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Theater haben.
Loriot Das ist richtig. Ich hoffe, Sie haben nicht zu viele Mozarts durchgelassen.
Everding Das werde ich dann erfahren, wenn es zu Ende ist.
Loriot Das ist zu spät.
Everding Für die Mozarts und für mich als Schuldigen bleibt's so.
Loriot Und für uns als Zuhörer.
Everding Das ist richtig. Gibt es denn noch viele Mozarts? Ist der nicht einmalig?
Loriot Ja, sicher, aber alle zweihundert Jahre sollte man doch drauf warten können, dass irgendwann wieder ein Genie auftaucht.
Everding Welcher Komponist der Gegenwart verspricht so viel, dass Sie sagen, dem höre ich zu?
Loriot Das ist nun vielleicht kein ganz moderner, aber das, was Henze im Moment doch wieder so macht, ist begeisternd.
Everding Auch mit Reimann und mit Riehm haben wir doch einige, die etwas auszusagen haben.
Loriot Ja, da habe ich wunderbare Premieren bei Ihnen gesehen, auch im Nationaltheater.
Everding Wie stehen Sie überhaupt zur modernen Musik?
Loriot Es gibt moderne Musik, die mich sehr fesselt, wie die eben angesprochene. Bei anderem muss ich ein bisschen zu sehr nachdenken. Und diese Schwierigkeit teile ich mit vielen anderen Hörern.
Everding Darum sage ich immer: Bei der Erziehung kann man Kinder nicht nur mit klassischer Musik vollstopfen und den ganzen Tag Vivaldi hören lassen, man muss sie auch zeitgenössische Musik hören lehren.
Loriot Ja, das ist auch eine Frage der Gewohnheit. Warum soll es nicht wunderbare Erlebnisse geben mit moderner Musik? Selbstverständlich gibt es die, und da ist zu erwarten, dass man sich damit ein bisschen beschäftigt und nicht meint, es fliege einem zu.
Everding Und es ist nicht alles konsumierbar ...
Dieser Tag ist Anlass genug für eine kleine Rückerinnerung an Ihren Lebensweg, wenn Sie erlauben. Sie wurden in Brandenburg geboren, wie ging es dann weiter? Wo haben Sie studiert?
Loriot Das muss ich der Reihe nach erzählen. Ich bin in Brandenburg geboren, in Berlin aufgewachsen, habe in Stuttgart das Gymnasium besucht. Dann wurde ich Offizier ...
Everding Darf ich eben unterbrechen? Sie fielen in Stuttgart aber schon durch ein besonderes mimisches Talent auf, als sie bei der Oper mitgemacht haben.
Loriot Ja, sagen wir weniger mimisches Talent, als dass ich mein Taschengeld aufbessern wollte, indem ich Komparse wurde. Daher kenne ich eine ganze Menge Opern auswendig, die ich vor- und rückwärts pfeifen könnte, wenn ich wollte. Das hat sicher auch dazu beigetragen, dass ich die Liebe zur Oper habe entwickeln können. Und mein Vater hatte ein altes Grammophon, so ein richtiges zum Aufdrehen, zum Aufnudeln, mit alten Schellackplatten, und da war eine ganze Menge mit dabei, was mich ungeheuer interessierte. Das war in Stuttgart, nach Stuttgart kam der Krieg.
Everding Da waren Sie Oberleutnant.
Loriot Na ja, darüber brauchen wir kein weiteres Wort zu verlieren.
Everding Was Sie nach dem Krieg getan haben, das ist interessant.
Loriot Nach dem Krieg entsann sich mein Vater, der in sehr vielem wichtig war, meiner gewissen zeichnerischen Fähigkeit. Er war eigentlich die treibende Kraft hinter dem Entscheid, auf die Kunstakademie in Hamburg zu gehen.
Everding Aber zwischendurch waren Sie doch Holzfäller, stimmt das nicht?
Loriot Doch, nach dem Krieg konnte man nicht sofort studieren. Da musste man zuerst nachweisen, dass man eine Lebensmittelkarte bekommen konnte. Die musste man durch harte Arbeit erwerben, und das war in meinem Fall Holzfällerei. Seitdem habe ich eine gewisse Abneigung gegen frische Luft entwickelt.
Everding Das erste Buch, das erschien, war Auf den Hund gekommen?
Loriot Das war Auf den Hund gekommen bei Diogenes in Zürich. Nachdem ich vorher antichambrierte bei deutschen Verlagen, die aber meinten, das sei nicht das Richtige.
Everding Rowohlt hat Sie nicht genommen?
Loriot Nein.
Everding Und hat sich dann zeitlebens darüber geärgert.
Loriot Genau. Er hat sich immer darüber geärgert, wenn wir uns später trafen. Dann fing ich in der Schweiz bei Diogenes an, und da bin ich auch geblieben.
Everding Dann kam Der gute Ton .
Loriot Richtig.
Everding Dann kam der Regisseur, der Fernsehproduzent und das Fernsehen, aber auch die Lesungen. Ich erinnere mich an eine Lesung mit Walter Jens ...
Loriot Friedrich der Große und Voltaire, das machen wir immer noch. In wenigen Tagen in Potsdam, da wo alles angefangen hat, in dem Theater, in dem Voltaire und Friedrich der Große gesessen haben, lesen wir den Briefwechsel.
Everding Was ist das
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