Bittere Delikatessen
das er mit großem Ansehen bis vor zwei Jahren innehatte. »Die gesamte Stadt trauert mit der Witwe. Leo Falk hat sich in hohem Maße verdient gemacht«, erklärte Oberbürgermeisterin Seifert. Falk war nach dem Abschied von der Politik noch in zahlreichen Brauchtumsvereinen aktiv gewesen.
Blitz, 29. Juni, Seite 1:
XAVER, HÖR AUF!
DER SAHARA-SOMMER MACHT UNS VERRÜCKT
Puuuh! Es ist so heiß wie auf einem Kamel in der Wüste. Das ist der Sahara-Sommer. Die ganze Stadt im Hitzekoller! Alle drehen durch. Auf den Rheinwiesen: Spontandemonstration unter der Sprenganlage. Angestellte des Regierungspräsidenten forderten Hitzezuschlag: »Nieder mit der Hitze, ich will nicht, dass ich schwitze!« Im Hafen: ein Bauarbeiter raubte einer Rentnerin den Sonnenschirm, schrie: »Ich brauche Schatten, die Hitze macht mich verrückt!« Über die Kö radelten zwei nackte Männer. Die Passanten nahmen es gelassen hin. In der Uniklinik verlangte ein Student: »Kastriert mich! Die Frauen sind so leicht bekleidet, ich muss ständig an Sex denken!« Die ganze Stadt im Sommer-Wahn. Xaver (so heißt das irre Hoch), hab Erbarmen!
Blitz, Innenteil, Rubrik »Watzmannhaus intim«:
NORA FABIAN: NERVENZUSAMMENBRUCH
KRACH UM MARTIN VONDERMÜHLE
Von Alex Vogel. Nach dem Wetter-Desaster in den Alpen nun Sturm und Donner hinter den Kulissen von Pro-Sat. Zoff um Oscarpreisträger Martin Vondermühle, 61 (»Tod im Hotel«). Der in Malibu, Kalifornien, lebende Filmstar (Foto) soll höchste Einschaltquoten garantieren. Der Sendetermin steht schon fest (1. Weihnachtstag), doch Nora Fabian will offensichtlich Vondermühle verhindern – Rivalität um die Zuschauergunst? Krisensitzung gestern Nachmittag im Büro von Programmdirektor Marco Gladisch. Danach sagte die Fabian einen Drehtermin ab. Man munkelt Nervenzusammenbruch. Offensichtlich hat »Napoleon« Gladisch sich gegen seine Diva durchgesetzt. Bereits heute soll Filmstar und Frauenliebling Vondermühle am Rhein eintreffen.
61.
Immer wieder hatte Tom in dieser Nacht mit Gedanken an Sonntag und Engel, an das K1 und an Brauning wach gelegen. Als er gegen Morgen endlich in Tiefschlaf gefallen war, weckte ihn Tobis Geschrei.
Gabi ging den Kleinen stillen. Als sie zurückkam, begann sie, Tom auf den Leib zu rücken.
Tom war müde. Er hatte gelesen, dass Mütter nach der Geburt des Kindes die Lust am Sex verlören. Seine Frau schien eine Ausnahme zu sein. Tom tat, als würde er noch schlafen. Erfolglos.
»Weißt du, dass wir schon ewig nicht mehr miteinander geschlafen haben?«, fragte Gabi.
»Hm.«
»Die durchschnittliche Koitusfrequenz deutscher Paare liegt bei zweimal die Woche, stand neulich im Blitz. Da liegen wir zurzeit drunter, du Sexmuffel!«
Auch das noch. »Aha.«
»In Deutschland droht der Untergang der Erotik, haben sie geschrieben. Bei uns ist er schon Tatsache.« Ihre Hand lag auf seiner Brust und begann sich unter die Pyjamajacke zu schieben. Er drehte sich auf die Seite und wandte ihr den Rücken zu.
Vielleicht hatte jeder Mensch nur einen bestimmten Vorrat an Lust auf seinen Partner. Vielleicht war sein Vorrat für Gabi schon aufgebraucht.
Sie ließ nicht locker. »Schatz, wir sollten wirklich mal ernsthaft darüber reden.« Die Wir-müssen-das-ausdiskutieren-Arie. Ihm blieb nichts erspart.
»Nicht jetzt, ich bin noch zu müde.«
»Dann heute Abend!«
»Da bin ich auch zu müde.«
Schweigen.
Er hörte dem Vogelgezwitscher zu, das von draußen ins Schlafzimmer drang, und dem beginnenden Straßenverkehr. Er wusste, sie würde gleich wieder davon anfangen. Dabei war es höchstens sechs Uhr. Er könnte noch so schön schlafen.
»Bin ich dir langweilig geworden?«, fragte Gabi.
Er spürte, wie sie sich gegen seinen Rücken schmiegte. Ihr Becken an seinem Hintern.
»Soll ich vielleicht etwas an meinem Typ tun? Vielleicht eine neue Frisur? Oder sollten wir mal etwas Neues ausprobieren? Willst du, dass ich mir Reizwäsche kaufe? Würde dich das auf Touren bringen?«
Ihre Hand schob sich über seinen Schenkel. »Sag mir, was dir Spaß machen würde! Sag mir, was du dir wünschst!«
Ihre Finger glitten unter seinen Hosenbund. Erregende Gedanken gingen Tom plötzlich durch den Kopf. »Soll ich's dir wirklich sagen? Ganz ehrlich?«
»Ja«, hauchte sie. »Bitte!«
Ihre Zunge arbeitete an seinem Ohr, ihre Hand in seiner Hose.
»In meiner Fantasie stelle ich mir manchmal vor, dass du dich rasieren und dass du kleine Ringe an den
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