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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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seiner Perspektive auf dem Kopf standen, hatte David Manthey keine Mühe, sie selbst auf diese Entfernung zu identifizieren. Schließlich dokumentierten sie lückenlos die bizarren Stationen seiner Kindheit. Berlin-Moabit. Amsterdam. Carmona. Köln-Eigelstein. David spürte, wie die Kälte in sein Herz kroch. Längst verdrängte Bilder. Seine Mutter, auf dem Arm das Baby, das ständig ihrem Glück im Weg war, mitten in der überfüllten WG-Wohnküche, ernste Gesichter angesichts der unmittelbar bevorstehenden Weltrevolution. Das Kinderheim der Sannyasins, Klein-David mit der Mala um den Hals, der Holzkette mit dem Porträt des Mannes, der aussah wie der Nikolaus, mit dem langen, fast weißen Vollbart und den blitzenden Augen. Der gute, der heilige Nikolaus, den es für David nicht geben durfte, ebenso wenig wie das Christkind. Das Alpha-Tier blätterte weiter. Seine Mutter. Ihre Füße schwebten über dem Küchenfußboden. Das Foto musste aus den Polizeiakten stammen. Suizid durch Erhängen. David und Zoran und Artur und die anderen in der Turnhalle, grinsend und siegesgewiss. Onkel Felix vor seiner Finca auf Formentera, stolz, nachdem er das Dach neu gedeckt hatte. David Manthey, Deutschlands jüngster Kriminalhauptkommissar, bei einer Einsatzbesprechung in Bangkok, umgeben von uniformierten Thais, die ihre Augen hinter verspiegelten Sonnenbrillen verbargen. David Manthey im FBI-Ausbildungszentrum in Quantico, in Washington, vor einem der Jazz-Clubs in Georgetown, mit seinem Kumpel Steve vom NYPD. Und Astrid, mein Gott, Astrid, in einer Blutlache auf dem kalten Asphalt eines Frankfurter Hinterhofs …
    Das Alpha-Tier hob scheinbar überrascht den Kopf: »Jetzt kommt’s, Herr Manthey. Sehen Sie nur hin!«
    David wandte sich gerade rechtzeitig der tonlosen Videosequenz zu, um noch zu erleben, wie sich Zoran Jerkov auf eine schwere Enduro-Maschine schwang, unverkennbar eine Triumph Tiger, sich in der Ledermontur des Fahrers festkrallte, ein Dutzend fassungsloser Journalisten zurückließ. Das Alpha-Tier nickte, der Durchtrainierte drückte den Knopf der Fernbedienung, aber der Beamer reagierte erst mit Verzögerung, und so registrierte David Manthey im Bruchteil einer Sekunde, bevor das Bild verschwand, wie sich außerhalb der Sichtweite der Journalisten ein BMW und zwei Audis aus ihren Parklücken zwischen den Bäumen der Allee lösten. Zivile Kölner Kennzeichen. Obere Mittelklasse. Anthrazitfarben. Robust, schnell und unauffällig.
    »Und? Haben Sie ihn gekriegt?«
    »Ich verstehe nicht, Herr Manthey.«
    »Der BMW und die beiden Audis. Das war doch das Kölner MEK. Zoran hat Sie also abgehängt. Die Enduro. Lassen Sie mich raten: Die engen Gassen von Rheinbach? Die verschlungenen Waldwege im Kottenforst? Die Obstplantagen der Ville? Oder erst die Freitreppe an der Kölner Philharmonie?«
    Schweigen.
    »Wo war denn der Hubschrauber?«
    Eisernes Schweigen.
    »Sagen Sie jetzt bitte nicht, Sie waren sich Ihrer Sache so sicher, dass Sie auf Luftüberwachung verzichtet hatten.«
    »Wir hatten uns leider auf den Präsidenten verlassen.«
    Rasche Schuldzuweisung an Außenstehende. Ein probates Mittel im Dschungel der Bürokratie. So viel zumindest war jetzt klar: Keiner der drei Männer gehörte dem Kölner Polizeipräsidium an. Aber zu welcher Truppe gehörten sie?
    »Meine Herren, bitte helfen Sie mir doch mal auf die Sprünge: Das MEK ist dazu da, verdächtige Personen und Objekte zu observieren, etwa um den günstigsten Zeitpunkt für einen Zugriff des SEK zu ermitteln. Zoran steht aber unter keinem Tatverdacht. Warum also sollte er observiert werden?«
    Schweigen.
    »Außerdem frage ich mich gerade, in wessen Auftrag Sie wohl handeln mögen, wenn Sie sogar befugt sind, Recht und Gesetz außer Kraft zu setzen. Nun?«
    Schweigen.
    »Woher stammt dieses Dossier über mich? Und woher haben Sie die ganzen Fotos?«
    Der Dicke und der Drahtige starrten auf die Tischplatte, das Alpha-Tier lächelte schweigend. Eis im Blick.
    »Sie ermüden mich, Sie langweilen mich. Nach der nächsten Frage, die unbeantwortet bleibt, stehe ich auf und sage Adieu. Also: Wieso ist Zoran überhaupt durch das geöffnete Stahltor rausmarschiert? Das ist doch die Zufahrt für Anlieferer und Gefangenentransporte. Für Fußgänger gibt es doch gleich nebenan eine kleine, diskrete Tür aus Panzerglas.«
    »Nach unseren bisherigen Erkenntnissen hatte er darauf bestanden, durchs Haupttor …«
    »Wie bitte? Habe ich mich gerade verhört?«
    »Offenbar

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