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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ist das schnaufende Pfeifen von Luft, die bei jedem Atemzug aus dem Loch entweicht. Dieses Schnaufen ist das Geräusch des bevorstehenden Todes.
    Und Billy Neal weiß es.

62
    I ch habe niemals in den Augen eines Menschen derartige Panik gesehen wie jetzt in den Augen von Billy Neal, doch ich warte nicht, um mich daran zu erfreuen. Mit einem wilden Satz werfe ich mich fast aus dem Wagen. Er versucht halbherzig, meine Füße zu packen, doch ich trete mit aller Kraft zu, und es gelingt mir, mich zu befreien.
    Ich rappele mich auf und kämpfe gegen das Verlangen, mich umzudrehen, während ich nach vorne und in den Schutz der Bäume stolpere. Ein Moment des Zögerns ist vielleicht alles, was er braucht, um seine Pistole aufzuheben und mich zu erschießen. Ich stolpere noch immer unter den Bäumen davon, als ich höre, wie der Motor angelassen wird.
    Angst um Pearlie lässt mich kehrtmachen und zum Wagen zurückrennen. Es ist nicht leicht, mit auf den Rückengefesselten Händen zu rennen. Ich schlage mehrere Male der Länge nach hin, und bis ich wieder bei der Lichtung bin, ist der Cadillac verschwunden. Ich höre das Geräusch des Motors, während der Wagen sich über die Geröllpiste weiter von mir entfernt.
    Nackt von der Hüfte abwärts kämpfe ich mich voran bis zum alten Flussbett und von dort aus weiter am Ufer entlang in Richtung Damm. Der Untergrund ist schlammig, doch im Boden gibt es viel Sand, deswegen komme ich nicht allzu schlecht voran. Bald trotte ich in stetigem Rhythmus über den Niedrigwasserdamm in Richtung Insel wie eine Frau ohne Arme bei einem Benefizlauf.
    Auf der anderen Seite des Damms erkenne ich den alten Truck meines Großvaters, der in den Sträuchern vor sich hin rostet. Diesmal lässt der Anblick mich kalt, denn hundert Meter rechts davon rollt ein weißer Pick-up entlang der Uferstraße in Richtung Damm.
    Ich kann nicht mit den Armen wedeln, doch ich kann schreien.
    Mit Tränen in den Augen schreie ich wieder und wieder um Hilfe, während ich in den Pausen so tief Luft hole, wie Billy Neal es sich in diesem Moment wahrscheinlich sehnlichst wünscht. Ich weiß nicht, ob es meine Schreie sind oder meine Nacktheit, die die Aufmerksamkeit des Fahrers erwecken, doch der Wagen biegt auf den Damm ab und kommt direkt auf mich zu. Für einen Augenblick habe ich Angst, er will mich überrollen, doch dann quietschen die Bremsen, und der Pick-up kommt ruckelnd zum Stehen. Ein Schwarzer springt mit weit aufgerissenen Augen aus dem Führerhaus. Sein Gesicht ist eine einzige Masse aus Narbengewebe.
    »Gütiger Gott!«, ruft Jesse Billups. »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    »Schnell zurück in den Wagen! Ich erzähle Ihnen die Geschichte unterwegs!«
    »Wohin fahren wir?«
    »Pearlie Washington ist verletzt! Sie ist in den Kofferraum ihres Wagens gesperrt, und der Fahrer will sie töten!«
    »Meine Tante Pearlie?«
    »Ja!«
    Jesse ist nicht sicher, was das alles zu bedeuten hat, doch er klemmt sich hastig hinter das Lenkrad und legt den Gang ein. Während ich mich auf den Beifahrersitz mühe, greift er nach hinten und zerrt einen schmutzigen Anorak hervor, den er mir um die Hüften bindet.
    »Fahren Sie in Richtung Angola Road!«, rufe ich. »Ich habe ihn ziemlich schlimm verletzt. Er wird versuchen, es bis zu einem Krankenhaus zu schaffen!«
    Jesse tritt das Gaspedal durch und rast in Richtung Ufer. »Von wem reden Sie? Wen haben Sie verletzt?«
    »Billy Neal.«
    Jesse schürzt die Lippen. »Neal ist ein Nichts, ein jämmerlicher Scheißkerl, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Sie kennen ihn?«
    »Oh, und wie ich ihn kenne! Er ist derjenige, der mich von der Insel weggerufen hat in der Nacht, als Sie verschwunden sind! Sie erinnern sich? Wir haben uns beim Blockhaus unterhalten, und dann kam der Anruf.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Er hat gesagt, er würde mich unten in Baton Rouge brauchen. Meinte, es wäre wirklich wichtig, und ich sollte Ihnen nichts davon erzählen. Ich bin nach Baton Rouge zu dem Hotel gefahren, wo ich ihn abholen sollte, doch er war nicht da. Er hat sich nie dort gemeldet.«
    »Er hat Sie weggelockt, damit er mich an diesem Abend auf der Insel umbringen kann.«
    Jesse schüttelt den narbigen Kopf. »Warum haben Sie keine Hose an?«
    »Billy hat versucht, mich zu vergewaltigen.«
    Der Vormann von DeSalle Island mustert mich flüchtig von oben bis unten. »Versucht?«
    »Er war dabei, okay? Er wollte mich hinterher ermorden. Und Pearlie ebenfalls.«
    »Wie haben Sie ihn

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