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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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einen festen Halt auf meinen vier Beinen zu finden, während die Pfoten knirschend durch die Schneekruste brachen und eisige Splitter zwischen den Fußballen prickelten. Ich zwinkerte nachdrücklich, um mich an die graue Welt zu gewöhnen, gab meinem Hirn Zeit, die Schattierungen wieder in Farben zu übersetzen.
    Meine Ohren und meine Nase waren bereits aktiv; die Ohren spielten, um jedes ferne Knistern von fallendem Eis aufzufangen, die Nase zuckte auf der Suche nach jedem Molekül von Beutegeruch, und beide Sinne drängten mich, ich sollte mich beeilen, endlich zur Sache kommen, losziehen und die Gegend erkunden. Ich ignorierte sie und streckte mich. Meine Augen verengten sich zu glückseligen Schlitzen, als ich das Pochen meiner Muskeln spürte und die Endorphine, die zum Hirn strömten, süß wie Champagner.
    Ich ließ den Schwanz über den Schnee fegen und tat ein paar Schritte vorwärts und wieder zurück, um mich an meinen neuen Schwerpunkt zu gewöhnen. Nach zwanzig Jahren war all das vollkommen unnötig, aber es war wie ein Vorspiel – köstlich, für sich selbst genommen, noch besser als Appetitanreger, während Vorfreude und Frustration zunahmen.
    Apropos Frustration …
    Während ich mich streckte, hörte ich Pfoten außerhalb meines Dickichts herumtappen. Goldfarbener Pelz blitzte auf, schimmerte im Mondlicht. Dann wurde Clays Witterung zu mir hereingetrieben, ein wundervoller üppiger Geruch, der ein Wimmern tief unten in meiner Kehle auslöste. Ich schluckte es hinunter und stemmte die Beine in den Boden, widerstand der Versuchung, ins Freie hinauszustürzen und ihn zu begrüßen.
    Clay schlug den nächsten Bogen, schneller jetzt und in wachsender Ungeduld. Ich senkte den Bauch auf den Boden hinunter und schob mich vorwärts, langsam und geräuschlos, bis meine Nase den Rand des Gestrüpps erreicht hatte. Dann spannte ich die Muskeln, mein Hinterteil hob sich und zuckte, abwartend, abwartend …
    Clay trabte draußen vorbei, und ich schoss hinter ihm hinaus ins Freie. Als ich das Knirschen seiner scharfen Wendung hörte, rannte ich bereits, jagte über die offene Fläche, die Augen halb geschlossen, während der Wind durch meinen Pelz fuhr, rannte so schnell, dass meine Pfoten die Schneekruste nicht durchbrachen.
    Clays größere Masse brachte es mit sich, dass er durchaus durch die Schneekruste brach und mit jedem Satz weiter zurückfiel; in sein angestrengtes Schnaufen mischten sich Knurrlaute, als ich davonzog. Ich überquerte die Lichtung und tauchte in den Wald ein, aber sobald ich es getan hatte, wurde mir klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte – hier im Schutz der dichten Kronen war der Boden nur mit einer dünnen Schneedecke überzogen, und ich verlor meinen Vorteil.
    Sehr bald war mir Clay dicht auf den Fersen, hörte ich sein Schnaufen in meinem Rücken. Dann ein Grunzen und ein sausendes Geräusch, und ich wusste, er sprang. Ich versuchte noch, mich zur Seite zu werfen, aber als meine Hinterpfoten den Boden verließen, bekam er eine davon zu fassen und zog. Meine Vorderfüße flogen nach vorne weg, und ich machte eine Bauchlandung.
    Ich schnaubte, sprang auf und fuhr herum. Er war bereits sechs Meter entfernt und tanzte mit schwingendem Schwanz weiter fort. Jeder Instinkt sagte mir, ich sollte mich an die Verfolgung machen, aber stattdessen fiel ich wieder in den Schnee und winselte vor Schmerz. Nun weiß Clay genug, um nicht auf dergleichen hereinzufallen. Er tut es wirklich. Aber er bringt es nie fertig, davonzurennen – nur für den Fall, dass dies die eine Gelegenheit sein sollte, bei der ich wirklich verletzt bin.
    Er schlug einen großen und wachsamen Bogen um mich. Ich leckte mir die Vorderpfote. Er kam etwas näher, hielt sich aber außer Reichweite eines Satzes. Ich kämpfte mich auf die Beine, die Pfote in der Luft, und berührte dann vorsichtig mit ihr den Boden. Er kam noch näher, den Kopf gesenkt; die Nase zuckte bei dem Versuch, Blut zu riechen. Ich hob die Pfote wieder an und wimmerte.
    Näher, noch näher …
    Ich sprang. Er tanzte aus dem Weg und schoss davon. Ich zögerte und fing dann an, am Boden herumzuschnuppern. Er blieb stehen und legte den Kopf zur Seite. Ich schnupperte weiter, überprüfte alles, was ich an Beutefährten fand. Wühlmaus, Hase … ist das hier Luchs?
    Er schoss so dicht an mir vorbei, dass ich den Luftzug spürte.
    Ich ließ mich beim Schnuppern nicht stören. Marder, Stachelschwein, weitere Hasen …
    Wieder ein Satz, und diesmal

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