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Bist du mein Kind? (German Edition)

Bist du mein Kind? (German Edition)

Titel: Bist du mein Kind? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilda Laske
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Nacht.

    Ich drehe mich um und pralle gegen Jean-Marie.
    Einen ganz kurzen Moment lehne ich mich an ihn und atme ganz tief ein. Dann stelle ich mich hin und sage: „Oh, Entschuldigung“.
    Hinter mir höre ich leises Gelächter. Wissen die anderen etwa alle um seinen „Zustand“?
    „Gehen wir ein paar Schritte. Ich bringe dich nach Hause.“
    So wie er das sagt, duldet er keinen Widerspruch. Ich will den anderen auch keinen weiteren Gesprächsstoff bieten und gehe mit ihm hinaus.
    Seite an Seite marschieren wir Richtung „Alte Schule“. Wir schweigen und genießen. Jeder des anderen Nähe.
    Es ist fast dunkel und ich traue mich, zur Seite zu sehen. Ich sehe sein schönes Profil, die halblangen Haare sind zur Seite gekämmt und geben sein Gesicht frei. Er hat eine schön geschwungene Nase und ich kann im letzten Licht seinen melancholischen Zug um den Mund sehen. Ich möchte so gerne sein Gesicht streicheln, aber ich trau mich nicht.
    Als könne er meine Gedanken lesen, sieht er mich an. Er lächelt und seine wunderschönen grünen Augen lächeln mit.
    „Na?“ sagt er und mit meiner Beherrschung ist es vorbei. Ich bleibe stehen und halte ihn fest. Er dreht sich zu mir. Wir stehen uns gegenüber und ich kann nicht anders: ganz sanft küsse ich ihn auf den Mund.
    Ich spüre, mit Verwunderung, seine Ablehnung. Er erwidert meinen Kuss nicht und tritt einen Schritt zurück, als hätte er sich verbrannt.
    Entsetzt sehe ich ihn an. Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht?
    „Was hast du?“ frage ich ihn. Obwohl es fast dunkel ist, sehe ich seine Augen im letzten Licht. Sie blicken traurig.
    „Du kannst so nicht mit mir spielen, das geht nicht. Es ist für mich schwer genug, neben dir zu gehen, dich zu spüren, zu riechen, deinen Atem zu spüren und zu wissen, dass du so unerreichbar bist wie eine Festung. Also, bitte, spiel nicht mit mir!“
    Den letzten Satz hat er so leise geflüstert, dass ich mir nicht sicher bin, ob er ihn wirklich gesagt hat.
    Ich nehme seine Hand und halte sie. Diese wunderbare Hand, genau richtig, mich zu halten. Meine Hand passt fast genau in sie hinein. Er drückt sie.
    „Jean-Marie, ich spiele nicht mit dir. Ich weiß, dass es nicht richtig ist, dich einfach zu küssen. Aber ich bin so überwältigt von all den Eindrücken hier und dann kommst du plötzlich daher. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass alle meine Gefühle mit so einer Macht wieder hervorbrechen, wenn ich dich sehe. Schließlich liegt ein gefühltes halbes Leben zwischen unserem letzten Treffen und heute. Ich dachte, ich wäre über dich hinweg. Aber es ist leider genau das Gegenteil passiert. Ich empfinde mehr für dich als früher. Und ich weiß nicht, ob dieses Gefühl echt ist, oder ob es mit unserer jetzigen Situation zusammen hängt. Keinesfalls will ich mit dir spielen. Dafür bedeutest du mir viel zu viel.“
    Ein Geräusch kommt aus seinem Mund, das sich wie ein trockenes Schluchzen anhört. Da es inzwischen ganz dunkel geworden ist, kann ich ihn nicht sehen.
    Immer noch liegt meine Hand in seiner.
    „Jean-Marie?“ flüstere ich.
    Er sagt nichts. Mit ist es mulmig zumute. Wir stehen auf dem Bürgersteig, eine Handbreit voneinander entfernt, halten Händchen und sind unfähig, uns zu bewegen. Wo führt das hin?
    Plötzlich tritt er ganz nah an mich heran und umarmt mich. Er lehnt sein Gesicht an meins und hält mich nur. Ich umarme auch ihn und bin überwältigt von meinen Gefühlen. Ich kann nicht anders, ich bleibe einfach so stehen.
    Ich versuche, diesen Moment für alle Zeiten festzuhalten, ihn mit allen Sinnen aufzunehmen, um mich für den Rest meines Lebens daran zu erinnern. Denn eins weiß ich genau, dieser Augenblick ist einmalig und wenn er vorbei ist, wird es nie wieder etwas Ähnliches geben.
    Deshalb bleibe ich wo ich bin und rühre mich nicht.
    Jean-Marie atmet und sagt kein Wort. Er bleibt genau wie ich einfach stehen.

    Nach einer Ewigkeit, in der ich fühle, dass danach alles anders ist, lässt er mich los. Es ist, als würden wir beide aufwachen. Ich trete einen Schritt zurück.
    Es ist stockdunkel und wir können einander nicht sehen.
    „Ich liebe dich“, sage ich zu ihm.
    „Ich liebe dich“, sagt er zu mir.
    Und das war’s.
    Schweigend gehen wir nebeneinander her, bis wir am Tor der alten Schule, in der wir wohnen, angekommen sind. Dort steht schon Wolfgang unter der Laterne und sieht uns entgegen.
    „Mensch, wo bleibst du denn so lange? Ich dachte schon, dass du dich verlaufen

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