Bitter Süsse Tode
angeboten.«
Sie starrte mich an. »Sich selbst?«
»Es war das Beste, was ich tun konnte, Theresa. Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg.« Ich war müde und angewidert. Ich musste hier weg, sofort. Vielleicht war es mir anzuhören. Vielleicht war sie zu gierig auf den Zombie, um sich mit mir abzugeben. Ich weiß es nicht, aber sie trat zur Seite. Schon war sie fort, als hätte der Wind sie weggefegt. Sollten sie doch ihre Tricks inszenieren. Ich machte mich auf den Heimweg.
Hinter mir gab es einen kleinen Schrei. Einen kurzen, erstickten Laut, als wäre die Stimme nicht ans Sprechen gewöhnt. Ich ging weiter. Der Zombie schrie, die menschliche Erinnerung war noch so weit vorhanden, dass sie Angst hatte. Ich hörte ein klangvolles Lachen, ein schwaches Echo von Jean-Claudes Lachen. Wo bist du, Jean-Claude?
Ich drehte mich um. Die Vampire zogen ihren Ring enger. Der Zombie taumelte von einer Seite zur anderen, versuchte, wegzurennen. Aber es gab keinen Zufluchtsort.
Ich wankte durch die verbogene Pforte. Endlich kam der Wind aus den Bäumen herab. Wieder erklang ein Schrei hinter der Hecke. Ich rannte los und blickte nicht zurück.
29. Kapitel
In dem feuchten Gras rutschte ich aus. In Strumpfhosen kann man schlecht rennen. Ich saß da, atmete tief, versuchte, nicht zu denken. Ich hatte einen Zombie erweckt, um einen Menschen zu retten, der kein Mensch mehr war. Nun wurde der Zombie, den ich erweckt hatte, von Vampiren gequält. Scheiße. Die Nacht war nicht einmal halb um. »Was kommt als Nächstes?«, flüsterte ich.
Eine Stimme antwortete mir, heiter wie Musik. »Ich grüße Sie, Animator. Sie scheinen einen ausgefüllten Abend zu haben.«
Im Dunkeln unter den Bäumen stand Nikolaos. Willie McCoy war bei ihr, ein bisschen seitlich hinter ihr, wie ein Leibwächter oder ein Diener. Diener bestimmt.
»Sie scheinen erregt zu sein. Was ist denn los?« Ihre Stimme trällerte melodisch. Das gefährliche kleine Mädchen war wieder da.
»Zachary hat den Zombie erweckt. Sie können das nicht mehr als Vorwand benutzen, um ihn umzubringen.« Ich lachte, und es klang abgehackt und hart, selbst für mich. Er war längst tot. Ich glaubte nicht, dass sie das wusste. Gedankenlesen konnte sie nicht, nur die Wahrheit aus einem herauspressen. Ich wettete, dass Nikolaos nie auf die Idee gekommen war zu fragen: Bist du lebendig, Zachary, oder eine wandelnde Leiche? Ich lachte und konnte nicht aufhören.
»Anita, geht es Ihnen gut?« Willie klang wie immer.
Ich nickte und versuchte, zu Atem zu kommen. »Es geht mir gut.«
»Ich sehe nicht, was daran so komisch ist, Animator.« Die Kinderstimme entglitt ihr wie eine schlüpfrige Maske. »Sie haben Zachary geholfen.« Sie ließ es wie eine Anklage klingen.
»Ja.«
Ich hörte eine Bewegung auf dem Rasen. Willies Füße, nichts weiter. Ich schaute auf und sah Nikolaos auf mich zukommen, lautlos wie eine Katze. Sie lächelte, ein süßes, harmloses, wunderhübsches Kind. Nein. Das Gesicht war ein wenig zu lang. Die kindliche Braut war nicht mehr vollkommen. Je näher sie kam, desto mehr Makel entdeckte ich. Sah ich sie, wie sie wirklich aussah? Ja?
»Sie starren mich an, Animator.« Sie lachte schrill und zügellos, Glocken im Sturm. »Als hätten Sie einen Geist gesehen.« Sie kniete sich hin und strich dabei ihre Hose glatt, als wäre sie ein Rock. »Haben Sie einen Geist gesehen, Animator? Haben Sie etwas gesehen, das Ihnen Angst macht? Oder etwas anderes?« Ihr Gesicht war nur eine Armlänge von mir entfernt.
Ich hielt den Atem an, grub die Finger in den Boden. Die Angst legte sich über mich wie eine kalte, neue Haut. Dieses Gesicht war so freundlich, so heiter, so ermutigend. Ihr fehlten wirklich nur noch die Grübchen. Meine Stimme klang heiser, und ich musste mich räuspern. »Ich habe den Zombie erweckt. Ich will nicht, dass ihm etwas geschieht.«
»Aber es ist nur ein Zombie, Animator. Er hat kein wirkliches Empfinden.«
Ich schaute nur in dieses dünne, freundliche Gesicht, hatte Angst, wegzusehen, und Angst, hinzusehen. Der Drang wegzurennen schnürte mir die Brust zu. »Das ist ein Mensch gewesen. Ich will nicht, dass er gequält wird.«
»Sie tun ihm nicht viel. Meine kleinen Vampire werden enttäuscht sein. Die Toten können sich nicht von den Toten ernähren... «
»Ghule können das. Sie ernähren sich von Toten.«
»Aber was ist ein Ghul, Animator? Ist er wirklich tot?«
»Ja.«
»Bin ich tot?«, fragte sie.
»Ja.«
»Sind Sie sicher?« Sie hatte
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