Bist du mein Kind? (German Edition)
nicke mit dem Kopf und lasse ihn los. Er holt eine Flasche Wasser aus dem Auto und wir setzen uns ganz nah beieinander auf den Baumstamm. Kein Blatt passt zwischen uns und das ist auch gut so.
Wir halten Händchen wie zwei Teenager und genießen nur den Moment.
Eigentlich hatte ich mir gestern Abend vorgenommen, dass alles entschieden ist. Aber ich kann doch nichts für meine Gefühle!
Ich bin mir inzwischen auch ziemlich sicher, dass sie kein Strohfeuer sind, sondern echt und tief, sonst wäre nicht nach so vielen Jahren des Verdrängens alles wieder da. Und noch tiefer und intensiver als früher.
Ich will also mit ihm Händchen halten und mir ist es im Moment auch egal, ob mich jemand vermisst. Ich weiß, dass wir nur diese kleinen Momente haben und die will ich für mich alleine.
Wir schweigen und lehnen uns jeder an den anderen.
„Gehen wir morgen früh wieder zusammen laufen?“ fragt er mich.
„Ja, das tun wir“.
Wir beide wissen, dass sich etwas verändert hat zwischen uns. Wir spüren beide, dass ich nicht mehr leiden will und jetzt Schritt für Schritt alle Probleme angehen werde. Ich will nichts mehr verdrängen und nur noch Klarheiten. Ich bin sicher, dass ich mit Maxi den ersten Schritt bewältige und danach kommt der zweite. Immer schön der Reihe nach. Nur so geht es. Also jetzt als nächstes dann Maxi.
Ich räuspere mich, küsse ihn lange und löse mich dann von ihm.
„Ich bin erstaunt, Chérie. Bisher hast du doch jeden Körperkontakt mit mir vermieden und nun suchst du ihn?“
„Ja, in mir ist etwas aufgebrochen und ich werde nun Stück für Stück aufräumen. Und dazu gehörst auch du. Aber oberste Priorität hat mein Sohn. Gehen wir?“
Er ergreift meine Hand und sieht unglaublich glücklich aus. Einen Moment bleibt er noch stehen, sieht mich an und seufzt.
„Ich kann nicht glauben, was hier passiert“, murmelt er.
„Warte und mach langsam, ich weiß nicht, wo es hinführt. Noch ist es zu früh für irgendwelche Hoffnungen. Warte einfach und lass mich, ok?“
„Alles was du willst, Chérie.“
Als wir in der Pension ankommen, haben seine Jungs alles verstaut und stehen vor den beiden Vans, als würden sie auf ihn warten.
„Wir sind dann weg, Jean-Marie. Wenn etwas ist, ruf an.“
„Ist in Ordnung, nun fahrt schon los“, ruft er ihnen zu.
Leise sage ich zu ihm:
„Würdest du bitte weniger glücklich aus der Wäsche gucken? Nur weil ich deine Hand gehalten und dich geküsst habe? Schließlich war das nicht das erste Mal“.
Er lacht nur und geht ins Haus.
Im Wohnzimmer sitzen Wolfgang und Auguste.
Als ich mich hinsetze, fällt mein Blick auf Wolfgang. Er sieht sehr mitgenommen aus.
„Wie geht es dir, du siehst grässlich aus“, sage ich zu ihm.
„Es geht schon wieder. Wir haben ein langes Gespräch hinter uns, das mir ziemlich unter die Haut gegangen ist. Aber wir haben keine Lösung gefunden, die für dich befriedigend wäre.“
Inzwischen sitzen wir nur noch zu viert in dem Wohnzimmer. Und prompt kommt ein Spruch von Auguste:
„Oh Holde, selbst freizügig und verschwitzt kann man kaum den Blick von Eurem Antlitz wenden. Mir dünkt, Ihr glüht vor Liebe. Doch sicher sollte diese nicht mir fahrendem Wandersmann gelten oder wollen Holde behaupten, sie sei bekehrt zurück aus diesem finst’ren Walde?“
„Oh Mann, Auguste, du bist wirklich klasse. Ich bin bekehrt aus diesem Wald zurück. Ich würde gerne weiter beim deutschen bleiben, damit Wolfgang uns versteht. Ist das in Ordnung?“
Er nickt und sieht mich erwartungsvoll an.
„Mir ist nun klar, dass ihr alle Recht habt, mit Euren Sorgen um Maxi. Ich habe beschlossen, in diesem Urlaub nichts zu verraten.
Er soll der sein, der er hier ist. Ich möchte gerne mit Euch allen und seinen jetzigen Eltern noch ein paar Gespräche führen, in denen ich erklären möchte, was mir wichtig ist. Aber ich kann nicht in fünf Tagen klären, was zehn Jahre zurück liegt, das stimmt schon und ich habe das auch nicht vor. Irgendwann werden wir es ihm sagen. Wenn wir glauben, dass er das verkraften kann.
Ich fühle mich gut dabei, mein Herz ist leicht und ich werde ihn oft besuchen und er soll oft zu uns kommen. Und damit ist es dann erst genug.
Dieser Waldlauf hat meinen Kopf frei gepustet und jetzt weiß ich genau, dass ich das alles durchhalten kann. Die Zeiten der Verdrängung sind vorbei und jetzt fangen wir offen und ehrlich an, unser Leben aufzuräumen.“
Auguste nimmt meine Hand. Mit der anderen Hand klopft
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