Bisswunden
haben die Wirkung der Pille beeinträchtigt.«
Er nickt wortlos, dann hält er inne. »Wusstest du denn nicht, dass das passieren kann?«
Jetzt kommt es. Die Anschuldigung. »Ich habe nur drei Cipros genommen. Ich wusste nicht, dass es so einen Unterschied macht.«
»Aber du bist Ärztin! Ich meine …«
Ich verliere endgültig die Fassung, und plötzlich schreie ich. »Ich habe es nicht absichtlich getan, okay? Du bist schulddaran, dass ich diese verdammte Infektion hatte! Du bist derjenige, der drei Tage lang ununterbrochen nichts anderes als Sex wollte!«
Sean ist eindeutig nicht auf das Ausmaß meiner Wut vorbereitet. Er weicht zwei Schritte zurück. »Ich weiß, dass du es nicht absichtlich getan hast, Cat. Es ist nur … mir geht so viel auf einmal durch den Kopf. Wie lange weißt du es schon?«
»Seit drei Tagen, glaube ich. Inzwischen fast vier. Ich bin nicht sicher. Mein Zeitgefühl funktioniert im Moment nicht besonders gut. Ich habe meine Medikamente seit drei Tagen nicht mehr genommen, so viel weiß ich mit Sicherheit.«
»Kein Lexapro?«
»Und kein Depakote. Es kann Spina bifida hervorrufen, wenn man es in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft nimmt.«
»Ja, gut, aber du musst das Lex wieder nehmen. Du weißt, was passiert, wenn du es weglässt!«
Ja, ich weiß. Ich werde manisch.
»Du hast aufgehört zu trinken, als du festgestellt hast, dass du schwanger bist«, denkt Sean laut.
Ich weiß nicht, was ich antworten soll.
»Aber jetzt trinkst du wieder. Hast du das Baby verloren?«
»Nein! Ich konnte dir nicht sagen, dass ich schwanger bin, ohne vorher zu trinken. Ist das nicht erbärmlich? Außerdem habe ich Valium genommen.«
Seine Augen verengen sich zu ärgerlichen Schlitzen. »Warum denn das, zur Hölle?«
»Um zu verhindern, dass ich ein Delirium tremens kriege!«
Er versucht mir das Wodkaglas aus der Hand zu nehmen. Als ich mich weigere, packt er mein Handgelenk und entreißt es mir mit der anderen Hand. Ich lasse es geschehen, gehe dann aber zum Tisch und nehme die Flasche. »Versuch nur, mir die wegzunehmen, und ich schlag dir damit den Schädel ein!«
Er kommt auf mich zu, hält dann aber inne. »Mein Gott, Cat. Denk doch an das Baby!«
Mein Lachen hat einen Beiklang von Hysterie. »Machst du dir über das Baby Gedanken? Denkst du nicht vielmehr an die Frau und die Kinder, die du schon hast? Und ob du dein Verhältnis zu mir trotz allem immer noch verheimlichen kannst?«
Er reibt sich mit beiden Händen die Stirn; dann streicht er sich mit den Fingerspitzen durchs Haar, wobei ich neue graue Strähnen entdecke. »Hör mal, ich brauche ein bisschen Zeit, um das zu verdauen. Um über die Konsequenzen nachzudenken.«
»Die Konsequenzen!«, äffe ich ihn nach. »Warte mal, was haben wir denn da … A, ich bin schwanger. B, ich behalte das Baby. C, ein Baby braucht genauso sehr einen Vater wie eine Mutter. D, dieses Baby wird entweder mit oder ohne Vater aufwachsen.«
»Klingt einfach«, stimmt Sean mir zu. »Ist es aber nicht. Das weißt du. Hör mal, meine ehrliche Antwort jetzt in diesem Augenblick lautet, dass ich nicht weiß, was ich tun soll.«
»Ja, das habe ich begriffen.«
Er blickt mich flehend an. »Hast du geglaubt, ich würde es sofort wissen?«
»Das hatte ich gehofft.«
Er versucht erneut, mich in die Arme zu nehmen, doch ich hebe abwehrend die Hände. »Geh einfach, okay? Lass mich allein.« Die nächsten Worte kommen fast ohne mein Zutun. »Und lass deinen Schlüssel hier, wenn du gehst.«
»Was? Cat …«
»Du hast mich verstanden!«
Sean starrt mich fast eine Minute lang schweigend an. In seinen Augen sehe ich Schmerz und Verwirrung. Er wendet den Blick ab, als er den Schlüssel aus der Tasche zieht und auf den Glastisch legt. »Ich komme morgen wieder und sehe, wie es dir geht. Selbst wenn du es nicht willst.«
Dann geht er nach unten.
Als ich höre, wie er in der Garage den Wagen anlässt,schnürt es mir fast die Brust zu. Aber ich habe ein Gegenmittel. Ich nehme die Flasche Grey Goose aus der Papiertüte, gehe nach unten in mein Schlafzimmer und lege mich auf die Tagesdecke. Mit der freien Hand streiche ich in kleinen Kreisen über meinen Unterleib.
»Jetzt sind nur noch wir beide übrig, Baby, du und ich«, sage ich mit betrübter Stimme. »Nur du und ich.«
Ich trinke aus der Flasche, genieße das betäubende Brennen, das sich in meiner Mundhöhle ausbreitet. Ich hasse mich dafür, schlucke den Alkohol aber trotzdem herunter.
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