Bismarck 04
billig, sondern schauderhaft teuer waren.
36 Tage brauchte das unentwegte frontale Nachrennen bis Cholm, wo man nach 14 Tagen Vormarsch zu stehen sich schmeichelte. Aus Furcht vor Zeitverlust verlor man unwiderbringlich Zeit. Hätte man sofort den Vormarsch nordöstlich an den Bug angetreten, statt nördlich und nordwestlich, um recht bald Anschluß nach Iwangorod zu bekommen, so hätte man sehr viel früher auf Linie Brest-Kowel drücken können. Da die deutsche Zange nur von Süden zugriff und Iwanow mit unheimlicher Schnelligkeit und Umsicht (in diesem Zweig des Kriegswesens Meister) erst zwischen Bug und Wiprz 50 km , dann 100 km bis zur Weichsel mit befestigten Stellungen überspannte, lehrte ein Blick auf die Karte, daß nur baldigster Bugübergang diese Linien unhaltbar machen konnte durch verderbliche Bedrohung aller rückwärtigen Verbindungen Iwanows. Linsingens Stunde kam, doch entschloß man sich schon reichlich spät zur Aufstellung einer Bugarmee. Statt aber wenigstens jetzt sofort den Weg nach Grubiascow einzuschlagen, d. h. nach Wladimir-Wolynsk, wurde Zeit durch den Abmarsch Winklers verplempert, statt allgemeiner natürlicher Rechtsziehung, wobei 41. K. einfach die Raumstelle des K. Marrwitz eingenommen und Gerock und Conta längs dem Bug vorgerückt wären. Und schon hatte sich Mackensen selbst frontal verbissen und blieb nur ängstlich darauf bedacht, daß Linsingen an ihn anschließe. Ergebnis: rohe Frontalrauferei auf der ganzen Linie unter Entrichten härtesten Blutzolls. Obschon der Kampf bei Sokal nicht harmlos ausfiel, bildete Puhalla, mit Kavallerie stattlich versehen, dort eine eingebogene Hakenflanke gegen jeden Seitenangriff aus Podolien, Linsingen nordwestlich davon hatte also nichts für seinen Rücken zu befürchten, wo ja auch südöstlich Böhm am Rand Galiziens eine Schutzmauer bildete. Die Entscheidung lag ausschließlich bei der Bugarmee, die man auf 10 D. hätte erhöhen sollen, während Mackensen sich möglichst passiv verhielt. Er passiv!, ihm so etwas zuzumuten wäre Beleidigung, feste druff, dem Feind an der Klinge bleiben, wie der Kunstausdruck lautet, den ein Stümper wie ein Meister gebrauchen kann, der Eine am falschen, der Andere am rechten Ort.
Der Feind wußte besser, worauf es ankam. Er lockte Mackensen im Zentrum sich nach, bis er sich die Zähne abwetzte, hielt den Erzherzog erst nur flüchtig auf, dann immer hartnäckiger, ihm einen Rückschlag versetzend, und richtete sein Augenmerk vor allem darauf, ob Linsingen an den Bug marschieren werde. Daher die in jedem Bericht übergangenen blutigen Kämpfe gegen Winkler. Hätten dort 5 statt 2 D. angegriffen, so wäre durch Durchbruch bei Horodlo die ganze Mordschlacht bei Teratyn unnütz geworden. Übrigens verwendete Mackensen nachher Marrwitz nur für seine eigenen Zwecke, nämlich zu Umfassung der vor Arz und der am 29. vordringenden 1. G. D. gebildeten Schlußstellung von Bialeka vor Cholm, vorher bei Ignasin. Unter Vorantritt von 21 schweren Batt. drängte Emmich auf Biskupice, doch die Entscheidung brachten die Märker, die bei Trowniki das russische Zentrum durchbrachen. Der Erzherzog hatte es leicht, da er nur noch Nachhuten nördlich Chmiel vor sich hatte, die sein 18. K. wegstieß, doch wäre liegen geblieben, wenn nicht Besser unentwegt auf Kazimierz ausgeschritten wäre. Iwanows Rechte mußte ausweichen, da er sonst in Woyrsch' Sphäre geriet. Die Deutschen folgten auch keineswegs wie ein Sturmwind über Getreidefelder und Schluchten durchs Flußdefilée, sondern die Artillerie hatte durch Hinab- und Hinauffahren an beiden hohen Ufern viel Aufenthalt, als Iwanows Hauptquartier schon längst aus Cholm verschwand. Wie Napoleon beim Anblick der russischen Hauptstadt krampfhaft lallte: »Moskau, Moskau!«, so begrüßte wohl Mackensen, als er am 1. August einzog, das Ziel seiner Sehnsucht: Cholm, Cholm! Und was hatte er davon? Einen Bahnknotenpunkt, nichts weiter.
Der Feind entkam auf beiden Seiten. Obwohl Bessers unermüdliche Westfalen am 1., 2. August ihre Schlesischen Landsleute und Siebenbürger Sachsen südlich Iwangorod begrüßten, so marschierten die erschöpften Österreicher nicht schnell genug, um Dimitriew östlich Iwangorod abzuschneiden, wo ihn Woyrsch schon stellte. Der Erzherzog war gewiß ein tapferer und recht befähigter Herr, doch er sagte sich wohl: Wozu halt so a grausliche Hetz?! Mei Spezi, der Mackensen, verlangt zu viel, dös geht uns goar nix an! Da hatte er eigentlich
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