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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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sich doch um deutsche Einheit verdient und Artilleriegeneral Prinz Hohenlohe glänzte in seiner Waffe so wie einst Fürst Liechtenstein als Artilleriereformer, man lese seine Denkwürdigkeiten, um die gebildete liberale Denkart des preußischen Offizierskorps von 1870 zu würdigen. Und war nicht Ferdinand von Braunschweig Friedrichs bester Mithelfer, der ihn in einer Ode als Arminius pries? Weil verschiedene bürgerliche und später geadelte Minister ein gutes Andenken bei Sachkennern hinterließen, darum gehörten Stein, Hardenberg, Bismarck doch zum ältesten Blutadel. Und wenn der als Charakter hochachtbare Kleist v. Nollendorf ein mittelmäßiger General war, so fehlte es einem gewissen Heinrich v. Kleist gewiß nicht an Genie, auch nicht dem Hardenberg-Novalis, die Herren Achim v. Armin, v. Eichendorff waren echtere Poeten als mancher gepriesene Bürgerliche und der weiland Comte de Chamisso obendrein noch ein adliger deutscher Volksmann. Mit dem allen halten wir dem Adel keine Lobrede, sondern tun nur läppisches Vorurteil ab. So wenig das Genie einen Stammbaum hat, ein Friedrich purpurgeboren, ein Leonardo Sohn einer armen Dienstmagd sein kann, so wenig können Adel oder Bürgertum das Talent für sich pachten. Prozentual aber ist die Zahl talentvoller »Junker« erstaunlich. Im Übrigen wogen de Lamartine, de Musset, Graf de Vigny, de Maupassant viele Dutzend berühmter bürgerlicher Literaten auf, Byron und Shelley ganze Generationen von Dichtern, ohne noch zu rechnen, daß die Werke »Shakespeares« nach unserer Entdeckung von einem Hocharistokraten herrühren. Plato, Alkibiades, Perikles, Lucull, Cäsar, Venedigs Admirale waren richtige Junker. Um nun näher zu kommen: Wenn Cromwell, Bonaparte, Robert Lee keine eigentlichen Adligen waren, darum konnten Friedrich d. Gr., der Große Kurfürst, Gustav Adolf doch auch sich sehen lassen. Nicht zu vergessen Wilhelm III., der Oranier, dessen Gegner der dämonische Zwerg Duc de Luxembourg und dessen Vorgänger Prinz Condé, Graf Turenne jedenfalls bedeutender waren, als später der angebliche Advokatenschreiber Marschall Catinat. Waren Marlborough, seines Zeitalters bedeutendster Feldherr, und der starre Junker Wellington etwa Bürgerliche? Prinz Eugen v. Savoyen aber und die Erzherzöge Karl und Johann waren ja sogar Fürsten. Österreich hat keinen Grund, sich über Erzherzöge zu beklagen, da noch 1866 Erzh. Albrecht allein das schwarzgelbe Banner hochhielt, und der Artilleriechef Erzh. Wilhelm schon bei Solferino sich auszeichnete. Obwohl Ludwig XIV. so wenig Feldherr war wie Wilhelm I. sorgten beide doch einsichtig für ihr Heer, und obwohl viele adlige Militärs versagten, befanden sich im Feudalheer vor der Revolution doch viele wackere Generale und Offiziere, die sich der Republik zur Verfügung stellten. Cromwell und seine Generale sowie sein großer Admiral Blake und viele Franzosen der Revolutionszeit beweisen ebenso wie später Gambetta und Freycinet, daß Zivilisten sogar aus den untersten Ständen als improvisierte Kriegsführer Ungeahntes leisten, widerlegen aber damit nur jedes militärische Vorurteil, belegen nicht die demokratische Legende, daß solche Leute von vornherein mehr Talent hätten als Prinzen und Junker. Im Gegenteil, Napoleon bezeichnete seine Marschälle, zumeist alle aus unteren Kreisen hervorgegangen, fast alle als mittelmäßig, der geistvollste darunter, Marmont, und der relativ ehrlichste, Davout, waren Adlige. Noch mehr: die Charaktergemeinheit der Massena, Augereau, Ney, Bernadotte, Vandamme usw., waschechter Plebejer, unterschied sich merkwürdig von der vornehmen Gesinnung mancher Altadligen im Kaiserheer. Natürlich wäre verkehrt, dies verallgemeinern zu wollen, denn andere Bürgerliche wie Lannes und Drouot waren Mustermenschen und wenn Marlborough ein Schurke und Wellington kein schöner Charakter war, so um so mehr Blake; dagegen der gleichfalls bürgerliche Nelson eine Mischung von Held und Lump. Nur nicht das Kind mit dem Bade ausschütten! Drouot »c'est la vertu« , Junker Drouet d'Erlon ein fragwürdiger Herr wie Marquis Grouchy und Funker Mac Mahon, alle fähig, wahrheitswidrig ihre militärischen Sünden auf andere abzuwälzen, Plebejer Bazaine aber ein Schuft mit Eichenlaub. Für Königgrätz wählte man als Sündenböcke die Grafen Thun und Festetitz, beide schwer verwundet in soldatischem Pflichteifer, doch ihr sogenannter Ungehorsam scheint minder tadelnswert als Benedeks schlechte Disposition.

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