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Bissige Jungs kuessen besser

Bissige Jungs kuessen besser

Titel: Bissige Jungs kuessen besser
Autoren: Mari Mancusi
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verstummt und ich spüre, wie sich hundert Augen erwartungsvoll auf mich richten. Auf einmal bin ich richtig dankbar für mein Elfenerbe. Das verleiht mir wenigstens einen Hauch von anderweltlicher
    Glaubwürdigkeit in der Szene. Ich überlege, ob ich erwähnen soll, dass ich im letzten Frühjahr sogar sechs Tage lang ein Vampir war. Würde das meinem Image nützen oder schaden?
    Mit Beinen wie Wackelpudding betrete ich das Podium. »Äh, hallo«, sage ich versuchsweise in das Mikrofon. Aber in meiner Nervosität habe ich mich zu weit vorgebeugt, zu laut gesprochen oder bin mit meinem iPhone zu nah an das Mikrofon geraten, jedenfalls kreischt die Rückkoppelung schrill durch den Saal. Ich springe erschrocken zurück und mein Gesicht brennt vor Verlegenheit.
    Toll, ein echt professioneller erster Eindruck, Sun.
    Ich höre mehrere Vampire vor sich hin kichern Blödmänner. Man sollte meinen, nach tausend Jahren Existenz hätten sie einen feineren Sinn für Humor.
    Sehnsüchtig spähe ich zum Ausgang hin.
    Vielleicht war das doch keine so gute Idee. Dann spüre ich Magnus an meiner Seite, stark und unterstützend. Er drückt mir ermutigend die Hand. »Schon gut«, flüstert er. »Mach weiter.«
    So bestärkt trete ich ein zweites Mal an das Mikrofon und halte diesmal genug Abstand.
    »Hallo«, sage ich noch einmal und finde es schrecklich, dass meine Stimme so kicksig und jung klingt, wie immer, wenn ich nervös bin. »Ich heiße Sunshine McDonald und ich bin hier, um Sie um Ihren Beistand zu bitten.«
    Jetzt hören mir alle zu, also hole ich tief Luft und zwinge mich weiterzusprechen. »Meine Schwester ist ein Vampir und ein Mitglied des Blutzirkels. Und sie ist verschwunden. Wir haben Grund zu der Annahme, dass sie von Agenten von Slayer Inc. entführt wurde, die heute Abend den Tokioter Bite Club überfallen und alle dort getötet haben.«
    Ich warte auf geschockte Mienen, entsetztes Aufkeuchen, grimmige Schreie, die sofortiges Handeln, Gerechtigkeit und Rache verlangen. Wir müssen mobil machen. Wir müssen sie aufspüren.
    Wir müssen Rayne retten.
    Aber nichts dergleichen.
    »Hey Mann, haben Sie gerade gegähnt?«, frage ich einen Smoking tragenden Vampir mit blondiertem Haar in der ersten Reihe, der eine auffällige Ähnlichkeit mit Gerard von der Band My Chemical Romance hat.
    Er verdreht seine kajalumrandeten Augen.
    »Entschuldigung, wer sind Sie noch mal?«, fragt er hochmütig. »Und warum belästigen Sie uns mit dieser Nichtigkeit? Sind Sie sich nicht darüber im Klaren, dass wir uns im Krieg befinden? Wir haben keine Zeit, ein Rettungs-manöver für jeden dämlichen Vampir zu organisieren, der sich in eine unangenehme Lage gebracht hat.«
    Ich starre ihn schockiert an. Meint der das ernst?
    Dann merke ich, dass so ziemlich alle in der Menge zustimmend nicken.
    »Aber sie ist eine von euch! Ein Mitglied des Blutzirkels!«, protestiere ich. »Hat sie da nicht euren Beistand verdient? Ich dachte, das sei überhaupt der Sinn dieses ganzen blöden Konsortiums.«
    »Sunny ...«, warnt Magnus leise neben mir.
    »Typisch Blutzirkel«, höhnt ein dralles schwarzhaariges Vampirmädchen in einer der hinteren Reihen. »Nervige Gutmenschen. Man sollte euch in >Zirkel der weichen Herzen< umtaufen!«
    Ich will gerade etwas Unfreundliches erwidern, aber der Versammlungsleiter fällt mir ins Wort.
    »Was genau wollen Sie von uns?«, fragt er mich.
    »Dass wir unsere heiklen Verhandlungen mit Slayer Inc. abbrechen und mit ausgefahrenen Fangzähnen bei ihnen reinstürmen, um irgendeinen unbeutenden Vampir zu retten, der sich dem Befehl widersetzt, bei seiner Gruppe zu bleiben, und der deswegen entführt wurde?«
    Ich lasse den Kopf hängen. Wie er es ausdrückt, hört es sich wirklich nicht gut an. Flehend sehe ich Magnus an, damit er eingreift. Ich weiß, ich habe gesagt, dass ich dabei sein will, aber ich hatte ja keine Ahnung, dass ich mich deshalb gleich den Wölfen zum Fraß vorwerfen muss.
    Jetzt verstehe ich langsam, warum die Konsortiumsangelegenheiten ihn immer so stressen.
    Er lächelt schief, so wie »Ich habe es dir ja gesagt«, aber auf eine nette Art, und bedeutet mir, zur Seite zu treten. Das tue ich bereitwillig, worauf er das Mikrofon aus der Halterung nimmt.
    »Verehrte Konsortiumsmitglieder«, spricht er die Menge an. »Ich fürchte, der verschwundene Vampir, um den es hier geht, ist nicht ganz so unbedeutend. Sie haben vielleicht schon von Rayne McDonald gehört, unserer zirkeleigenen Vampir-Elfe? Sie ist
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