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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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die Fesseln anlegen konnten.
    »Kommt dir das Szenario bekannt vor?«, fragte Clay, während er den Bürostuhl auf seinen Rollen mit dem Fuß in die Mitte des Raums schob. »Erinnert es dich dran, was ihr in einer Hütte hier in der Nähe getan habt? Was ihr einem alten Freund von mir angetan habt?«
    Dans Mund öffnete sich, wahrscheinlich um irgendeine Variante von »Ich war’s nicht – ich hab einfach nur Anweisungen befolgt« herauszulassen. Doch bevor er das erste Wort ausgesprochen hatte, klappte er den Mund wieder zu und ging zu einer anderen Taktik über: Er fing an, in seiner Muttersprache zu schnattern.
    »Du kannst dir den ›Ich spreche eure Sprache nicht‹-Dreck sparen«, sagte Clay. »Würde mich bloß ärgern und dir absolut nichts bringen. Du kennst doch Roman Novikov, den Alpha des russischen Rudels? Er hat sich als Übersetzer angeboten, bloß um sicherzustellen, dass deine Bürgerrechte nicht verletzt werden, bevor ich dir die Kniescheiben breche.«
    »Es ist kein Russisch«, sagte ich.
    Clay sah mich an.
    »Er spricht nicht russisch. Wir können Jeremy oder Roman bitten, uns das zu bestätigen, aber ich bin mir da ziemlich sicher.«
    In den Ohren einsprachiger Zuhörer wie Clay oder Reese klang es sicherlich wie Russisch – es klang sogar in meinen zweisprachigen Ohren wie Russisch. Aber meine Mutter hatte mir früher auf Russisch vorgesungen und mir in Sprachspielen, wie Jeremy und ich sie mit den Zwillingen spielen, ein paar Worte der Sprache beigebracht. Ich konnte mich zwar nur an ein halbes Dutzend davon erinnern, aber ich erkannte Russisch, wenn ich es hörte, und dies war kein Russisch.
    Ich teilte Clay mit, dass es Polnisch oder Ukrainisch sein konnte. Weder Jeremy noch Karl noch irgendeine andere unserer fremdsprachenkundigen Quellen hätte uns damit helfen können.
    »Das wär’s dann also«, sagte ich. »Wenn er unsere Fragen nicht beantworten kann, nützt er uns nichts.«
    »Umbringen?«
    Dans Kopf fuhr schnell genug nach oben, um uns mitzuteilen, dass seine Englischkenntnisse nicht so schlecht waren.
    »Wir hätten uns eben doch den Bruder greifen sollen«, sagte Clay. »Und ihn als Geisel festhalten. Meinst du, den kriegen wir noch?«
    »Der ist längst weg. Aber wir können diesen hier verwenden und ihm eine Botschaft schicken.«
    Clay nickte. »Die müssen wir aber richtig formulieren. Wir müssen denen einen Höllenschreck einjagen. Ihm einfach den Hals brechen reicht nicht.«
    Ich holte den Kartenschlüssel unseres Hotels aus der Tasche und hielt ihn hoch, so dass der Mutt ihn nicht sehen konnte. »Wie wäre es damit?«
    »Scheiße.« Clay rieb sich das Kinn. »Als wir das das letzte Mal gemacht haben …«
    »Ziemliche Schweinerei, ich weiß, aber anders geht’s wohl nicht. Das einzige Problem ist das Geschrei.«
    Der Mutt fuhr herum, wobei er den Stuhl weit genug drehte, um sehen zu können, welches grässliche Folterinstrument ich in der Hand hielt. Als er es sah – und ihm aufging, dass er sich verraten hatte –, stieß er einen Schwall sehr angelsächsischer Obszönitäten aus.
    »Hm«, sagte Clay. »Sieht ganz so aus, als spräche er doch ein bisschen Englisch. Sehen wir mal, ob wir sein Vokabular erweitern können.«
    Er rammte Dan die Faust gegen das Kinn. Der Mutt keuchte und fauchte; dann begann er zu fluchen.
    »Nee«, sagte Clay. »Immer noch dieselben Worte. Probieren wir doch …«
    Er griff sich ein Ruder von einem Wandregal, schwang es hoch und ließ es gegen Dans Kniescheiben krachen. Ich hörte Holz und Knochen knacken. Dan schluckte einen Aufschrei hinunter; seine Augäpfel rollten. Dann hob er den Blick zu Clay.
    »Was wollt ihr wissen?«, fragte er in fast perfektem Englisch.

    Wir mochten die Sprachbarriere überwunden haben, aber das bedeutete nicht, dass wir etwas Nützliches aus ihm herausbekommen hätten. Wir begannen mit dem wichtigsten Anliegen: Warum hatten sie Dennis umgebracht? Und den zugehörigen Fragen: Wussten sie von Joey, und wenn ja, warum hatten sie ihn nicht behelligt? Wir machten uns keine Sorgen, weil wir Dan jetzt über Joeys Existenz informiert hatten – es war ja nicht so, als ob dieser Mutt jemals wieder Gelegenheit haben würde, seinen Kumpels von Joey zu erzählen. Aber Dan beharrte darauf, dass er keine Ahnung hatte, wovon wir überhaupt redeten. Andere Werwölfe in Anchorage? Nie von ihnen gehört. Seine Witterung am Schauplatz des Mordes an einem ehemaligen Rudelangehörigen? Nein, da mussten wir uns wohl wirklich

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