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Bitter Süsse Tode

Titel: Bitter Süsse Tode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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die Nerven verlieren. Das Leben vielleicht, aber nicht die Nerven.«
    Das war ein Kompliment und ein ernst gemeintes dazu. »Danke.«
    Er fasste mich an der Schulter, und ich drehte den Kopf weg. Mein Puls raste, bis ich nur noch das Blut in meinem Kopf rauschen hörte. Ich wollte wegrennen, um mich schlagen, schreien, aber ich musste dasitzen und aushalten, dass er mir Schmerzen zufügte. Ich hasse so etwas. Es waren immer mindestens zwei Leute nötig gewesen, um mir eine Spritze zu geben, als ich noch ein Kind war. Einer an der Nadel und einer, der mich festhielt.
    Jetzt hielt ich mich selbst fest. Wenn Nikolaos mich zum zweiten Mal biss, würde ich wahrscheinlich alles tun, was sie von mir wollte. Sogar töten. Ich hatte das schon erlebt, und dieser Vampir war verglichen mit ihr eine Null gewesen.
    Das Weihwasser lief über meine Haut, traf die Bisswunde und durchdrang meinen Körper sengend wie flüssiges Gold. Es fraß sich durch Fleisch und Bein. Zersetzte mich. Tötete mich.
    Ich kreischte. Ich konnte das nicht aushalten. Zu heftig der Schmerz. Konnte nicht weglaufen. Musste schreien.
    Ich lag auf dem Fußboden, presste die Wange gegen die kalten Kacheln, atmete in kurzen, gierigen Zügen.
    »Atme langsamer, Anita. Du hyperventilierst. Atme langsam und leicht, sonst wirst du ohnmächtig.«
    Ich öffnete den Mund und holte tief Luft; sie pfiff und heulte meinen Schlund hinunter. Ich erstickte an meinem Atem, ich hustete und rang nach Luft. Bis ich den nächsten tiefen Zug tun konnte, war mir schwindlig und ein wenig übel, aber ich war nicht ohnmächtig geworden. Zigtausend Sonderpunkte für mich.
    Edward musste sich fast hinlegen, um mit mir auf Augenhöhe zu kommen. »Kannst du mich hören?«
    Ich schaffte ein Ja.
    »Gut. Ich möchte versuchen, das Kreuz auf die Wunde zu drücken. Bist du einverstanden oder glaubst du, es ist zu früh?«
    Wenn wir sie noch nicht genügend gereinigt hatten, würde mich das Kreuz versengen, und ich hätte eine neue Narbe. Ich war über alle Pflicht hinaus tapfer gewesen. Ich wollte die Rolle nicht weiterspielen. Ich öffnete den Mund, um Nein zu sagen, aber das war nicht, was herauskam.
    »Tu's«, sagte ich. Scheiße. Ich würde es aushalten.
    Ich strich mir die Haare aus dem Nacken. Ich lag auf dem Boden und versuchte, mich zu wappnen, indem ich die Fäuste ballte. Es gibt eigentlich keine Art und Weise, um sich darauf vorzubereiten, dass einem jemand ein glühendes Eisen auf den Hals drückt.
    Die Kette glitt rasselnd durch Edwards Hände. »Bist du bereit?«
    Nein. »Mach schon, verdammt.«
    Er machte es. Ich spürte das Kreuz auf meiner Haut, kaltes Metall, kein Brennen, es gab keinen Rauch, keinen Schmerz. Ich war rein, oder wenigstens so rein wie vor dem Biss.
    Er ließ das Kruzifix vor meinem Gesicht baumeln. Ich packte es mit einer Hand und quetschte es, bis ich zitterte. Es dauerte nicht lange. Die Tränen sickerten mir aus den Augenwinkeln. Ich weinte nicht, nein, nein. Ich war nur erschöpft.
    »Kannst du dich aufsetzen?«, fragte er.
    Ich nickte und zwang mich dazu, lehnte mich gegen die Badewanne.
    »Auch aufstehen?«, fragte er dann.
    Ich dachte darüber nach und entschied, dass ich es nicht konnte, nein. Ich fühlte mich am ganzen Körper schwach, zittrig, mies. »Nicht ohne Hilfe.«
    Edward kniete sich hin, legte einen Arm um meine Schultern und schob den anderen unter meine Knie, dann hob er mich an. In einer geschmeidigen Bewegung stand er auf, ohne Anstrengung.
    »Lass mich runter«, sagte ich.
    Er sah mich an. »Wie bitte?«
    »Ich bin kein Kind. Ich will nicht getragen werden.«
    Er sog hörbar die Luft ein, dann sagte er: »Also gut.« Er stellte mich langsam auf die Füße und ließ mich los. Ich taumelte gegen die Wand und rutschte zu Boden. Die Tränen kamen wieder, verdammter Mist. Ich saß da und heulte und war zu schwach, um vom Badezimmer bis zu meinem Bett zu gehen. Gott!
    Edward stand einfach da, sah auf mich herunter, mit neutraler Miene, ausdruckslos wie eine Katze.
    Meine Stimme war beinahe normal, vom Weinen war kaum etwas zu hören. »Ich hasse es, hilflos zu sein. Ich hasse es!«
    »Du bist von allen Leuten, die ich kenne, am allerwenigsten hilflos«, erwiderte Edward. Er ging wieder in die Knie, legte einen Arm um meine Schultern und fasste mein Handgelenk. Mit dem anderen Arm griff er um meine Taille. Der Größenunterschied machte es ein bisschen schwierig, aber er schaffte es, mir die Illusion zu geben, dass ich auf eigenen Beinen in

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