Bitter Süsse Tode
lange zu unterhalten, wie du warten musst.«
»Das beantwortet meine Frage nicht. Was soll ich tun? Was wollt ihr von mir?«
Die Lippen legten die gelben Zähne frei. Es sah aus wie ein Fauchen, vermutlich sollte es ein Lächeln sein. »Komm zu uns herunter, Mensch. Berühre uns und lass dich von uns berühren. Wir wollen dich die Freuden von Fell und Zähnen lehren.« Er rieb sich die Oberschenkel mit den Klauen. Das zog meine Aufmerksamkeit zwischen seine Beine. Ich schaute weg, und Hitze strömte über mein Gesicht. Ich wurde rot. Verdammt!
»Soll das beeindruckend sein?«, fragte ich. Es kam beinahe ruhig heraus.
Er stockte einen Moment lang, dann fauchte er: »Holt sie!«
Großartig, Anita, mach ihn dir zum Feind. Gib ihm zu verstehen, dass seine Ausstattung ein bisschen klein geraten ist.
Sein zischendes Gelächter rann mir in kalten Wellen über die Haut. »Wir werden heute Nacht Spaß haben. Das kann ich euch versprechen.«
Die Riesenratten kamen die Stufen herauf, die Muskeln unter dem Fell arbeiteten, die Barthaare, dick wie Maschendraht, wackelten heftig. Ich drängte mich mit dem Rücken gegen die Tür und begann abwärts zu rutschen. »Bitte, bitte, nicht.« Meine Stimme klang schrill und ängstlich, und das hasse ich.
»So schnell haben wir dich kleingekriegt; wie traurig«, sagte der Rattenmann.
Die beiden Ratten waren fast bei mir. Ich stemmte mich mit angezogenen Knien gegen die Tür, pflanzte die Hacken in den Boden, während ich die Zehenballen leicht anhob. Eine Klaue fasste mein Bein, ich zuckte zusammen, aber ich wartete. Es musste gleich beim ersten Mal richtig sitzen. Bitte, Gott, lass sie nicht an mir Blut saugen. Barthaare streiften mein Gesicht, und ein massiges, pelziges Etwas legte sich auf mich.
Ich trat mit beiden Füßen aus und traf die Ratte mit voller Wucht. Sie hob sich auf die Hinterbeine und wankte rückwärts, kicherte, der Schwanz schlug um sich. Ich warf mich nach vorn und schlug sie vor die Brust. Die Ratte taumelte über die Treppenkante.
Die zweite Ratte duckte sich knurrend. Ich sah, wie sich ihre Muskeln spannten, ging auf ein Knie nieder und brachte mich in Stellung. Wenn sie mich stehend anspränge, würde ich von der Treppe stürzen. Ich war nur zwei Fingerbreit vom Fall entfernt.
Sie sprang. Ich warf mich flach hin und rollte mich weg. Die Füße und eine Hand stieß ich in den warmen Körper und half nach. Die Ratte purzelte über mich drüber und verschwand. Ich hörte das ängstliche Quieken, als sie fiel. Es gab einen dumpfen Aufschlag. Nicht schlecht. Ich glaubte nicht, dass sie tot war. Aber mehr konnte ich nicht tun.
Ich stand auf, stellte mich wieder mit dem Rücken zur Tür. Der Rattenmann lächelte nicht mehr. Ich dagegen lächelte süß, mein unschuldigstes Lächeln. Es schien ihn nicht zu beeindrucken.
Er machte eine sanfte Bewegung, wie um die Luft zu teilen. Mit seiner Handbewegung flössen die kleinen Ratten vorwärts. Eine kriechende braune Flut wallte die Stufen herauf.
Ein paar davon könnte ich vielleicht erwischen, aber nicht alle. Sie würden mich bei lebendigem Leibe auffressen, wenn er es ihnen befahl, mit lauter winzigen blutroten Bissen.
Ratten umspülten meine Füße, krabbelten und rauften.
Kleine Körper stießen gegen meine Stiefel. Eine reckte sich, um nach dem Rand meines Stiefels zu fassen. Ich trat sie weg. Sie fiel fiepend über die Treppenkante.
Die Ratten hatten den Verletzten auf die Seite gezogen. Er rührte sich nicht. Die andere, die ich von mir gestoßen hatte, humpelte.
Eine Ratte sprang mich an, die Krallen hakten sich in meine Bluse. So hing sie an mir, die Pfoten im Stoff verfangen. Ich spürte das Gewicht über meiner Brust. Ich packte sie um die Körpermitte. Zähne bohrten sich in meine Hand, bis sie sich, meine Haut zermalmend, schlossen und den Knochen verfehlten. Ich schrie und wollte das Tier abschütteln. Wie ein grausiger Ohrring baumelte es an meiner Hand. Blut lief das Fell hinab. Eine weitere Ratte sprang mir auf die Bluse.
Der Rattenmann lächelte.
Eine kletterte mir ins Gesicht. Ich fasste sie beim Schwanz und zog sie weg. Dabei schrie ich: »Hast du Angst, selbst zu kommen? Hast du Angst vor mir?« Meine Stimme war dünn vor Panik, aber ich redete weiter. »Deine Freunde sind verwundet und sollen etwas tun, wovor du dich fürchtest. Ist es nicht so? Ja?«
Seine Freunde blicken zwischen mir und dem Rattenmann hin und her. Er sah sie von der Seite an. »Vor einem Menschen habe ich keine
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