Bismarck 03
so hätte er Maunoury und French sofort Halt geboten, während Brigade Kräwel, die Westfalengruppe und 5. D. durchaus fähig waren, Esperets Linke abzuschlagen. Hier lief nun gleichsam ein Rottenfeuer von Lügen die Front entlang. Denn ebenso wenig wie Bülow schon am 11. hinter der Marne, war ebenso wenig Kluck hinter der Aisne. Am 12. schlugen 18. Pioniere (Bromberger D.) noch bei Ferté Milon, 4. P. noch am 13. bei Compiegne Brücken. Hier wurde 32. R. angegriffen, verlor aber nur 65, am 14. hatten 27., 72. R. nebst 5 Kompagnien 165. Inf. ein Nachhutgefecht, das nur 305 kostete. Daß Kluck schon am 12. von Maunoury überall »heftig angegriffen wurde«, ist also glatte Erfindung. Erst am 15. waren die Verbündeten mit ihren Vorbereitungen fertig, bis 20. tobte hier die Schlacht am Flusse, die deutschen Stellungen blieben unversehrt.
Angriff des K. Lamaze auf die Thüringer und Anhaltiner verlor jede Wirkung. Mit Verlust von 5750 Mann inkl. 1900 Thüringern und 76. Hanseaten war der Angriff von neun alliierten Divisionen glatt abgeschlagen. Die Engländer ermatteten bald, denn Frenchs selbstische Gleichgültigkeit schien nur darauf bedacht, seine kostbaren Söldner möglichst geschont nach Bethune westwärts zu bringen, wo ihn ein frisches 4. K. und Division Lahore im Oktober erwarten sollten. Er erklärte rundweg, daß er nun nach seinen großen Rettertaten wieder seine natürliche Basis, Rücken nach dem Meer, aufsuchen wolle. Joffre konnte ihn nicht halten, ließ ihn also ziehen, niemand sah voraus, daß diese ohne jede strategische Absicht getroffene Entscheidung Frenchs tatsächlich ein Gewinn sein werde. Die Schonung seiner Truppen gelang ihm bei Soissons aber nicht, denn er meldete Ende September einen Gesamtabgang von 35 000, so daß er, da sein Verlust in der Marneschlacht sich der Ziffer Null bedenklich näherte, 10 000 beim mißglückten Aisnestoß einbüßte. Wahrscheinlich aber sind diese Ziffern viel zu niedrig, denn wer fertig brachte, sich anfangs Monsverlust von 2000 zuzusprechen, darf auf kein Vertrauen zu seiner Wahrheitsliebe rechnen. Jedenfalls litten die Angreifer auf der ganzen Aisnefront, wo die Deutschen rund 17 500 verloren (die Artillerie litt durchweg weniger als an den andern Fronten), ungleich mehr. Stegemanns phantastischer Bericht über Bedrängnis der Brandenburger widerlegt sich durch die Tatsachen. An den Kanten des großen Plateaus Craonne–Vregny lagen die verbündeten Streiter in großen Haufen, aber nicht Lebender. Maudhuys fanatischer Deutschenhaß verdoppelte seine Schlagkraft und verdiente sich die Ernennung zum Armeechef an Seite Castelnaus, ein unglaublich rasches Avancement in zwei Monaten, was freilich Joffres Bevorzugung der Tüchtigen ein schönes Zeugnis ausstellt. Vor seiner Beförderung hatte er den Schmerz, auf den Damenweg (Chemin des Dames) der Hochstraße ganz verzichten zu müssen. Die Franzosen nisteten sich aber hartnäckig unterhalb des Plateaus ein und waren von ihrer Minierarbeit nicht abzubringen; dieselben Truppen, deren laues Vorgehen im August nur Spott erregte. Solchen Einfluß hat auf Franzosen jeder Erfolg, und sei er noch so sehr Schein, er entflammt sie zum Äußersten. Man sage auch nicht, daß Mißerfolg auf deutsche Gemüter nicht einwirkt. Gewiß schlugen die siegreichen Besiegten der Marneschlacht überall den begeisterten »Sieger« heldenhaft ab, doch nie im Weltkrieg trat das Übergewicht des deutschen Soldaten so wenig in die Erscheinung. Nur das frische 9. R. K. errang einen wirklichen Offensiverfolg, weil unangekränkelt vom Rückzugsgefühl. Und da die Briten kein Siegesgefühl im Busen trugen, wie die Franzosen, so schnitten sie am schlechtesten ab, so bestimmend wirkt der moralische Faktor. Sogar die Pariser Zeitungsschreiber mäßigten ihr hysterisches Keifen, weil naiv gläubiger Siegesrausch sie herablassend stimmte, sie bescheinigten, daß die »Barbaren« sich in Epernay und Creil anständig aufführten. Daß durch eigene sträfliche Unachtsamkeit beim Brückensprengen Großfeuer in Creil ausbrach und die Boches mit gewohnter Gemeinheit wie in Löwen das Feuer löschten, war betrübend, weil man es nicht als Brandstiftung auslegen konnte. Tut nichts, der Deutsche wird verbrannt, nachher prangte Creil mit auf der Wiedergutmachungsliste wie die andern durch verbündete Granaten zerstörten Städte. Peinlicher als Brandgeruch stieg der Blutgeruch aus dem Marne- und Oisetal bis zur Aisne den kriegsfrohen Parisern in die Nase.
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