Biss der Wölfin: Roman
zeigte mir die Richtung. Als ich den ersten Schritt tat, griff er nach meinem Arm, und ich fuhr herum; meine Fäuste flogen nach oben. Er wich zurück und ließ mich los.
»Nein, ich wollte bloß … Du lässt mich mitkommen, ja? Ich hab dich gerettet, also, nimmst du mich jetzt mit?«
Ich sah ihm in die Augen und suchte nach Anzeichen dafür, dass dies ein Trick war, sah aber nichts als Panik.
»Bitte«, sagte er. »Ich hab nichts damit zu tun gehabt, mit …« Seine Stimme stockte. »Mit Dennis. Ich hab nicht mal gewusst, dass sie … ich hatte gedacht …« Er schluckte. »Ich habe gedacht, ich könnte ihn schützen, aber …« Er schluckte wieder. »Nachdem sie ihn umgebracht hatten, haben sie zu mir gesagt, Joseph wäre als Nächster dran, wenn ich nicht … Nur, dass sie Joseph dasselbe über mich erzählt haben.«
»Sie haben gesagt, sie würden deinen Dad umbringen, wenn du wegläufst, und ihm erzählt, sie würden dich umbringen?« Einfacher so, als ihn wirklich als Geisel zu verwenden, vor allem, wenn sie knapp an Leuten waren. Und ein Junge mit Noahs Problemen würde die Täuschung wahrscheinlich nicht gleich bemerken … und vielleicht auch nicht so schnell eine Lösung finden.
Er nickte. »Als ich dich im Fluss gesehen hab, habe ich gedacht, wir könnten zusammen verschwinden. Bloß …«
»Bloß sind sie dazugestoßen, und das ist jetzt der Plan B. In Ordnung. Wir verschwinden von hier, und ich bringe dich zu deinem Dad.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich will, dass du mich zum Rudel bringst. Das ist es, was er …« Seine Augen füllten sich mit Kummer. Er zwinkerte ihn fort. »Das ist es, was Dennis gewollt hat. Er hat immer versucht, mich zu überzeugen, aber ich hab nicht zugehört, ich hab nicht mal gewollt, dass er euch Typen fragt. Wenn ich’s getan hätte … wenn ich gesagt hätte, er soll mitkommen …«
»Ich nehme dich mit zum Rudel. Und jetzt sollten wir …«
»Sucht ihr die hier?«
Tesler trat ins Mondlicht hinaus, zwei Jacken und zwei Paar Stiefel in den Händen. Er warf sie in den Schnee.
»Ich … ich hab’s im Freien machen wollen«, sagte Noah.
»In Strümpfen?«
»Ich hab mir überlegt, wir wandeln uns und, du weißt schon, machen es als Wölfe.«
»Jetzt würde ich aufhören, Junge. Was ist passiert? Lass mich raten – du hast dich gleich beim ersten Versuch verliebt und wolltest mit ihr durchgehen? Nein, dafür müsstest du erwachsen sein. Du willst keine Freundin. Du willst eine Mommy, jemanden, der dich vor den großen bösen Wölfen rettet und dich mit zum Rudel nimmt. Na, hab ich recht?«
»Bloß, weil du uns gehört hast«, sagte ich.
Er ignorierte mich; sein Blick blieb auf Noah gerichtet. »Du glaubst, die nehmen dich, Junge? Klar, Blondie hier tust du vielleicht leid. Aber der Moment, da ihr Männchen dich zu sehen kriegt, wird der letzte Moment sein, in dem du irgendwas siehst … wenn du Glück hast. Weißt du, was Clayton Danvers mit Mutts macht?« Er imitierte die Bewegung, mit der eine Kettensäge nach hinten gezogen wird. »Wiedersehen, Körperteil.«
Während er sprach, sah ich mir rasch meine Umgebung an. Keine praktischen Steine, die ich ihm an den Kopf hätte werfen können. Kein praktischer Felsvorsprung, von dem man ihn hätte hinunterstürzen könnte. Kein praktischer gezackter Baumstumpf, auf dem man ihn hätte aufspießen können. Verdammt, ich würde das wirklich auf die schwierige Art erledigen müssen.
Während er schwafelte, schob ich mich näher heran. Er schien es nicht zu merken – Noah einzuschüchtern musste wirklich Spaß machen.
Ich war im Begriff, einen weiteren Schritt zu tun, als Eddie um die Hausecke kam. Das immerhin bemerkte Tesler.
»Hab’s unter Kontrolle«, sagte er. »Geh wieder rein.«
»Lass mich den Jungen übernehmen«, schlug Eddie vor. »Du kannst dir …«
»Ich hab gesagt, ich hab’s unter Kontrolle.« Teslers Stimme wurde zu einem Knurren.
Sein Ego hatte zuvor einiges einstecken müssen. Jetzt würde er es wieder aufbauen, indem er bewies, dass er mit einer Frau und einem Jungen auch ohne die Unterstützung seines Bruders zurechtkam. Und wenn es das war, was er wollte, würde ich mich kaum beschweren. Eddie zögerte und trat dann den Rückzug an. Ich lauschte auf das Zufallen der Tür, hörte aber nichts. Er war nicht wieder ins Haus gegangen. Verdammt.
»Und was für eine traurige Geschichte hat er dir vorgeheult?«, fragte Tesler, ohne mehr als einen einzigen kurzen Blick in
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