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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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morgens war nichts nerviger als dieses belanglose rheinische Dauergeplauder. Sie wollte nur noch ins Bett und schlafen, schlafen, schlafen.
    Und vergessen.
    Sie stieg aus dem Taxi. Während sie die Straße überquerte, kramte sie in ihrer Handtasche nach dem Schlüsselbund.
    Nachdenken konnte sie auch später noch. Nach dem Aufwachen. Nach dem ersten Kaffee. Nach der ersten Zigarette. Morgen. Übermorgen. Vielleicht.
    Sie schloss die Tür zu ihrer Erdgeschosswohnung im Hinterhaus auf, legte Schlüsselbund und Handtasche auf das Rokoko-Tischchen neben der Garderobe, versuchte vergeblich, ein Gähnen zu unterdrücken, schleuderte die Stilettos von den müden Füßen und schaltete das Licht ein.
    »Guten Morgen, Eliska.«
    Zoran Jerkov. Er saß in ihrem Ohrensessel. Er hatte die Hände wie zum Gebet gefaltet. Er trug schwarze Lederhandschuhe.
    »Schließ die Tür, Eliska.«
    Den Bruchteil einer Sekunde dachte sie an Flucht. Doch die Angst lähmte jede Faser ihres Körpers.
    Sie schloss die Tür, indem sie sich kraftlos mit dem Rücken dagegen lehnte, bis sie ins Schloss fiel.
    »Hallo, Zoran.«
    »Lange nicht gesehen. Du siehst gut aus, Eliska. Schön wie eh und je. Vielleicht etwas müde. War sicher ein anstrengender Tag. Aber du hast dich kaum verändert in den zwölf Jahren.«
    »Danke für das Kompliment. Aber das ändert nichts daran, dass ich 34 bin. Uralt … für diesen Job.«
    »Hübsche Wohnung. Aber in Bayenthal sind die Mieten noch bezahlbar, nicht wahr? Seltsam, dass du jetzt hier wohnst, wo Marie doch nur zwei Straßen weiter …«
    »Zufall. Ich war lange weg. Gleich, nachdem … Amsterdam, die ersten zwei Jahre, dann sieben Jahre in Barcelona, zuletzt drei Jahre in Mailand. Ich bin erst seit acht Wochen zurück in Köln. Die Wohnung war günstig zu haben. Ich dachte, es sei inzwischen genügend Gras über die Sache gewachsen. Bis ich dann gestern hörte, dass du entlassen worden bist. Woher hast du meine Adresse? Und wie bist du hier hereingekommen?«
    »Das Fenster im Bad war gekippt. Wenn man als alleinstehende Frau in dieser Gegend im Erdgeschoss wohnt, dann sollte man vielleicht etwas vorsichtiger sein.«
    »Ich weiß mich zu verteidigen.«
    »Mit dieser süßen, kleinen Sig-Sauer Mosquito in der obersten Schublade deines Nachttischchens?«
    »Du hast also meine Wohnung durchsucht.«
    »Natürlich. Du wirst sicher verstehen, dass ich dir inzwischen nicht mehr über den Weg traue, Eliska. Die Mosquito liegt jetzt auf einem der Oberschränke in der Küche. Wenn du einen Stuhl zu Hilfe nimmst, kommst du bequem dran. Sie ist allerdings nicht mehr geladen. Die Patronen befinden sich jetzt in deinem Kleiderschrank. In einer der Manteltaschen, so wie auch das leere Magazin. Interessant, wie viele Mäntel eine Frau brauchen kann. Und erst die Schuhe. Wie viele Schuhe sind das? Kostet sicher alles eine Stange Geld. Ich frage mich: Was würdest du alles für Geld tun, Eliska? Sei unbesorgt: Solange ich dir Gesellschaft leiste, brauchst du die Waffe nicht. Setz dich.«
    »Ich stehe lieber.«
    »Setz dich! Wir haben etwas zu besprechen.«
    Eliska setzte sich auf die Kante der Couch und zündete sich eine Zigarette an. Sie ließ sich Zeit damit. Ihre Hände zitter ten.
    »Warum trägst du Handschuhe, Zoran?«
    »Nur sicherheitshalber. Du weißt doch, dass die mir aus jedem Fingerabdruck gleich einen Strick drehen.«
    »Was willst du von mir, Zoran?«
    »Eine Antwort. Du kennst die Frage.«
    »Das ist alles so lange her, Zoran.«
    Jerkov beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf den Knien ab und faltete die Hände, als müsste er sie mühsam im Zaum halten. Seine Gesichtszüge waren mit einem Mal versteinert, seine Augen kalt wie Eis. Sie versuchte vergeblich, in diesen Augen zu lesen. Die Asche ihrer Zigarette fiel zu Boden.
    »Zoran, sie war meine beste Freundin, verstehst du? Marie und ich, wir kamen aus demselben beschissenen Dorf. Mit 14 haben wir zum ersten Mal zusammen in Teblice an dieser verfluchten Europastraße gestanden. Tag für Tag, Nacht für Nacht, im Sommer, im Winter, im Regen, in der Hitze, in der Kälte. Wir haben diese fetten, sabbernden, stinkenden Männer ertragen und dabei von einem besseren Leben geträumt. Wir haben Teblice überlebt, die dunklen Parkplätze und die schäbigen Wohnwagen, und wir haben sogar unsere Zuhälter überlebt. Wir sind zusammen abgehauen, wir sind untergetaucht und in den Westen gegangen. Wir haben erfolgreich unsere Spuren verwischt. Wir haben uns hier was

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