Bist du mein Kind? (German Edition)
Köln, hatte ich das Gefühl, dass wir keine Ehe mehr führen. Dann sind wir nach Limburg gezogen, haben
versucht, den Kindern ein Zuhause zu geben und das hat funktioniert. Aber wir beide? Ich weiß es nicht. Wir haben nichts mehr zusammen gemacht und irgendwann in all den Jahren haben wir unsere Gefühle füreinander verloren, oder?“
Wolfgang denkt nach.
„Ja, ich glaube, du hast Recht. Wir waren so sehr damit beschäftigt, den Kindern ein normales Leben zu bieten, nach allem, was uns passiert ist, dass wir nicht mehr an uns denken konnten.
Die Fürsorge der Kinder hat mich schon so viel Kraft gekostet, dass ich alles andere nicht mehr geschafft habe.
Ich weiß, dass das grausam für dich klingen muss, aber ich glaube, dass es so war. Es ist nicht so, als würde ich dich nicht mehr lieben, aber die Liebe ist eine andere geworden. Irgendwie geschwisterlich.
Die Leidenschaft ist mir abhanden gekommen. Ich begehre dich nicht mehr.
Oh Schatz, entschuldige, es ist brutal, was ich sage, aber Auguste meint, dass es allerhöchste Zeit für uns ist, ehrlich miteinander zu sein.“
Ich schlucke.
„Offenheit ist jetzt besser, als sich schon wieder was in die Tasche zu lügen, ist schon ok. Ich werde versuchen, auch ehrlich zu sein, aber ich möchte dir nicht weh tun…“.
„Ich weiß, dass zwischen dir und Jean-Marie ganz viel ist und das schon seit sehr langer Zeit. Und ich weiß auch, dass du dagegen ankämpfst und dass Jean-Marie immer nur dich geliebt hat und dass du dir wahrscheinlich Vorwürfe machst, weil er keine Familie hat wegen seiner Gefühle für dich.
Deshalb befinden wir uns ja im Moment in einer Dreierbeziehung. Mir tut das weh und ich bin eifersüchtig, aber ich weiß inzwischen auch, dass es sich bei meinen Gefühlen nur um gekränkte Eitelkeit handelt.
Eigentlich sollte ich dir von Herzen gönnen, nochmal eine große Liebe zu erleben. Und das wäre auch im Normalfall so.
Lediglich unsere schwierige Situation verhindert so vieles bei uns. Wie soll das gehen? Eines unserer Kinder lebt hier in Frankreich, die anderen beiden haben es schwer genug gehabt. Sollen wir jetzt alles zerstören, indem du nach Frankreich ziehst? Wie soll das gehen?“
Und da ist sie wieder die Frage, die in unserem Leben so oft eine große Bedeutung hatte.
Wie soll das gehen?
Tja, wie?
Wir schweigen beide und ich spüre wieder den Knoten. Ganz leicht und ganz klein macht er sich auf den Weg.
Mir steigen Tränen in die Augen. Als ob ich die letzten Wochen und Monate nicht schon genug geheult hätte.
„Was soll denn aus uns werden?“ frage ich Wolfgang.
Er sieht mich an und schüttelt den Kopf.
„Ich weiß es nicht“.
Das ist seine Antwort?
Er, der die meiste Zeit in unserem Leben geschwiegen hat, hält mir eine flammende Rede über das Ende unserer Ehe und sagt mir dann, dass er nicht weiß, was werden soll?
Wut, jetzt spüre ich Wut. Ich bin wirklich sauer. Meine Melancholie ist wie weggeblasen.
„Du spielst hier den großen Erkenner und Gefühle-Deuter, nur weil du dich ein paar Mal mit Auguste unterhalten hast und haust mir hier Sachen um die Ohren, die ich kaum ertragen kann und dann sagst du, du weißt es nicht?
Für wen hältst du dich? Was glaubst du, was ich in den Jahren durchgemacht habe?
Während du deine Affairen ausgelebt hast, habe ich verzweifelt versucht, unseren beiden Kindern ein Zuhause zu geben, ich habe versucht, den Kummer um die Entführung zu verarbeiten und ich habe mit aller Gewalt versucht, Jean-Marie aus meinem Herzen zu reißen.
Und, mein Freund und, ich habe mir immer wieder vor Augen gehalten, wie sehr ich dich liebe. Dass du mein Mann bist. Der Mann, mit dem ich alt werden wollte.
Ich wollte immer eine Zweisamkeit mit dir, auch trotz oder gerade wegen unserer vielen Probleme. Oft habe ich dir meine Hand gereicht, aber du hast sie nicht genommen.
Es stimmt, wir haben erst Mal versucht, die Kinder aufzufangen, aber ich, ich war nicht zu müde für dich. Ich hatte noch Kraft für dich, weil ich dich nämlich liebe.
Und da kommst du daher und erzählst mir, dass du eine geschwisterliche Liebe für mich empfindest. Du bist ein Arsch.“
Den letzten Satz schreie ich fast, weil ich meine Gefühle kaum in den Griff kriege. Ich spüre, wie aus dem Knoten Hysterie wird und ich drücke dieses Gefühl runter. Ich will nicht hysterisch werden, sondern jetzt mit ihm reden. Deshalb muss ich mich beruhigen. Vielleicht ist dieses Gespräch die einzige Chance, die wir haben,
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