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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Zähne ausgebissen.«
    »Und warum ist es mir dann gelungen, seine …«
    »… Unschuld zu beweisen? Nehmen Sie mir bitte nicht übel, was ich nun sagen werde, Frau Gleisberg. Sie sind zweifellos eine hervorragende Journalistin. Aber Sie hatten nur deshalb eine Chance, weil Zoran Jerkov es so wollte.«
    Kristina starrte den Psychiater ungläubig an: »Sie meinen doch nicht allen Ernstes, dass Zoran mir zuliebe …«
    »Frau Gleisberg, so wenig wie Ihre journalistische Kompetenz ziehe ich Ihre zweifellos außerordentliche Anziehungskraft auf Männer in Zweifel. Sie sind eine ausgesprochen attraktive Frau. Nicht wenige Langzeithäftlinge würden glatt vier weitere Morde gestehen, nur um so wie Jerkov regelmäßig mit Ihnen im Besuchszimmer plaudern zu dürfen …«
    Gründel hielt mitten im Satz inne, senkte den Blick und starrte auf seine schmalen Hände, die reglos auf der polierten Schreibtischplatte lagen, als hätte er sie dort vor langer Zeit vergessen.
    »… aber in diesem speziellen Fall bin ich davon überzeugt, dass Zoran Jerkov Sie als sein Werkzeug benutzte. Er hat Sie ausgesucht. Nicht umgekehrt. Vor zwölf Jahren hatte er sich entschieden, lieber den Rest seines Lebens ins Gefängnis zu gehen, als sein Schweigen zu brechen und zum Beweis seiner Unschuld beizutragen. Offenbar aber änderte sich im Lauf der Jahre, zu einem Zeitpunkt, den ich nicht zu benennen vermag, die Grundlage für diese Entscheidung. Also beschloss Zoran Jerkov, das Gefängnis wieder zu verlassen. Und Sie, Frau Gleisberg, waren sein Türöffner. Ein Werkzeug, nichts weiter.«
    »Er ist unschuldig. Er hat den Mord an dieser tschechischen Prostituierten nicht begangen, so viel steht fest.«
    »Ja. Das sagte mir übrigens mein Gefühl von Anfang an. Zoran Jerkov ist zwar ein jähzorniger und zur Gewalt als probates Mittel der Problemlösung neigender Mensch … ein Mann eben, der weiß, wie man sich in einer Männergesellschaft behauptet, ob auf der Straße, im Krieg oder im Knast. Deshalb musste wohl auch dieser Serbe sterben, nachdem er Jerkov vor den Augen und Ohren der Mithäftlinge unter der Dusche beleidigt hatte. Aber Zoran Jerkov, so wie ich ihn kannte, hätte sich niemals als Zuhälter betätigt, wie ihm im Prozess vorgeworfen wurde … und schon gar nicht eine Frau vergewaltigt oder ermordet.«
    »Ist er zu echter Liebe fähig?«
    »Die Liebe ist wie das Leben. Und das Leben ist nichts weiter als ein Gärungsprozess von der Geburt bis zum Tod.«
    »Wie bitte?
    »Das ist nicht von mir. Das ist vielmehr einer von Jerkovs Lieblingssprüchen. Er stammt nicht von ihm selbst, sondern aus einem der Abenteuerromane des Schriftstellers Jack London. Die hat er als Kind regelrecht verschlungen … das Einzige übrigens, was Zoran Jerkov als Kind freiwillig gelesen hat.«
    »Und was wollen Sie mir damit sagen?«
    »Die frühe Entwurzelung, die ihm zugewiesene Außenseiterrolle als Gastarbeiterkind in einem fremden Land, die Schulprobleme durch die Sprachschwierigkeiten, der frühe Tod der geliebten Mutter, dieser extrem autoritäre Vater: Das Leben hat aus Zoran Jerkov nicht gerade einen Gutmenschen geformt. Das Leben ist nichts weiter als ein Gärungsprozess von der Geburt bis zum Tod: Für Jerkov besteht der einzige Sinn des Lebens im Kampf ums Überleben. Wer auf seiner Seite steht, ist gut, wer sich gegen ihn stellt, ist böse. So einfach kann das Leben sein.«
    »Meine Frage war …«
    »Ja, ich denke, er ist zu Liebe fähig … in begrenztem Rahmen, und wenn man die Messlatte nicht zu hoch hängt. Er hat zum Beispiel seine Mutter abgöttisch geliebt … so sehr wie er seinen Vater hasste. Seinen älteren Bruder scheint er zu verachten, während er seine jüngere Schwester liebt wie eine Tochter. Das ist übrigens interessant: Die drei Geschwister spiegeln geradezu symbolhaft die Bandbreite der Entwicklungsmöglichkeiten in Migrantenfamilien der zweiten Generation.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Branko, der Erstgeborene, trat brav in die Fußstapfen des Vaters: äußerlich völlig angepasst an die neue Welt, um nur ja nicht aufzufallen oder anzuecken, innerlich aber fest im katholisch-erzkonservativen Wertekanon der alten kroatischen Heimat verhaftet. Maja hingegen fand schon früh Gefallen am freien Leben im liberalen Westeuropa und setzte ihr Ziel, als moderne Frau beruflich wie privat ihren Weg zu gehen und gesellschaftlich aufzusteigen, energisch in die Tat um … sehr zum Ärger des Vaters und des ältesten Bruders übrigens. Sie

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