Bitter Süsse Tode
hinwandte, war von der Pistole im Gürtel nicht das Geringste zu sehen. Das Shirt fiel darüber, sie war unsichtbar.
Mein Oberkörper ist schmal, klein, wenn Sie so wollen, muskulös und nicht schlecht anzusehen. Leider sind meine Beine mindestens zehn Zentimeter zu kurz, um amerikanische Idealbeine sein zu können. Ich werde nie dünne Oberschenkel und nie etwas anderes als muskulöse Waden haben. Meine Aufmachung betonte meine Beine und verbarg alles andere, aber ich hatte meine Pistole bei mir und würde nicht in der Hitze zerfließen. Kompromisse einzugehen ist die Kunst des Unvollkommenen.
Das Kruzifix hing unter dem Shirt, aber ich band mir noch ein Amulett um das linke Handgelenk. Drei kleine Kreuze baumelten an der Silberkette. Meine Narben waren ebenfalls zu sehen, aber im Sommer versuche ich immer so zu tun, als gäbe es sie nicht. Ich kann mich mit dem Gedanken nicht anfreunden, bei vierzig Grad und hundert Prozent Luftfeuchtigkeit lange Ärmel zu tragen. Mir würden die Arme abfallen. Die Narben sind nicht das Erste, was auffällt, wenn ich mit nackten Armen gehe. Wirklich nicht.
Animators, Inc. hatte neue Büroräume. Wir waren erst drei Monate hier. Gegenüber befand sich eine Psychologenpraxis, sie nahmen nicht weniger als hundert die Stunde, ein plastischer Chirurg den Flur hinunter, ansonsten zwei Rechtsanwälte, eine Eheberatung und ein Immobilienmakler. Vor vier Jahren hatten Animators, Inc. noch in einem Verschlag über einer Garage gearbeitet. Das Geschäft lief gut.
Unser Glück verdankten wir zum größten Teil Bert Vaughn, unserem Boss. Er war ein Geschäftsmann, ein Schauspieler, ein Geldscheffler, ein Halunke am Rande des Betrugs. Nichts Illegales, eigentlich nicht, aber...
Die meisten Leute glauben, dass sie selbst die mit den weißen Hüten sind, die Guten. Ein paar Leute tragen schwarze Hüte und finden das gut. Grau war Berts Farbe. Manchmal denke ich, wenn man ihn stechen würde, er würde grün bluten, lauter frisch gedrucktes Geld.
Er hatte eine ungewöhnliche Begabung, einen peinlichen Fluch oder eine religiöse Erfahrung, nämlich Tote zu erwecken, in ein Gewinn bringendes Geschäft verwandelt. Wir Animatoren hatten das Talent, aber Bert wusste daraus Geld zu machen. Es war schwer, dagegen zu argumentieren. Aber ich wollte es versuchen.
Die Tapete des Empfangsraums ist blass, blassgrün mit einem kleinen orientalischen Muster in Grün- und Brauntönen. Der Teppichboden ist dick und hellgrün, zu hell um wie Gras auszusehen, aber er bemüht sich. Überall stehen Pflanzen.
Ein Ficus benjium wächst rechts neben der Tür, schlank wie eine Weide mit kleinen ledrig grünen Blättern. Er windet sich beinahe um den Stuhl, der vor seinem Topf steht. Ein zweiter Baum wächst in der gegenüberliegenden Ecke, groß und gerade mit den steifen spitzen Blättern einer Palme - Dracaena marginta. Das zumindest steht auf den Schildchen, die an den dürren Stamm gebunden sind. Beide Bäume streifen die Decke. Dutzende kleinerer Pflanzen sind in jede verfügbare Ecke dieses hellgrünen Raumes geschoben und gedrängt.
Bert meint, das Pastellgrün sei beruhigend und die Pflanzen hätten etwas Gemütliches. Ich finde, es sieht aus wie die misslungene Verbindung einer Leichenhalle mit einem Blumengeschäft.
Mary, unsere Tagessekretärin, ist über fünfzig. Wie viel über fünfzig ist ihre Privatsache. Ihr Haar ist kurz und wird vom Wind nicht bewegt. Dafür sorgt eine Riesendose Haarspray. Mary hat es nicht mit natürlichem Aussehen. Sie hat zwei erwachsene Söhne und vier Enkel. Als ich zur Tür hereinkam, empfing sie mich mit ihrem professionellsten Lächeln. »Womit kann ich Ihnen... Oh, Anita, ich wusste nicht, dass Sie vor fünf hier sein sollten.«
»Soll ich auch nicht, aber ich muss mit Bert sprechen und ein paar Sachen aus meinem Büro holen.«
Sie sah stirnrunzelnd in ihren Terminkalender, unseren Terminkalender. »Nun, Jamison ist gerade mit einem Klienten in Ihrem Büro.« Es gehören nur drei Büros zu unserem kleinen Bereich. Eins gehört Bert, und mit den beiden anderen wechseln wir uns ab. Die meiste Arbeit wird draußen erledigt, genauer gesagt auf dem Friedhof, darum brauchen wir unsere Büros kaum je zur selben Zeit. Es funktioniert wie das Time-Sharing bei einer Ferienwohnung.
»Wie lange wird der Klient bleiben?«
Mary sah auf ihre Notizen. »Eine Mutter, deren Sohn überlegt, der Kirche des Ewigen Lebens beizutreten.«
»William soll es ihm einreden oder
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