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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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einem abgebrochenen Rückspiegel und einem verbogenen Blinker zurück. Als Branko mit seinem Bruder fertig war, fehlte Zoran ein Schneidezahn.
    Im Treppenhaus roch es nach schalem Bier und altem Fett. In der Küche mit der Durchreiche zum Tresen des Gastraums saß Alenka, Brankos Frau, mit dem Rücken zur Tür. Ihr Haar war ganz grau geworden. Sie faltete Papierservietten zu Pyramiden und starrte unentwegt in den Fernseher auf dem Kühlschrank. Eine dieser Nachmittags-Talkshows. Eine Frau saß auf einem Sofa und schluchzte. Der Weinkrampf schüttelte ihren schmächtigen Körper. Der Moderator setzte sich neben sie, legte ihr den Arm um die schmalen, zitternden Schultern, gab ihr ein Taschentuch und sagte: »Sie müssen jetzt ganz tapfer sein.« Alenka hielt inne, legte die Servietten beiseite, nahm die Fernbedienung vom Tisch und stellte den Ton lauter. David ging weiter, durch die Schwingtür, in den Gastraum.
    Nichts hatte sich hier seit seiner Kindheit verändert. Die barocke Theke mit den vier wackligen Barhockern, die sechs winzigen Tische im Raum, die einfachen, unbequemen Stühle, der abgewetzte Holzfußboden. Und die fehlenden Gäste. Nur die Dekoration an den mit dunklem, billigem Holz verschalten Wänden wirkte inzwischen etwas üppiger.
    Branko Jerkov saß an einem der sechs verwaisten Tische und schob neue Speisekarten in alte, speckige Klarsichtfolien. David nahm ihm gegenüber Platz.
    »Hallo, Branko.«
    Zorans Bruder hob kurz den Kopf, nickte stumm und fuhr mit seiner Arbeit fort, ganz so, als habe er David erst gestern zum letzten Mal gesehen. Nichts in seinen Augen deutete an, ob er sich über den unerwarteten Besuch freute. David nahm eine der fertig eingetüteten Speisekarten und studierte sie.
    »Pizzeria Roma? Seit wann heißt euer Restaurant denn nicht mehr Dalmatien-Grill?«
    »Nicht euer Restaurant, sondern mein Restaurant. Es gehört mir ganz alleine. Pizzeria Roma, ja. Seit einem Jahr heißen wir nicht mehr Dalmatien-Grill. Du warst lange nicht mehr hier, David. Cevapcici, Djuvec-Reis, gefüllte Paprika, das kannst du alles in die Tonne knallen. Die Leute mögen heutzutage keine jugoslawische Küche mehr. Die wollen jetzt mediterrane Kost. Die haben aber in der Schule in Erdkunde nicht besonders gut aufgepasst. Sonst wüssten sie ja, wo Dalmatien liegt. Gut, dass der Alte das nicht mehr erleben musste. Das und das andere. Wieso benutzt du nicht den Vordereingang?«
    »An dem wäre ich doch glatt vorbeigelaufen, wenn da jetzt Pizzeria Roma drübersteht. Fährst du noch Motorrad?«
    »Du tauchst hier auf, um mich nach meinem Motorrad zu fragen? Nein, die letzte Maschine habe ich verkauft. Ist schon eine Weile her. Die Bandscheiben. Wir werden alle nicht jünger. Seit wann bist du wieder in der Stadt?«
    »Seit heute. Wie geht’s Alenka?«
    »Was willst du, David? Nur ein bisschen plaudern? Über alte Zeiten? Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Wenn du aber deinen alten Freund Zoran suchst … ich habe absolut keine Ahnung, wo der steckt. Hier hat er sich noch nicht blicken lassen, jedenfalls nicht, seit er wieder aus dem Knast raus ist. Ich weiß auch den Grund: Hier riecht es nämlich zu sehr nach ehrlicher, harter Arbeit, und den Geruch hat er noch nie vertragen.«
    Aus der Küche drang jetzt die salbungsvolle Stimme des TV-Moderators in fast schmerzvoller Lautstärke. Branko schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Doch seine Augen zeigten Resignation statt Wut.
    »Jeden Nachmittag guckt sie diese hirnverbrannte Sendung. Sie ist süchtig danach. Von montags bis freitags muss ich mir jeden Nachmittag eine Stunde lang diesen Mist anhören.«
    »Wie geht’s eurer Tochter? Die müsste doch jetzt schon fast erwachsen sein. Meine Güte, wie die Zeit vergeht.«
    »Dalia …«
    Der schwere, muskulöse Mann mit dem pechschwarzen Lockenkopf atmete schwer.
    »Für den, der weggeht, vergeht die Zeit schneller als für den, der zurückbleibt, David.«
    »Was ist passiert, Branko?«
    »Was passiert ist?« Branko Jerkov senkte den Blick und sprach zu den Speisekarten. »Was passiert ist? Sie ist tot. Leukämie. Dalia ist vor einem Jahr gestorben. Gott hat sie er löst. Zwei Wochen nach ihrem 18. Geburtstag. Seitdem ist Alenka …«
    Ihm versagte die Stimme. David legte seine Hand auf Brankos Unterarm. Das Telefon auf der Theke klingelte. Branko sprang auf und riss sich aus seinen Erinnerungen.
    »Pizzeria Roma?«
    David Manthey ging zurück ins Treppenhaus, während Branko telefonierte. Diesmal betrat

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