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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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mein Vater mich geliebt hat, wärmt mir das Herz, trotz allem, was ich heute von meinem Großvater erfahren habe. Doch sobald ich daran denke, krampft sich in meiner Brust etwas zusammen. »Hat er sonst noch etwas über meine Mutter erzählt?«
    Louise zögert.
    »Bitte sagen Sie es mir.«
    »Er hat gesagt, Ihre Mutter hätte Probleme mit dem Sex. Auch schon bevor er in den Krieg ging.«
    »Was für Probleme?«
    »Nun ja … sie konnte es nicht genießen, glaube ich. Sie hat es nur in der einen Stellung gemacht, der Mann oben, und das Licht musste aus sein. Bevor sie geheiratet hatten, dachte Luke, es wäre Schüchternheit. Aber sie wurde nie lockerer. Luke hat gesagt, er wäre geduldig gewesen, und ich glaube ihm. Ich denke, man hat ihr einfach beigebracht, dass Sex etwas ist, dessen man sich schämen muss. Ich kenne eine Reihe von Frauen, die so sind. Und als Luke aus dem Krieg zurückkam, hatte er sein eigenes Problem.«
    »Ich danke Ihnen, dass Sie so ehrlich mit mir sind, Louise.«
    »Ich hab keinen Grund zu lügen, außer Ihnen Schmerz zu ersparen. Und Sie machen den Eindruck, als könnten Sie damit fertig werden.«
    Du wärst überrascht, wie viel und wie wenig ich manchmal aushalten kann. »Was haben Sie getan, nachdem Daddy gestorben war?«
    Louise stößt einen tiefen Seufzer aus. »Ich bin zum einen von dieser verdammten Insel weggezogen.«
    »Wohin?«
    »St. Francisville. Ich hab eine Weile in einem Friseurladen gearbeitet.«
    »Warum sind Sie zurückgekommen?«
    »Ich bin in Schwierigkeiten geraten in St. Francisville. Wurde mit Gras im Wagen erwischt. Ich hab dieses Zeug nicht mal gerne geraucht, aber es war besser als Alkohol. Macht nicht dick. Und es hat meinen Schmerz und meine Trauer ein wenig gemildert. Luke hat es mir beigebracht.«
    »Wurden Sie verhaftet?«
    In ihrer Stimme schwingt Bitterkeit, als sie weiterspricht. »Oh ja. Sie wollten mich ins Gefängnis stecken. Aber Dr.Kirkland sagte, wenn ich zurück auf die Insel käme und sauber bliebe, würde er sich für mich verbürgen. Und genau so ist es dann auch gekommen.«
    Natürlich, denke ich mit einem eigenartigen Gefühl von Ressentiment. Ein einziger Anruf, und der Feudalherr bringt wieder Ordnung in sein Universum. »Wann sind Sie zurückgekommen?«
    »Neunzehnhundertdreiundachtzig.«
    »Und seitdem sind Sie nicht mehr von hier weg gewesen?«
    »Nicht für längere Zeit. Die Insel ist wie ein Gefängnis. Die Leute, die in Angola sitzen, werden manchmal entlassen, und man sollte glauben, sie wären glücklich darüber. Aber sie sind einfach nur verloren. Nach all den Jahren hinter Gittern finden sie sich draußen nicht mehr zurecht. Also begehen sie irgendein Verbrechen, damit man sie wieder einsperrt. Diese Insel ist genauso. Viele Leute gehen weg von hier, aber früher oder später kommen die meisten wieder zurück.«
    Wie ich? Führen alle Wege zurück hierher?
    »Sie haben hübsches Haar«, sagt Louise. »Selbst Ihr Haar erinnert mich an Ihren Daddy.«
    »Hat Daddy noch mit irgendjemand anderem außer mit Jesse über den Krieg geredet?«
    »Ich glaube, er hat mit Dr. Cage geredet, oben in Natchez. Das ist der Arzt, der ihm seine Medikamente verschrieben hat. Dr. Cage ist ein guter Mann. Ich war selbst ein paar Mal bei ihm. Er hört den Menschen gerne zu.«
    Ich erinnere mich, dass auch Pearlie den Namen von Dr. Cage erwähnt hat.
    »Mir fällt nur eins ein, was Ihnen wirklich weiterhelfen könnte, und das ist sein Tagebuch.«
    Mein Pulsschlag beschleunigt sich. »Ein Tagebuch?«
    »Eigentlich kein richtiges Tagebuch. Es war ein Skizzenbuch. Luke hat es überall mit sich rumgetragen und hineingezeichnet. Oft hat er unten am Fluss gesessen und in sein Buch geschrieben. Ich glaube, er hat auch über den Krieg geschrieben.«
    Meine Handflächen sind ganz feucht vor Aufregung. »Haben Sie dieses Buch?«
    »Nein. Ich wünschte, ich hätte es.«
    »Wie sah es aus?«
    »Es war ein gewöhnliches, dickes Notizenbuch, wie man es in jedem Billigladen kaufen kann. Er hat alle möglichen Bilder hineingemalt. Mich hat er auch einmal gezeichnet. Ich hab das Bild noch.«
    Sie steht auf und geht zu einem Regal aus Faserplatten, kniet sich hin und zieht ein Fotoalbum hervor. Sie schlägt das große Album auf, nimmt ein loses Blatt Papier heraus und hält es mir hin. Es ist eine Kohlezeichnung von einer jungen Frau von höchstens zwanzig mit einem atemberaubenden Körper und scheuen Augen.
    »Sie waren wunderschön.«
    »Waren?«, schnappt Louise. Dann

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