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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Markgrafenstraße. Überall rotierten Blaulichter. Vor dem Haus Nummer 17 war der Teufel los.
    Bens Magen knurrte, er hatte nicht gefrühstückt. Und in seinem Büro wurde gerade der Kaffee kalt, den er sich geholt hatte, bevor ihn Braunings Auftrag erreichte.
    Drei Grünweiße und einen Transit der Einsatzhundertschaft zählte Ben, dazu gleich zwei Krankenwagen. Alles parkte in zweiter Reihe, der Verkehr war ins Stocken geraten. Er näherte sich mit seinem Dienstwagen, soweit es ging, und hielt vor einer noch nicht zugestellten Garageneinfahrt. Um ihn herum ertönte ungeduldiges Hupen, Nachbarn lehnten sich aus ihren Fenstern, immer mehr Passanten blieben vor dem Haus stehen. Ben schälte sich aus dem Auto und vergrub seine Fäuste in den Taschen seiner Leinenhose.
    Der Uniformierte am Eingang erkannte ihn: »Zweiter Stock, Kollege. Du kannst es nicht verfehlen.«
    »Wollt ihr nicht eure Leuchtreklame ausmachen?«, antwortete Ben und wies auf die Grünweißen. Der Uniformierte grinste nur.
    Ben betrat ein düsteres, muffiges Treppenhaus. Zwei Sanitäter kamen ihm entgegen. Auf ihrer Bahre lag eine ältere Frau mit Kopftuch, blass, aber bei Bewusstsein. Oben standen Hausbewohner und versuchten, einen Blick durch die offene Wohnungstür zu werfen. Ein zweiter Uniformierter schirmte sie ab. Der K1-Beamte drängelte sich zu ihm durch.
    »Wer war das?«
    »Die Putzfrau. Türkin. Hat den Steifen entdeckt. Sieht nicht gut aus, da drin.«
    Ben duckte sich, als er seine einszweiundneunzig durch die Tür schob. In der Wohnung hing ein dünner Nebelschleier. Es roch verbrannt. Im Flur, in der Küche, überall fummelten die Jungs von der Kriminaltechnik. Ben bahnte sich den Weg ins Wohnzimmer. Hier dominierte der Geruch nach Blut. Jetzt verstand er, warum die Putzfrau einen Schock erlitten hatte. So etwas hatte auch er noch nie zuvor gesehen.
    Der Tote lag auf dem Rücken, fast die gesamte Vorderseite war rot. Er mochte etwa sechzig Jahre alt gewesen sein und unglaublich dick. Was Ben vor allem anderen so erschrecken ließ, war dessen Hals.
    Die Kehle des Mannes war eine einzige klaffende Wunde, quer durchs Doppelkinn von Ohr zu Ohr. Ein zweiter Mund, der hässlicher grinste, als es der erste jemals gekonnt hätte.
    Blutspritzer waren an den Wänden und sogar an der Decke, jede Menge Blut auf dem Teppichboden. Ein Kriminaltechniker kniete neben der Leiche. Zwei Weißkittel warteten mit ihrer Trage auf das Ende der ersten Leichenschau.
    Frank »Rottweiler« Brauning war auch schon da.
    »Ich hoffe, Sie haben schon gefrühstückt, Engel«, sagte Bens Chef und zeigte auf den Toten. »Der kriegt seinen fetten Arsch ohne fremde Hilfe nicht mehr hoch. Heinz Fabian, der Wohnungsinhaber. Feinkost-Fabian, Sie wissen schon. Muss irgendwann gestern Abend passiert sein.«
    Ben kramte in seinem Gedächtnis: Feinkost-Fabian – Fresstempel, Schickeria, Geld.
    Der Kriminaltechniker erhob sich und wischte sich die Hände ab. »Todesursache: Verblutung infolge einer Schnittverletzung im Halsbereich«, erklärte er.
    »So was Ähnliches hab ich mir fast gedacht«, höhnte Brauning.
    Der Kollege ließ sich nicht beirren. »Es war ein einziger Schnitt. Tatort und Fundort sind identisch. Es gibt keine Spuren eines vorherigen Kampfes, keine Abwehrverletzungen. Der Schnitt war alles.«
    »Danke«, sagte Ben und ging in die Küche, dem Rauch entgegen.
    Er quoll aus dem Herd, den noch immer niemand ausgeschaltet hatte. Ein Designerstück, das aussah wie ein Fernsehapparat. Ein makabres Programm, dachte Ben. Die Innenbeleuchtung ließ eine Schüssel mit verkohltem Inhalt erkennen. Die Arbeitsplatten ringsherum waren aus Edelstahl. Sie erinnerten Ben an die Obduktionstische im rechtsmedizinischen Institut, auf denen Fabian gleich landen würde. Fliegen kreisten um Teller und Schüsseln voller Lebensmittel – vertrocknete Fleischstücke, zerlaufene Butter, vergammelte Pilze. In der Spüle war Salat ertrunken, in einem Topf hatte Sauce eine Haut angesetzt. Dazwischen standen Flaschen mit edlen Etiketten. Wein, Öl, Aceto Balsamico. Zwei Uniformierte waren dabei, jede glatte Fläche in diesem Raum nach Fingerabdrücken abzusuchen.
    Ben stellte den Herd ab. Ein Schlachtfeld. Du machst ein Schlachtfeld aus deiner Küche, hatte eine Freundin einmal zu Ben gesagt, als er ein Essen für sie bereiten wollte, um die Risse in ihrer Beziehung zu kitten. Das Essen wurde ein Misserfolg.
    »Bist du verrückt? Hier wird nichts angefasst, solange wir nicht fertig

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