Biss der Wölfin: Roman
foltert – irgendwann ist der Punkt erreicht, wo er alles und jedes sagen würde, damit du aufhörst. Nein, ich habe keine Abmachung mit einer Bande von Schlägern, und ich habe sie auch nicht in euer Hotelzimmer geschickt. Und jetzt nimm deine Frau, Clay, und geh nach Hause.«
»Wir gehen, sobald ich mit dir geredet habe.«
»Ich meine damit, geh nach Hause, heim nach Stonehaven. Es gibt hier nichts, mit dem du dich befassen müsstest. Nimm deine hübsche Frau und geh nach Hause zu deinem Alpha-Dad und deinen Kindern, von denen ich sicher bin, dass sie absolut bezaubernd sind. Das ist dein Leben. Dies hier ist meins. Und jetzt lass mich in Frieden.«
Wir ließen ihn in Frieden. Bis auf weiteres. Aber wir wussten, dass er log. Arbeitete er mit einer Bande von Waffenschiebern zusammen und hoffte, uns zur Abreise bewegen zu können, bevor wir unsere Nasen zu tief hineinsteckten? Clay glaubte es nicht, aber er musste die Möglichkeit in Betracht ziehen, und wir mussten auch weiterhin das tun, von dem Joey offenbar nicht wollte, dass wir es taten – nach der Wahrheit forschen.
21 Faszination
L ynn Nygard lebte in einer Wohngegend im westlichen Anchorage, einem Viertel mit schmalen gewundenen Straßen und dichten Bäumen, zwischen denen höchst eklektisch gestaltete Häuser verstreut lagen – von Cottages bis hin zu gigantischen neuen Villen, Typ Versandhausarchitektur. Ihr Haus war eins der kleinsten überhaupt, ein winziges Nurdachhäuschen. Ich hatte ein weiteres Mal bei ihr angerufen, nachdem wir mit Joey gesprochen hatten, und sie hatte mich spontan eingeladen vorbeizukommen. Clay fuhr mich hin, blieb aber draußen im Auto sitzen.
Ich muss gestehen, wenn jemand mir gegenüber von »Experten« oder »Fans« des Paranormalen redet, dann stelle ich mir eine winzige, schlecht beleuchtete Wohnung vor, in der es nach Fertiggericht aus der Dose riecht und deren Wände mit vergilbten Zeitungsartikeln bepflastert sind. Das könnte ein Klischee sein. Andererseits könnte es auch sein, dass ich zu viele Leute getroffen habe, die dem Bild entsprechen.
Die Wohngegend und das Haus entsprachen dem Bild in keiner Weise. Auch Lynn Nygard tat es nicht. Sie sah aus wie eine Lehrerin, klein und schlank, mit gepflegtem weißem Haar. Sie winkte mich ins Haus, während sie gleichzeitig versuchte, ein Telefongespräch zu Ende zu bringen, wobei sie zu mir hin mit den Lippen eine Entschuldigung formte und die Augen verdrehte.
»Ich hab’s nicht vergessen. Ich werde alt, nicht senil. Jetzt habe ich gerade Besuch bekommen …« Eine Pause. »Ja, Liebes, ich mache die ganze Organisation.« Sie winkte mich weiter ins Wohnzimmer. »Aber im Moment …«
Der Mensch am anderen Ende redete weiter. Eine Männerstimme. Ihrem Tonfall und ihrer Wortwahl nach ging ich davon aus, dass es ihr Sohn war.
»Ich muss wirklich aufhören, Liebes. Hier steht eine junge Frau, die mit mir über diese Wolfsrisse reden will.« Sie riss die Augen auf. »O nein, eigentlich hatte ich nicht vor, meine Ijiraat-Theorie zu erwähnen, aber jetzt, wo du es sagst …«
Eine Pause.
»Aber nein, das ist sogar eine phantastische Idee. Ich bin ja so froh, dass du sie zur Sprache gebracht hast.«
Ihre Augen funkelten vergnügt, als der Protest ihres Sohnes lauter wurde.
»Ja doch, Liebes, ich verspreche, ich werde mich benehmen. Aber wenn irgendwas schiefgehen sollte, wirst du mich doch in der psychiatrischen Abteilung besuchen kommen, oder? Die Zwangsjacke ein bisschen lockern? Mir den Sabber vom Kinn wischen?«
Sie lachte über seine Antwort, drückte die Austaste und wandte sich an mich.
»Haben Sie Kinder, Ms. Michaels?«
»Zwei.«
»Na ja, irgendwann haben Sie den Punkt erreicht, wo sie sich nicht mehr sicher sind, ob sie die Kinder oder die Eltern sind. Eine Minute braucht mein Sohn Mommys Unterstützung, um eine Überraschungsparty für seine Frau zu planen, und in der nächsten versucht er, mich davor zu bewahren, dass ich mich vor Fremden zum Affen mache.« Sie legte das Telefon weg. »Kaffee? Grüner Tee? Rotwein?«
Ich sah ein fast volles Glas auf der Küchentheke hinter ihr stehen und sagte, ich würde gern ein Glas Wein nehmen.
»Sie arbeiten also mit Hope Adams zusammen?«, fragte sie, während sie ein Glas vom Regal nahm.
»Wenn sie mich braucht. Eigentlich bin ich Freiberuflerin. Kennen Sie Hopes Artikel?«
»Ich wäre kein guter Fan des Paranormalen, wenn ich’s nicht täte. Seit Weekly World News letztes Jahr seine Druckversion
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