Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
sie ihm ab.
»Bist du dir sicher ...« Und ganz leise, sodass nur er sie hören konnte, fügte sie hinzu: »Ich bin nicht mehr wie damals, als wir uns getrennt haben. Ich habe mich verändert.«
»Ich auch, Annabelle«, gab Rory spitz zurück.
Das musste sie erst mal verdauen.
Sie versuchte, die Enttäuschung zu kaschieren, aber er kannte sie gut genug, um sie ihr dennoch anzusehen.
Es dauerte einen Moment, bis sie wieder etwas sagte.
»Ja, das sehe ich.«
Im folgenden Schweigen hörten sie alle sich nähernde Schritte.
Dieses Mal waren es Lindas.
Sydney war mit einem Mal glockenwach und rief entzückt: »Linda!« Das war schon die zweite artikulierte Äußerung des Tages.
Frank, Monty und Rory lächelten.
Linda strahlte Sydney an und streckte die Arme aus. Kaum hatte er sich ihr an den Hals geworfen, küsste sie ihn auf den Kopf. Dann wandte sie den Blick zu Rory und gab ihm zu verstehen, dass das Lächeln, die Umarmung und der Kuss auch ihm galten.
Rory reagierte nicht ganz so überschwänglich auf Lindas Erscheinen wie Sydney, aber seine große Freude, sie zu sehen, war dennoch deutlich.
Als Rory Linda begrüßte, begriff Annabelle bestürzt, dass ihr wahrer Grund für die Teilnahme an »dieser blöden Kochshow« ernsthaft in eine andere verliebt war.
Und Rory begriff beglückt, dass in dem Moment, in dem Linda den Raum betrat und ihn anlächelte, für ihn nichts anderes mehr zählte.
Solange sie bei ihm war.
Und sei es auch nur im Herzen.
Denn dort würde sie immer bei ihm sein, ganz gleich, wie weit und wie lange sie durch ganz Europa reiste.
– 26 –
Vier Wochen später.
Champs-Élysées, Versaille, Louvre, Place de la Concorde, Baton Rouge, Seine, Place du Tertre, Sacré Cœur, Eiffelturm.
Namen, die so verheißungsvoll geklungen hatten.
Orte, von denen sie seit Jahren geträumt hatte.
Und sie träumte immer noch von ihnen.
Denn Linda Rivera, die rebellische Abenteurerin, die eigentlich schon längst mindestens in Paris sein wollte, befand sich immer noch in Quinn.
Auf Reisen waren derzeit nur Beau und Pip, die zusammen mit Judy und Raphael nach Spanien geflogen waren, um Lindas Familie zu besuchen. Eine leicht verspätete Hochzeitsreise sozusagen, und eine Aktion, mit der Lindas Eltern dafür besänftigt werden sollten, dass Linda bisher mit keiner Silbe davon gesprochen hatte, wann sie eigentlich gedachte, wieder nach Hause zu kommen.
Doch bisher hatte Linda es noch nicht geschafft, den Abschied in Angriff zu nehmen.
Sie war geblieben, andere waren gegangen.
Vier der ESDS-Kandidaten waren weg: Püppi aus dem Mittelalterschinken, die ihrem abgekürzten Spitznamen PMS leider alle Ehre gemacht hatte und deshalb wenig vermisst wurde; das Honigkuchenpferd, dessen glückliches Lächeln allen fehlte; der Bote des Grauens und der Chorknabe auf Acid, der bitterlich geweint hatte, als sein Soufflé bei der Jury genauso durchfiel wie seine letzte Single bei seinen Fans.
Sie alle waren dem gefürchteten Finale der vierten Kochwoche zum Opfer gefallen, bei dem die Kandidaten nicht nur qualitativ, sondern auch zeitlich um die Wette kochten.
Noch mit im Spiel und im Poseidon House waren Wonderbra, die sich zu einer ganz hervorragenden Konditorin entwickelte; die Sportskanone, dessen gegrillte Rinderrippen so himmlisch waren, dass George Vasiliki vor laufender Live-Kamera weinte; Theo, der mit seinem Witz, seiner Großherzigkeit und seinem Knackarsch für so hohe Einschaltquoten sorgte, dass er es selbst mit trockenen Bohnen auf verbranntem Toast so weit geschafft hätte; Diana, die in erster Linie dank ihres geduldigen Lehrers Rory ganz wunderbare Gerichte zauberte (so wunderbar, dass die klapprige Geraldine drei Kilo zugelegt hatte), es aber dennoch nicht fassen konnte, so weit gekommen zu sein.
Und Annabelle.
Die anscheinend überhaupt nichts falsch machen konnte.
Nachdem ihr erster zaghafter Versöhnungsversuch (der Rorys Befürchtung, sie komme nur wegen ihm, bestätigt hatte) höflich abgelehnt worden war, hatte sie alles getan, um ihn doch noch umzustimmen. Dazu gehörte erstaunlicherweise zunächst, dass sie sich von ihm ferngehalten und ganz bescheiden unter die anderen Kandidaten gemischt hatte. Sie hatte keine Ansprüche gestellt, getan, was man ihr sagte, und war zu allen – vom Laufburschen bis zum Chef – freundlich und nett gewesen.
Sie hatte konstant unter Beobachtung gestanden.
Rory war nicht der Einzige gewesen, der täglich darauf wartete, dass ihre Fassade
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