Bittere Sünde (German Edition)
werden. Er sammelte sich und stemmte sich mit all seiner Kraft gegen die Fesseln. Der folgende Schmerz war so durchdringend, dass ihm schwarz vor Augen wurde. Es half nichts. Mit großer Mühe versuchte er, in dieser schrecklichen Haltung seine Muskeln zu entspannen, dennoch bekam er schon Krämpfe in den Oberschenkeln und stöhnte gequält.
Dann rief er laut um Hilfe, dabei wusste er, dass niemand ihn hören konnte. Niemand, der ihm Gutes wollte.
129
Arne Norman blätterte ein paar Seiten in den Aufzeichnungen zurück. Ihm stand vor Verwunderung der Mund offen.
»Wie du siehst«, sagte Roger, »hat die Frau, der die Hütte in Brottby gehört, eine Hüftprothese von Exeter, und zwar exakt das Modell, das wir in der Frauenleiche von Flaxenvik gefunden haben.« Rote Flecken zierten bereits Rogers Hals und arbeiteten sich langsam zu seinem Gesicht vor.
»Können wir nachweisen, dass es sich um dieselbe Person handelt?«, fragte Arne.
Roger schüttelte müde den Kopf. »Noch nicht, das wird eine Weile dauern.«
»Und die Zeit haben wir nicht, wir haben es jetzt mit einem Polizistenmörder zu tun.« Arne ließ sich gegen die Lehne seines Schreibtischstuhls fallen.
Roger sah ernst aus. »Aber ich gehe davon aus, dass sie das unbekannte Opfer ist.«
»Wie heißt sie?«
»Rigmor Metzén. Und hör dir das mal an: Vor ein paar Wochen wurde sie aus dem Pflegeheim entlassen, in dem sie untergebracht war. Ihr Sohn, der sechsunddreißigjährige Stefan Metzén, hat sie zu sich nach Hause geholt, um sich um sie zu kümmern.«
Arne pfiff durch die Zähne.
»Ganz genau, das ist nämlich ziemlich ungewöhnlich. Besonders, weil die Dame Alzheimer hat.«
»Okay, treib mir den Sohn so schnell wie möglich auf, der muss dringend verhört werden. Und tu mir bitte noch einen Gefallen, sorg dafür, dass Magnus Kalo endlich seinen Arsch herbewegt.«
Roger steuerte die Tür an. Er war dankbar darüber, dass Metzén ein so ungewöhnlicher Name war. Das vereinfachte die Suche nach Verwandten ungemein. Er rief bei der Auskunft an und bekam sofort die Nummer einer Anna Metzén, wohnhaft in Bromma.
130
Ein sonderbares Wimmern schräg hinter ihm weckte seine Aufmerksamkeit. Magnus rollte sich mühsam und unter Schmerzen auf die andere Seite. Nur spärliches Mondlicht fiel ins Zimmer, da seine Augen sich aber an die schummrigen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, dauerte es nicht lange, bis er eine Silhouette auf dem Sofa ausmachen konnte. Dem Geräusch nach zu urteilen, handelte es sich um eine Frau – Annika, schätzte Magnus. Im Gegensatz zu ihm war sie wohl nicht gefesselt und schlummerte unter einer warmen Decke, die bis zum Kinn hochgezogen war. Dennoch schien sie schlecht zu träumen, sie warf sich ständig hin und her, aber davon abgesehen wirkte sie unversehrt.
Magnus wusste nicht, was er tun sollte. War Annika freiwillig hereingekommen und hatte sich dort hingelegt? Und seit wann? War sie Freund oder Feind? Sein Gedankengang wurde von Schritten unterbrochen, die sich schnell näherten.
»Du und ich, wir machen gleich eine kleine Reise.« Die helle Stimme schnitt durch die Dunkelheit.
Als der Mann ein Stück in das Wohnzimmer gekommen war, konnte Magnus ihn deutlich erkennen. Er hielt etwas in der Hand.
»Was haben Sie da?«, fragte er.
Der Mann kicherte böse. »Etwas für dich und etwas für meine Liebste. Damit ihr beide gut schlaft.«
»Wieso tun Sie das?« Langsam ergriff Magnus wieder die Panik.
»Du hättest dich eben nicht in meiner Scheune blicken lassen sollen … oder bei Gunvor«, antwortete er. In seinen Augen lag blanker Hass.
Dann beugte er sich lächelnd über Magnus, sein Blick nun vernebelt. Er kam Magnus dabei so nah, dass dieser ihn riechen konnte. Steril und süßlich, wie eine Mischung aus Krankenhaus und Bonbonladen.
»Wenn du das nächste Mal aufwachst, siehst du, wo ich aufgewachsen bin. Aber mach dir nichts draus, mittlerweile führe ich ein gutes Leben. Ein richtig gutes.«
Der Mann hielt die Spritze hoch.
»Warten Sie! Tun Sie’s nicht!« Magnus’ Stimme verriet mehr von seiner Angst, als er beabsichtigt hatte. Er wollte an die Vernunft des Mannes appellieren, dabei wusste er ganz genau, dass auch das nichts nutzen würde.
Die Todesangst trieb ihm Tränen in die Augen, und als der Mann ihm die Spritze an den Hals setzte, hob Magnus zu einem letzten Gebet an. Doch der Stich blieb aus. Das Geräusch eines Automotors lockte den Mann verwundert ans Fenster.
»Hilfe! Hilfe!« Magnus
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