Bitter Süsse Tode
zurückbetten. Als sich ihr Verstand verschlechterte und ihr Körperzustand auch, da behielt er sie als eine Art Bestrafung bei sich.«
»Gütiger Himmel.«
»Ja«, stimmte ich zu. Ich ging an den Schrank und holte meine Sporttasche heraus. Edward transportierte in seiner die Waffen ich in meiner die Animator-Utensilien. Ab und zu hatte ich auch meine Vampirtöterausrüstung darin. Das Streichholzheft, das mir Zachary gegeben hatte, lag unten drin. Ich steckte es in meine Hosentasche. Ich glaube nicht, dass Edward es bemerkte. Er kapiert ziemlich schnell, wenn ein Anhaltspunkt Männchen macht und bellt. »Jensen hat endlich eingewilligt, sie wieder in die Erde zu betten, sofern ich das übernehme. Ich kann es nicht ablehnen. Er ist eine Art Legende unter den Animatoren. Fast so was wie eine Geistergeschichte.«
»Warum gerade heute? Wenn es sieben Jahre Zeit gehabt hat, warum nicht noch ein paar Nächte?«
Ich fuhr fort, meine Tasche zu packen. »Er hat darauf bestanden. Er fürchtet, dass er es sich wieder anders überlegt, wenn er warten muss. Außerdem könnte es sein, dass ich in ein paar Tagen nicht mehr am Leben bin. Er würde es keinen anderen tun lassen.«
»Das ist nicht dein Problem. Du hast seinen Zombie nicht erweckt.«
»Ja, aber vor allem anderen bin ich Animator. Vampire zu töten ist... ein Nebenverdienst. Ich bin Animator. Das ist nicht irgendein Job.«
Er sah mich noch immer an. »Ich verstehe nicht, warum, aber ich verstehe, dass du es tun musst.«
»Danke.«
Er lächelte. »Du bist der Boss. Was dagegen, wenn ich mitkomme und aufpasse, dass dich unterwegs keiner abknallt?«
Ich warf ihm einen Blick zu. »Schon mal gesehen, wie ein Zombie erweckt wird?«
»Nein.«
»Du bist nicht gerade zimperlich, stimmt's?« Ich sagte das lächelnd. Er starrte mich an, die blauen Augen waren plötzlich kalt. Sein ganzes Gesicht hatte sich verändert. Da war nichts mehr, kein Ausdruck irgendeines Gefühls, nur schreckliche Kälte. Leere. Ich habe einmal erlebt, dass mich ein Leopard so ansah, durch die Gitterstäbe des Käfigs, ohne ein Gefühl, das ich verstanden hätte. Was in ihm vorging, erschien mir so fremd, als stammte er von einem anderen Planeten ein Wesen, das mich geschickt und schnell töten könnte, denn das war es, was es vorhatte, sobald es hungrig war oder ich es verärgerte.
Ich werde nicht schnell vor Angst ohnmächtig und renne nicht schreiend davon, aber diesmal musste ich mich regelrecht anstrengen. »Du hast mich überzeugt, Edward. Hör auf mit der Killer-Nummer und lass uns gehen.«
Sein Blick kehrte nicht gleich zur Normalität zurück, sondern erwärmte sich langsam, wie das erste Licht den Himmel durchdringt.
Ich hoffte, Edward würde diesen Blick niemals im Ernst auf mich richten. Wenn doch, dann würde einer von uns sterben. Höchstwahrscheinlich ich.
Die Nacht war undurchdringlich finster. Dicke Wolken verbargen den Himmel. Ein Wind fegte über den Boden, es roch nach Regen.
Iris Jensens Grabstein war aus glattem, weißem Marmor. Ein fast mannshoher Engel mit ausgebreiteten Flügeln, der die Arme zum Willkommen ausgebreitet hatte. Die Schrift war mit Taschenlampe noch zu lesen. »Meiner geliebten Tochter, die ich verzweifelt vermisse.«
43. Kapitel
Derselbe Mann, der den Engel in Auftrag gegeben hatte und der seine Tochter verzweifelt vermisste, hatte sie missbraucht. Sie hatte sich umgebracht, um ihm zu entkommen, und er hatte sie zurückgeholt. Aus diesem Grund stand ich hier draußen in der Dunkelheit und wartete auf die Jensens. Hauptsächlich auf sie, nicht auf ihn. Obwohl ich wusste, dass ihr Verstand inzwischen zerstört war, wollte ich, dass Iris Jensen in der Erde lag und in Frieden ruhte.
Das hätte ich Edward nicht erklären können, also versuchte ich es erst gar nicht. Eine große Eiche wachte über das leere Grab. Der Wind rauschte durch die Blätter und ließ sie über unseren Köpfen flüstern. Es klang zu trocken für Sommerlaub. Die Luft war feucht und kühl, der Regen fast da. Ausnahmsweise war es nicht unerträglich heiß.
Ich hatte zwei Hühner mitgebracht. Sie gluckten leise in ihrem Korb neben dem Grab. Edward lehnte sich an meinen Wagen, die Beine über Kreuz, die Arme locker an der Seite. Meine Sporttasche stand geöffnet neben mir auf dem Boden. Darin schimmerte meine Machete.
»Wo bleibt er?«, fragte Edward.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.« Seit Sonnenuntergang war fast eine Stunde vergangen. Der Friedhof war nahezu
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