Bismarck 03
er sich keine Zweifel und verhehlt nicht, daß er Vabanque spiele. Nun, dem Kühnen hilft das Glück, warum? Weil jede Entschlossenheit mehr Aussicht hat als Unentschlossenheit, selbst wenn erstere die schlechten und letztere die guten Chancen hat. Wille der Führung, daran liegt alles. Willenlosigkeit des Führers wird Unwille der Truppe.
Man staunt über die Zuversicht des Kriegsrats in Bar sur Aube, daß Maunoury die Deutschen überraschen und in eine Falle legen wollte, falls sie zur Seine vorrückten. Doch der ganze Plan gründete sich auf Irrtum, denn Moltke befahl bereits Einschwenken der 1. und 2. A. auf Paris, so daß Maunoury nie wirklich gegen »Flanke und Rücken« Klucks wirken konnte. Bei frontalem Abringen war selbst größte Übermacht voraussichtlich nicht imstande, auch nur ein deutsches Korps rechtzeitig zurückzudrücken, ehe ihm Hilfe kam. Daß Maunoury 140 000 gehabt habe, selbst inkl. das erst ganz zuletzt eingreifende K. Boelle, ist unhaltbar, denn seine meisten Truppen waren schon vorher arg mitgenommen, in den ersten Schlachttagen hatte er schwerlich ansehnliche Überzahl. Bei French schien nur das unvollzählige 3. K. noch operativ verwendbar. Le Gros gibt zu, daß Verspielen der Marneschlacht jedes Wiederaufrichten unmöglich gemacht hätte. Laut Pierrefin, der es wissen müßte, verschleierte Joffre grundsätzlich jede Niederlage. Galieni's Erinnerungen bestätigen es. Er hielt auch vor der Infanterie geheim, daß die »Munitionslage« kritisch sei. Beim 9. K. Dubris gab es Ende September keine Granaten mehr. Wie möchten Joffre und Gallieni vor sich selbst ihre plötzliche Hoffnungsfreudigkeit verantworten? Oder wars nur Maske der Verzweiflung?
Bei Senlis sollen schon 56. R. D., Alpenjäger, »Marokkaner« (Kuhl, lies Zuaven) sich eine Niederlage geholt haben. Das ist, obschon es abends zu Häuserkampf kam, wohl übertrieben, da dort nur 49er den Feind warfen. Immerhin hatte Maunoury jetzt nur noch 45. D. frisch und im ganzen fochten von verfügbaren 137 Batl., 18 Feld- und 2 Fußart. Rgt. der 1. A. – inkl. L. W. Brig. Schulenburg, L. W. bei Creil ungerechnet – nur 77 Batl., 11 Feld- und 2 Fußart. Rgt., wovon etwa 26 mit 3 Art. Rgt. unter Bülow am Morin. Am 9. abends dagegen hatte Kluck nicht weniger als 100 Batl., 12 Art. Rgt. am Ourcq , womit er den ohnehin zerschlagenen Maunoury vernichtend erledigen konnte. Dessen Stärke wird deutscherseits lächerlich überschätzt; ein Neutraler redet von » 4 aktiven Korps «, soll heißen 4 Div.; Bülow weiß von »5 R. D., andern Formationen und Alpinbrigaden«. Dies alles schrumpft auf 4 R. D. ein, dabei Reste des K. Amade und der Liller Territorialen. Am 3. irrten Trümmer von solchen Divisionen in Paris umher, der unglaubliche Sordet soll bis hinter die Seine geflüchtet sein. Da 61. bei Creil blieb, nur 4 R. D. am Ourcq, davon 63. neu aus Paris, dazu eine Pariser Zuavenbrig. und anscheinend noch eine andere, sowie zwei Alpinbataillone, Sordet verstärkt durch eine provisorische Kav. Brig., das Ganze schwerlich stärker als 110 000; man vergißt wieder, daß 4 K., von Sarrail entliehen, erst ganz zuletzt eingriff und im August furchtbar litt, auch 14. D. nicht unberührt blieb, auch nicht Lamaze. Abzüglich des Augustverlustes waren die am 9. vereinten Teile Klucks ungefähr gleich stark. Es wäre also kein Heldenstück gewesen, diese bunt zusammengewürfelten Truppen gründlich aufs Haupt zu schlagen. Wenn Kluck sich für seine Leute in die Brust wirft, so bot man ihm ja dies Eigenlob auf dem Präsentierteller an. Man entblödet sich nicht, die Leistung der 1. A. als mustergültig zu preisen, teils aus reiner Unkenntnis, teils aus Reklamebedürfnis. Vergleicht man damit gefechtsstatistisch die Leistungen der andern deutschen Truppen, so kann man nur die Achseln zucken. Und da das 2. und 4. K. wahrlich vorzüglich waren, so lag es eben auch taktisch an mangelhafter Führung. Bedenkt man freilich, daß nur 30 Batl. des 2. und 4. K. bis 9. neben dem 4. R. K. fochten, so wundert man sich auch hier nicht sonderlich über das schwache Ergebnis, obschon die Deutschen an andern Stellen gegen viel größere Übermacht viel mehr ausrichteten. Wäre Kluck am 7. vereint gewesen, so war der Sieg aufgelegt, selbst am 8. hätte Bülow nicht die Ausflucht gehabt, Sorge um die 1. A. zwinge ihn zum Rückzug. Aus so abscheulichen Freveln gegen Grundgesetze des Krieges noch gar einen Ruhmesanspruch zu deichseln, blieb einer Tatsachenfälschung
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