Bittere Sünde (German Edition)
hier noch frei, hatte er gefragt, und dann hatte sie für einen Moment in die fantastischsten grünen Augen geschaut, die sie je gesehen hatte. Im gleichen Moment war ihr klar geworden, dass dies der Mensch war, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen würde. Sie war von seinen grünen Augen so fasziniert gewesen, dass fast zehn Minuten vergangen waren, ehe ihr seine bandagierte Hand auffiel. Er hatte sie sich bei einem Hallenhockeyspiel mit Kollegen angebrochen.
Am darauffolgenden Tag hatte er vor ihrer Tür gestanden und geklingelt, und wenige Minuten später fanden sie sich nackt und eng umschlungen zwischen lehmigen Stiefeln und alten Turnschuhen auf dem Fußboden wieder. Es war Leidenschaft in ihrer reinsten Form, daran bestand kein Zweifel.
Nach ein paar Monaten waren sie zusammengezogen und selbst jetzt, nach drei Jahren mit zwei kleinen Kindern und permanentem Schlafmangel, lief es immer noch gut. Vielleicht nicht mehr ganz so leidenschaftlich wie am Anfang, aber sie liebte ihn unvermindert. Wenngleich er ihr manchmal wahnsinnig auf die Nerven gehen konnte, weil er so langsam war. In solchen Momenten war sie kurz davor, alles hinzuschmeißen und abzuhauen, um dann das zu tun, wovon sie einmal geträumt hatte: durch Indien zu reisen beispielsweise oder in Afrika mit Löwen zu arbeiten. Ihr hatten alle Möglichkeiten offengestanden, das Leben hätte sie überall hinführen können. Und doch hatte sie sich für den sicheren Weg entschieden, wohl, weil sie im Innersten wusste, dass sie Sicherheit am nötigsten brauchte.
11
»Wie idyllisch.« Roger wies mit dem Kinn auf ein paar braune Islandpferde, die gemächlich auf einer Weide grasten. Grün bewachsene, sanfte Hügel erstreckten sich bis zum Waldrand. Die weiche Abendsonne verlieh der Landschaft etwas Märchenhaftes. Sie waren mit ihrem weißen Toyota gerade vom Margretelundsvägen abgebogen und steuerten nun in Richtung Meer auf Flaxenvik zu.
Ab und an tauchten Ferienhäuser und kleinere Siedlungen auf, doch die meisten Grundstücke lagen so einsam, dass man dort völlig ungestört nackt tanzen konnte, wenn man das wollte.
»Ich könnte hier nicht wohnen. Ich würde das nicht aushalten, so weit weg von allem zu sein«, sagte Magnus.
»Ich schon, aber nicht allein.« Roger verkniff sich alles Weitere. Sein größter Traum war es, eine eigene Familie zu haben. Doch allmählich musste er sich wohl von diesem Gedanken verabschieden. Er war vor Kurzem fünfundvierzig geworden und von einer festen Beziehung meilenweit entfernt, von Kindern ganz zu schweigen.
Magnus sagte nichts dazu. Er steckte sich eine Portion Kautabak in den Mund und drehte das Radio lauter. Eigentlich müssten sie bald da sein.
In dem Moment, in dem Magnus dieser Gedanke kam, deutete Roger zu einem Hügel vor ihnen, auf dem eine Scheune und ein rotes Wohnhaus standen. »Könnte das der ehemalige Hof der Berggrens sein?«
»Das muss er sogar sein, er soll gleich an der Bucht liegen.«
»Ja, das ist wirklich mal eine Traumlage!«, entfuhr es Roger mit einer Spur von Neid.
»Stimmt, das Grundstück wird ordentlich was wert sein. Komisch, dass sie es nicht verkaufen, wenn sie es selbst nicht nutzen.«
»Wie heißen die Besitzer noch mal?«
»Eva und Per Boström, arbeiten beide als Zahnärzte in Vaxholm. Laut Ehefrau waren sie seit ein paar Jahren nicht hier. Ursprünglich wollten sie alles renovieren, aber dazu ist es ganz offensichtlich bisher nicht gekommen.«
Die Reifen schleuderten Kies auf, während sie die Auffahrt hinauffuhren. Das Haus war massiv gebaut, befand sich aber in einem beklagenswerten Zustand. Die Scheiben der Sprossenfenster waren gesprungen, und die grüne Haustür schlug in der schwachen Meeresbrise.
Roger konnte nur den Kopf schütteln. »Das hat doch unglaubliches Potenzial. Wieso lassen sie das alles einfach verfallen?«
»Keine Ahnung. Eva Boström hat gesagt, dass sie viel zu tun haben, vermutlich hatten sie einfach nicht die nötige Zeit.«
»Idioten«, murmelte Roger wütend, öffnete die Autotür und stieg aus.
Auch Magnus verließ den Wagen und fragte sich dabei, wieso sie eigentlich herkommen waren. Seit der Hund misshandelt und getötet worden war, waren Jahrzehnte vergangen. Zweifelsohne hatte die Quälerei hier stattgefunden und wies Ähnlichkeiten mit der Art von Folter auf, die Erik Berggren erlitten hatte, trotzdem würden sie hier und jetzt nichts Beweiskräftiges mehr finden, das musste doch jedem klar sein. Noch dazu hatte das Haus
Weitere Kostenlose Bücher