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Bist du mein Kind? (German Edition)

Bist du mein Kind? (German Edition)

Titel: Bist du mein Kind? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilda Laske
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anderen schmeiße ich ins Altpapier.
    Und wieder kehren die Gedanken zurück. Wo ist mein kleiner Sohn? Was machen sie im Moment mit ihm? Warum kann ich nicht zu ihm? Ich möchte ihn so gerne retten.
    Mein Herz wird ganz schwer und wieder meldet sich der Schrei. Ich unterdrücke ihn.

    Später frühstücken wir gemeinsam. Der Stuhl von Maxi ist leer. Und wieder wird uns überdeutlich bewusst, dass unser kleiner Sohn nicht bei uns ist. Dass wir kläglich versagt haben. Alle beide.
    Es klingelt. Wir sehen uns erschrocken an. Schon wieder Reporter?
    Wolfgang nimmt den Hörer der Gegensprechanlage ab und sagt: „Bitte stellen sie sich vor die Kamera“.
    „Herrgott, mach die Tür auf, ich bin’s, Herrmann.“
    Ich springe auf und renne zur Tür.
    Herrmann.
    Er kommt rein und umarmt mich stumm. Drückt mich ganz fest und lässt mich dann los, um Wolfgang genau so fest zu drücken.
    „Bine hat mich gerade angerufen und mir erzählt, was los ist. Schrecklich. Wie kommt ihr damit klar? Kann ich irgendwas tun? Biggi lässt grüßen, sie konnte nicht kommen, sie muss heute in die Schweiz. Irgend so ein Meeting wieder“.
    Er lässt sich am Esstisch nieder, auf dem noch das Frühstück steht. Wir setzen uns auch wieder.
    Und Wolfgang erzählt.
    Diesmal höre ich zu und schweige. Seine Version ist im Kern die Gleiche, jedoch hat er andere Details im Kopf als ich.
    Als er fertig ist, sagt Herrmann: „Ich bin fassungslos. Was soll ich euch bloß zum Trost sagen?
    Wie soll das jetzt weitergehen?“
    Ich antworte: „Genau. Die gleichen Fragen, die wir uns auch stellen, die gleichen Fragen; die auch Bine stellt. Wir wissen es nicht. Wahrscheinlich lebt man irgendwie weiter. Wir sind nicht die ersten und sicher auch nicht die letzten Eltern, denen so etwas passiert“.
    „Habt ihr schon mit der hiesigen Polizei gesprochen? Oder verlasst ihr euch auf euren Möchtegernheldenkreis aus Frankreich?“
    Ich sehe einen leichten Triumph in Wolfgangs Miene. Er ist offensichtlich trotz all seines Kummers begeistert, dass unsere Freunde nichts von Jean-Marie halten.

    „Am Dienstag müssen wir zur Polizei. Um elf.“
    „Wie heißt denn der Kripomann? Ich spiele mit einem Tennis, der heißt Robert Hattich. Vielleicht kann ich den mal ansprechen.“
    Ich hole den Brief.
    „Robert Hattich. Stimmt, so heißt er. Brauchst dich also nicht für uns verwenden.“
    „Leon, bist du eigentlich auch hier? Hier spricht dein Lieblingsonkel Herrmann. Zeige dich!“
    Er hat so einen Befehlston angeschlagen, den Leon liebt. Prompt kommt der kleine Mann um die Ecke gerannt.
    „Jawoll, Herr Kommissar, hier bin ich. Was steht an?“ er antwortet in dem gleichen Ton wie Herrmann und seine Augen strahlen.
    Schon sind die beiden auf dem Weg nach oben.
    Später, als Herrmann das Haus verlässt, stürzen sich zwei Männer aus den Autos auf ihn.
    „Haut ab!“ hören wir ihn rufen. „Aasgeier!“ gibt es noch umsonst dazu.

    Wir stehen unschlüssig in der Diele herum. So richtig wissen wir nichts miteinander anzufangen. Wolfgang widmet sich der Post und verschwindet unten im Arbeitszimmer.
    Ich räume die Küche auf und gehe mit Timo nach oben. Er ist müde und will ein bisschen schlafen. Als ich ihn in sein Bett lege, schläft er augenblicklich ein.
    Ich wurschtel mich mit Hausarbeit durch den Tag. Irgendwann telefoniere ich mit Bine. Sie hat unseren engsten Freunden Bescheid gesagt, aber alle gebeten, uns erst mal in Ruhe zu lassen. Dafür bin ich ihr von Herzen dankbar.
    Als ich bei der Polizei anrufe und unseren Termin bestätigen will, sagt man mir, dass niemand im Hause ist, aber dass sich irgendwer noch im Laufe des Tages bei uns meldet.
    So vergeht der Donnerstag irgendwie. Ich habe immer wieder den Gedanken im Kopf, dass unser Kind vor zwei Wochen noch mit uns hier gelebt hat. Und das kann ich fast nicht aushalten.
    Als wir abends im Bett liegen, nachdem wir einen Film gesehen haben, von dem keiner weiß, worum es ging, weil wir mit unseren Gedanken woanders waren, will ich mich an Wolfgang kuscheln. Er dreht sich weg und murmelt „Gute Nacht“.
    Ich liege noch lange wach. Vor meinen Augen ziehen Fragmente aus unserem Leben an mir vorbei. Aus unserem Leben mit zwei Kindern, Leon und Maxi, und später mit drei Kindern, Leon, Maxi und Timo.
    Und jetzt soll ich immer nur denken und sagen „Leon und Timo“? Geht das denn?
    Wolfgang schläft nicht. Denn ich höre kein Schnarchen.

    „Schatz?“
    Er antwortet nicht.
    Das ist der erste Moment von

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