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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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französische Politik, doch daß wir als Deutsche diesen Unsinn erneuern sollen, scheint mir ausgeschlossen. Die verstümmelten Bundesstaaten würden nur darauf sinnen, sich wieder in Besitz ihrer alten Gebiete zu bringen mit beliebiger fremder Hilfe, als Bundesgenossen wären sie so unzuverlässig wie möglich.«
    »Und wie machen Sie sie zuverlässig?«
    »Ew. Majestät können versichert sein, daß ich die Bundesreform in Formen durchdrücke, die uns de facto die Oberherrschaft in Deutschland sichern. Doch nur in rücksichtsvoller Weise kann dies ermöglicht werden.«
    »Und was bekommt dann Preußen selber außer Schleswig-Holstein?«
    »Hannover, Hessen, Nassau und Frankfurt, ganz, nicht mit Abzwackung von Teilen. Eine Annexion kann nur vollständig sein, wenn sie glücken soll. Nehme ich etwas mit Haut und Haar, ist die Gefahr viel kleiner, als wenn ich jemand die Hälfte raube und ihn so zum unversöhnlichen Feinde mache. Napoleon pflegte zu donnern: »Das Haus Soundso hat aufgehört zu regieren«, er hatte dies auch schon für Preußen anwenden wollen und machte sich später bittere Vorwürfe, daß er ein verkrüppeltes todfeindliches Preußen bestehen ließ.
    »Sie wollen also alte deutsche Dynastien depossedieren!«
    »Auf Befehl Ew. Majestät habe ich dem gefangenen Kurfürsten von Hessen aus Pardubitz anheimgestellt, ob er auch jetzt noch sich zur Vernunft entschließen und seine Truppen vom Bundesheer abberufen wolle. Ich tat es mit Widerstreben, doch ich wußte vorher, daß der Verblendete unsern Antrag nur als Schwächezeichen auffassen werde. Er hat uns keiner Antwort gewürdigt, und wie der blinde König Georg, dem wir freistellten, sich nach Österreich zu begeben, sich aufführt, wissen wir. Der wird ›bis ans Ende aller Tage‹, wie er gotteslästerlich für das Welfentum vorausnimmt, unser Todfeind bleiben mit seiner ganzen Familie.«
    »Nun also, mögen sie geopfert werden! Diese Entschädigung würde einigermaßen ausreichen. Jedoch –« Der König kämpfte mit sich, dann aber rief er: »Nein und abernein! Ich bin Soldat und will meiner herrlichen Armee nicht den Siegeskranz schmälern. Hätte Österreich in Gebietsabtretungen gewilligt, würde sich der Unmut beschwichtigen lassen. So aber werden alle Militärs den Preis für so viel Taten und Opfer von mir fordern. Ich bin mit Stolz ein Soldatenkönig, wie es dem König von Preußen geziemt, und beachte vor allen Dingen die Wünsche der Armee. Der Krieg wird also fortgesetzt bis zur völligen Unterwerfung der Feinde.« Otto richtete sich straff auf. »In diesem Falle bitte ich, mir allergnädigst meine Entlassung zu gewähren und mich als Major zu meinen Kürassieren abgehen zu lassen.«
    »Niemals! Das heißt – Sie werden sich besinnen.«
    »Meine Absicht ist unerschütterlich. Ich werde den Frieden nur unterzeichnen, wenn er meiner pflichtgemäßen Überzeugung entspricht.«
    »Unerhört! Verlassen Sie mich!«
    Als Otto, ächzend vor Schmerzen, in sein Zimmer hinaufstieg, lehnte er sich durchs Fenster im Bedürfnis, frische Luft zu schöpfen. Unten eine gähnende Tiefe. Wenn ich dort hinabfalle, hätte alles Elend ein Ende. Wieder Scheitern, fast schon im Hafen. Besteht der König auf seinem Willen, so werden alle Errungenschaften zunichte. Auch Blut und Eisen helfen nichts. Adieu, deutsche Einheit! 33 Jahre hab' ich von dir geträumt, wie von einem Dämon besessen, jetzt kann ich Coffin im Sarg seine Wette bezahlen ... mit einem eigenen Sarg, darin mein Ideal eingesargt für immer. Dieser Schlag trifft am härtesten. Es ist vollbracht, unbegrenzte Möglichkeit dicht vor der Hand, da reißt mir die Kurzsichtigkeit menschlicher Bedürftigkeit die Hesperidenfrucht aus den Fingern. Mir? Bah, was mir daran läge! Aber Deutschland, Deutschland!
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür seines Zimmers, jemand trat leisen Schrittes ein. Er wandte sich nicht um, in seinen Schmerz verbissen. Wer ist das? Vielleicht der Kronprinz, dessen Zimmer auf dem gleichen Korridor lag und an dessen Tür er soeben vorüberschritt? Da fühlte er eine Hand auf seiner Schulter und hörte eine weiche Stimme: »Hören Sie, Bismarck! Sie wissen, ich war gegen diesen Krieg. Sie hielten ihn für nötig und sind verantwortlich dafür. Wenn Sie also Ihren Zweck für erreicht halten – ich hörte Ihre Gründe mit Verständnis –, so will ich Ihnen jetzt zur Seite stehen und Ihre Ansicht bei meinem Vater unterstützen.« Schlicht und still, wie er kam, ging

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