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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Sammlung geblättert, doch jedes Mal pochte sein Herz bereits auf der Hinfahrt vor lauter Vorfreude.
    Was für Heinz das Essen gewesen war und der Wein, war für ihn seine Sammlung.
    Leo Falk schloss die Tür auf. Kein anderer hatte einen Schlüssel dafür. Nicht einmal seine Frau ahnte, dass in der kleinen Kammer noch etwas anderes war als Rasenmäher, Werkzeug und ausrangierte Gartenmöbel.
    Wertvolleres. Aufregenderes.
    Es war kurz nach Tagesanbruch. Um diese Zeit begegneten ihm nur wenige Autos, und in der Schrebergartenkolonie war es vollkommen ruhig, menschenleer. Ohne Furcht vor Störung konnte er seine Sammlung genießen. Seine Frau hatte sich daran gewöhnt, dass er häufig hierherfuhr. Wie sich seine Frau doch irrte. Er kam nicht etwa hierher, um die Nachbarin beim Sonnenbaden zu beobachten. Das ließ ihn kalt. Er hatte seine geheime Sammlung.
    Im Sonnenlicht, das um diese Zeit noch fast waagerecht durchs Fenster fiel, tanzte der Staub. Seine Frau würde sich jetzt vielleicht gerade mal im Bett umdrehen und überlegen, ob sie aufstehen sollte. Bis sie mit Aufschnitt und Brötchen zum Frühstück angeradelt käme, hätte er nicht nur Kaffee gekocht und den Tisch gedeckt.
    Er schloss den Schrank auf. Die Tür knarrte. Von ganz unten zog er eine Kiste hervor. Die ältesten Exemplare seiner Sammlung. Pretiosen allerhöchsten Ranges. Sein Herz klopfte laut und heftig.
    Leo Falk rieb sich die Stelle, auf die Nora ihn am Vortag geschlagen hatte. In einem Anflug von falscher Sentimentalität hatte er sich bei ihr entschuldigen wollen. Nein, das hier war so erregend, so großartig, dass Kategorien wie Schuld eine vernachlässigenswerte Größe darstellten.
    Ächzend hob er die Kiste auf den Tisch. Sein Atem ging schwer. Er schlug den ersten Ordner auf. Im Sonnenlicht glänzte die Klarsichthülle. Vorsichtig zog er ein Foto heraus, das älteste seiner Sammlung. Es war etwas vergilbt, aber noch immer gestochen scharf.
    Damit hatte alles begonnen.
    Er spürte eine Erregung, die ihm seine Frau nie verschaffen konnte, auch nicht am Anfang ihrer Ehe. Das war seine geheime Passion.
    Es klopfte an der Tür. Verdammt, gerade jetzt.
    »Guten Morgen, Herr Nachbar!«
    Eine Stimme, die er nicht kannte. Es musste der neue Pächter von Parzelle 13 sein. Um diese frühe Zeit?
    »Wer ist da?«, rief Falk zurück. Hastig stellte er den Karton zurück und verschloss den Schrank.
    Es klopfte wieder.
    »Ja, ich komme schon! Einen Moment, bitte.«
    Er zog die Tür zur Gerätekammer zu, ordnete sein weißes Haar und trat zur Vordertür. Er schob den Riegel zurück. Mit einem Kreischen der Scharniere flog ihm die Tür entgegen.
    Im gleißenden Gegenlicht sah Falk nur die Umrisse einer Gestalt und langes, leuchtendes Haar. Falk wunderte sich über den Regenmantel, den der Eindringling trug. Seltsam, an diesem schönen, warmen Morgen.
    Der Angriff überraschte ihn. Leo Falk spürte einen schweren Schlag gegen seine Brust. Er taumelte zurück in den Raum. Ihm wurde heiß.
    Der Eindringling setzte nach und schlug noch einmal zu. Jetzt erst sah Falk die lange Klinge des Messers aufblitzen. Er blutete aus zwei tiefen Wunden. Er musste husten. Es rasselte bei jedem Versuch, Luft zu holen. Auf seiner Zunge hatte er den Geschmack von Eisen. Er sah die blonden Haare und dieses hassverzerrte Gesicht, doch ihm war, als entfernte sich die Welt von ihm. Ein Racheengel, dachte Falk. Die Strafe des Himmels für seine Leidenschaft.
    Der Eindringling stach noch einmal zu.
    LEICHTIGKEIT.
    Falk stürzte. Der vierte Stich traf endlich das Herz.
    LEERE.
    Die Blutlache um den Toten dehnte sich immer weiter aus.
    Der Eindringling wickelte das Messer in den Regenmantel und putzte sich die Schuhe ab.
    Ein weiterer Teil der Mission war erfüllt.
     
     
    45.
     
    Gnadenlos stach das Tageslicht in seine Augen. Er schloss sie wieder. Frische Luft drang in das Zimmer. Vogelgezwitscher. Er wollte seinen Kopf zum Wecker hin drehen, doch sein Schädel war voller Blei.
    Eine Stimme, wie das jüngste Gericht: »Steh auf, Tommi!«
    »Wie spät is's denn?«
    »Halb acht!«
    Mit einem Ruck kam Tom hoch. Das Blei schlug gegen die Schädeldecke. Dabei hatte er auf dem Sommerfest kaum etwas getrunken, und danach auch nicht mehr viel. »Warum hast du mich nicht geweckt?«
    »Hab ich doch. Du bist anscheinend wieder eingeschlafen.« Etwas Unbarmherziges klang in ihrer Stimme mit.
    Tom sprang hoch und ging zur Dusche. Jede Bewegung erzeugte einen schweren Elektroschock mitten im

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