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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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über die Schulter gehängt. Er wirkte zerzaust, wie ein Büroangestellter, der den letzten Zug nach Hause verpaßt hatte. Ein ziemlicher Fauxpas für jemanden, der sonst so viel auf sein Äußeres hielt.
    »Richard.« Ich fiel ihm in die Arme, aber er schüttelte mich ab.
    »Du bist ja völlig verschwitzt!« Richard griff zu der Dose Georgia Coffee, die er gerade aufgemacht hatte, trank einen Schluck und starrte mich argwöhnisch an.
    »Ist der Kaffee warm?« fragte ich
    »Mm. Ist aus dem Automaten im Flur. Willst du auch welchen?«
    »Ich hab’ kein Geld dabei. Bin gerade beim Joggen.« Ich drehte die Taschen meiner Shorts nach außen, um es ihm zu beweisen.
    »Schon gut, schon gut, ich geb dir einen aus. Ich schulde dir sowieso noch was für den letzten Caipirinha im Salsa Salsa.«
    »Danke«, sagte ich, nahm den Kaffee und ließ mich auf den Boden sinken, weil ich keine Schweißflecken auf den Bürostühlen hinterlassen wollte. »Ich muß mich bei dir entschuldigen. Ich hätte nie gedacht, daß es so schlimm werden würde und du im Büro schlafen müßtest, um dich vor Che Fujisawa zu verstecken.«
    »Dem ist nicht so.« Er gähnte. Dabei kam ein Zungenpiercing zum Vorschein, von dem ich gedacht hatte, daß er es schon längst nicht mehr trug. »Ich will nur Enrique aus dem Weg gehen. Er ist bei mir eingezogen und macht mich allmählich wahnsinnig.«
    »Das heißt, du hast keine Probleme mit Che?«
    »Nein. An der Front gibt’s keine Schwierigkeiten. Es ist sogar ziemlich aufregend. Allerdings war dein Überfall an der U-Bahn-Station ziemlich blöd. Du hättest mich fast auffliegen lassen!«
    »Tut mir leid. Von hinten sieht Che Enrique ziemlich ähnlich.«
    »Ich will kein Wort mehr über Enrique hören, verstanden?« herrschte Richard mich an.
    »Aber du hast doch gesagt, daß du ihn liebst!«
    »Wir haben uns gestritten«, sagte Richard. »Enrique ist der Meinung, daß ich mich zu sehr für Stop Killing Flowers engagiere. Er würde lieber tanzen gehen, als Leben zu retten.«
    Ich sah Richard erstaunt an. Wollte er sich über mich lustig machen? »Na schön, ich nehme den Namen nicht mehr in den Mund. Erzähl mir einfach, was bei Stop Killing Flowers los ist.«
    »Sie reden die meiste Zeit Spanisch, das macht die Sache schwierig. Aber nach allem, was Che mir auf japanisch gesagt hat, wird sich bald was wirklich Wichtiges tun. Etwas, das zu dieser Jahreszeit garantiert Schlagzeilen macht.« Richard schwieg eine Weile, um mich weiter auf die Folter zu spannen.
    »Du meinst wegen der Kirschblüte?«
    »Genau.«
    »Ich bin grundsätzlich auf der Seite der Blumenarbeiter. Ich hoffe nur, daß Che nichts zu Extremes vorhat.«
    Richard hob die Augenbrauen. »Nun, die Demonstrationen in letzter Zeit haben auch schon Aufmerksamkeit in der Presse erregt, aber die Importe sind nicht eingestellt worden. Also wird’s diesmal was Größeres. Das kommt in die Sonntagabendnachrichten, da bin ich mir sicher.«
    »Die Polizei sollte davon erfahren. Wenn Lieutenant Hata in der Nähe wäre, könnten wir sichergehen, daß dir nichts passiert und du nicht festgenommen wirst …« Ich war so aufgeregt, daß mir die Kaffeedose von dem Knie rutschte, auf dem ich sie balanciert hatte, und sich eine hellbraune Pfütze auf dem Boden ausbreitete.
    »Halt du dich da raus.« Richard nahm einen Stapel Papiertaschentücher und drückte ihn auf den Teppichboden. »Daß du mich immer bemuttern mußt! Ich hätte dir’s ja erzählt, aber jetzt, wo du deinen Lieblingspolizisten in die Sache mit reinziehen willst, mag ich nicht mehr.«
    Bemuttern! Das war wirklich eine Unverschämtheit. Ich mußte mich zusammenreißen, um nicht laut zu werden. »Vielleicht solltest du dir mal überlegen, daß deine neuen Freunde möglicherweise diejenigen sind, die vorgestern nacht beinahe Mr. Ishida und Takeo umgebracht hätten. Oder hast du am Schluß selber mitgemacht? Wirklich toll. Bist du vom Englischlehrer zum gedungenen Mörder avanciert?«
    »Wir haben von dem Unfall gehört, aber wir waren es nicht. Che hat mir gestern abend davon erzählt. Wieso sollten wir jemanden verletzen wollen, der die Gruppe unterstützt?« fragte Richard.
    »Heißt das, daß Takeo die Gruppe wirklich unterstützt?«
    »Nun, er hat ein paar Dollar gespendet, aber selber will er nicht mitmachen. Che hat mir gesagt, Takeo kann nicht, weil er auf seine Familie Rücksicht nehmen muß.«
    Ich fragte Richard, ob Takeo Kayama auch an der Sache am Sonntag teilnehmen

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