Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
einzige Andeutung, dass diese Mädchen vielleicht nicht gerade gelebt haben wie die Nonnen …«
    »Und sie werden als zugekiffte Huren abgetan, die mit dem ersten Typ auf und davon gegangen sind, der ihnen ein neues Leben in Seattle versprochen hat.«
    »Genau das. Das zweite Mädchen – die war wirklich die Sorte, die Schlagzeilen machen sollte. Joy Sataa. Studentin. Kam aus einer Airpark-Siedlung, um hier aufs College zu gehen, wobei es der Airpark-Aspekt ist, der sie auf der Prioritätenliste wieder abrutschen lässt.«
    »Ureinwohnerin, genau wie das dritte Mädchen, nehme ich an?«
    »Schon wieder richtig. Adine Aariak. Siebzehn und ohne festen Wohnsitz. Sie hat vielleicht gelegentlich einen Freier gehabt, obwohl sich bei der Polizei niemand dran erinnern kann, mit ihr zu tun gehabt zu haben. In üblen Verhältnissen aufgewachsen – Alkohol, Vernachlässigung, Misshandlungen. Sie ist nach Anchorage gekommen, weil sie gehofft hat, hier etwas Besseres zu finden, aber wie so etwas ausgeht, wissen wir alle.«
    Ich nippte an meinem Wein und wartete darauf, dass sie weitersprach. Als sie es nicht tat, half ich etwas nach. »Und Sie meinen … Ich habe irgendwas von Aliens gehört.«
    Sie grinste. »Ah, ja, meine Entführung-durch-Außerirdische-Theorie.« Sie beugte sich vor und senkte die Stimme. »Kompletter Blödsinn.«
    Ich lachte.
    »Ich glaube nicht an Außerirdische. Das heißt, doch, ich tu’s, aber nicht an Entführungen durch Außerirdische. Können Sie sich wirklich vorstellen, eine definierbare außerirdische Rasse würde Tausende von Lichtjahren weit reisen, um Menschen zu schwängern? Es macht mir einfach Spaß, die Leute auf Touren zu bringen. Sie erwarten von mir, dass ich mit irgendwelchen exotischen Theorien komme, also tu ich ihnen den Gefallen und amüsiere mich bestens, wenn sie darauf eingehen und das Spiel mir zuliebe mitspielen. Diese Mädchen sind wirklich von einem Ungeheuer geholt worden, aber es hatte ein sehr menschliches Gesicht. Auch so eine alte Geschichte, die schon viel zu oft erzählt worden ist.« Sie leerte ihr Weinglas zur Hälfte. »Genug davon. Sie sind wegen anderer Verbrechensfälle hier, die da draußen im Wald passiert sind.«
    »Sie glauben also nicht, dass Wölfe dafür zuständig sind?«
    »Ich gebe zu, es wäre möglich, aber ich bezweifle es sehr stark. Ich habe die Fotos von den Schauplätzen und den Leichen gemacht, und es gibt zwar Hinweise auf wölfische Aktivität, aber keinerlei Beweise, dass ein Wolf diese Männer getötet oder sich auch nur am Fressen beteiligt hätte. Ein Wolf wird im Winter kaum etwas reißen und es dann für die Aasfresser liegen lassen. Das können sie sich gar nicht leisten. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass sie den Schauplatz entdeckt, ihn sich angesehen und dann in Frieden gelassen haben. Wölfe bringen Menschen nicht um. Sie tun’s einfach nicht.«
    »Wolfsattacken sind selten. Todesfälle durch Wölfe sind so extrem selten, dass praktisch keine dokumentiert sind.«
    Sie lächelte. »Gut, Sie haben Ihr Material also recherchiert, was bedeutet, ich kann mir den Vortrag sparen und gleich zum interessanten Teil kommen. Wissen Sie irgendwas über Ijiraat?«
    »Einfach nur, dass sie Formwandler aus der Inuit-Mythologie sind.«
    Lynn erklärte, dass Ijiraat tatsächlich zu den weniger bekannten Typen von Gestaltwechslern gehörten und auf die Arktis und die Inuit beschränkt waren. Sie galten als Geister des Landes und konnten die Gestalt jedes Lebewesens annehmen, das hier beheimatet war, vom Raben bis zum Wolf und sogar bis zum Menschen. Wie bei den meisten solcher Mythen galten die Ijiraat generell als böse, als besessen von dem Wunsch, Menschen irrezuführen und zu vernichten. Allerdings gab es auch eine Interpretation des Mythos, die besagte, dass sie nicht von Natur aus böse waren – sie waren einfach wilde Wesen, die sich verteidigten, wenn man sie bedrohte. Ein Motiv, das den Geschichten gemeinsam war, schien zu sein, dass die Ijiraat die Erinnerung beeinflussen konnten. Wenn man einen von ihnen gesehen hatte, vergaß man ihn vollkommen, wenn man nicht augenblicklich jemand anderem davon erzählte – was praktischerweise gleich erklärte, warum sie nicht häufiger gesehen wurden.
    »Nun gibt es wie bei den meisten von diesen Legenden auch hier ortstypische Varianten. Die Inuit sagen, der Typ, der hier lebt, kann nur zwischen drei Gestalten wechseln – Mensch, Bär und Wolf. Es gibt eine ausführliche Geschichte

Weitere Kostenlose Bücher