rang sich von seinem Herzen ein Gebet los, Gott möge dies Leben schonen und es für die erhalten, denen es so teuer sei ...
    Doch sie starb. Nach dem Begräbnis sagte er mit dumpfer Stimme zu Johanna (Blanckenburg war ganz gebrochen): »Auch ich habe gebetet. Doch Sie sehen, es fruchtet nichts.«
    Da sah sie ihn stolz und unerschrocken an: »Soll das ein Vorwurf sein für unseren Vater im Himmel? Der Herr hat's gegeben, der Herr, hat's genommen, der Name des Herrn sei gepriesen!«
    Er faßte ihre Hand. »O, Sie sind stärker als ich. Dieser unerschütterliche Glaube! Doch begreifen Sie nicht? Ist Gott die Liebe – und das muß er sein, wenn er Gott ist –, warum quält er uns so mit tausend Übeln?«
    »Das ist heilsame Züchtigung für unsere sündigen Herzen.«
    »Und warum sucht er denn oft die Guten heim und läßt die Bösen unbestraft?«
    »Auf Erden, das ist ihre größte Strafe, daß sie in Glück und Wohlleben erst recht in ihr gottloses Treiben versinken. Wen der Herr lieb hat, den züchtiget er.«
    Er ging einige Schritte im Zimmer auf und ab, tief erregt. »O, wie stark der Glaube macht! das ist eine heroische Weltanschauung. Ja, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. So sollte jeder Tapfere denken, und ich Schwächling muß mich schämen. Geduld und Ergebung im Leid, wo findet man die, als bei Christen! Der große Gott braucht nicht zu hören auf kindische Gebete, er weiß am besten, was uns frommt.«
    »O, dann sei diese Stunde gesegnet! Sie haben die echte Einkehr, Sie glauben!« Ihr Gesicht verklärte sich, und sie wurde fast schön. Otto sah sie lange an.
    »Durch Sie«,

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