Bittere Sünde (German Edition)
seit vielen Jahren andere Besitzer.
Roger hingegen wirkte wie verzaubert vom Potenzial des Hauses. Er drückte die Spitze seines Taschenmessers in einen der Fensterrahmen. »So gutes Holz bekommt man heutzutage gar nicht mehr.«
»Sollen wir zuerst einen Blick in die Scheune werfen, ehe es richtig dunkel ist?«, fragte Magnus.
»Sicher.« Widerwillig riss sich Roger von seinem Traumhaus los, und sie überquerten zusammen den kiesbedeckten Hof. Dünne Strahlen des letzten Tageslichts drangen in die Scheune, sodass man ein paar verkommene Pferdeboxen erkennen konnte, an denen auch noch einige Gegenstände hingen, vermutlich Zaumzeug und dergleichen. Sie machten ein paar Schritte in die Dunkelheit. Der Boden war nicht befestigt, sondern blanke Erde. Entlang der Wände standen alte Blecheimer und ein schmutziger Sprossenstuhl. In einer Ecke befand sich ein großer Haufen nicht mehr wirklich frischen Heus.
Roger senkte die Stimme: »Hast du eine Taschenlampe dabei? Es ist so verdammt dunkel.«
Magnus schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich hab eine am Handy …«
Umständlich fischte er sein Telefon aus der Tasche, doch als das Licht anging, gab das Gerät einen lauten Piepton von sich und erlosch daraufhin komplett.
»Verdammt, der Akku ist leer.«
»Ach, scheiß drauf. Wir haben hier wahrscheinlich eh alles gesehen, was es zu sehen gibt. Dann gehen wir jetzt ins Haus.« Roger wollte so schnell wie möglich dieses feuchte, dunkle Gebäude verlassen. Beide wandten sich zum Gehen, als etwas hinter ihnen raschelte.
»Was war das?« Roger fuhr herum und blinzelte Richtung Heuhaufen.
»Was denn?«
»Ich habe etwas im Heu gehört«, flüsterte er kaum hörbar.
»Das war sicher nur ’ne Ratte, die sitzen gern im Heu.«
Magnus hockte sich langsam hin, schnappte sich einen Stein, stand wieder auf und warf ihn mit Schwung gegen die Scheunenwand hinter dem Haufen.
Das dumpfe Aufprallgeräusch scheuchte tatsächlich eine Ratte auf, die an der Wand entlangflitzte und hinter einem der Eimer verschwand.
Roger lachte verlegen. »Scheiße, Kalo, ich hatte fast Schiss. Ich hätte schwören können, da liegt jemand im Stroh.«
Magnus grinste. »Dabei war’s bloß eine eklige kleine Ratte.«
Als sie wieder auf den Kies hinaustraten, war es fast ganz dunkel. Da sie aber noch einen Blick in das Haus werfen wollten, bevor sie sich auf den Rückweg machten, hasteten sie schnell hinüber. Keiner der beiden bemerkte, dass sich hinter ihnen langsam eine Gestalt aus dem Heu erhoben hatte und sie mit hasserfülltem Blick durch einen Spalt in der Scheunenwand ganz genau beobachtete.
Magnus fuhr mit der Hand über den alten Holzherd. Dieses verrostete Teil war so ziemlich das Einzige, was darauf hindeutete, dass hier mal jemand gewohnt hatte. Denn außer einem Küchenschrank gab es kein weiteres Möbelstück. Ein wenig erinnerte ihn der Schnitt an das Haus, in dem er selbst aufgewachsen war. Sein Zuhause war allerdings wesentlich größer und gemütlicher gewesen.
Er warf einen Blick zu Roger hinüber, der nachdenklich über den knarrenden Holzfußboden schritt. Der Wohnbereich bestand aus der Küche und einer angrenzenden Kammer. Die Tapeten lösten sich von den Wänden. Es war deutlich zu erkennen, dass hier nichts gemacht worden war, seit Familie Berggren in den Neunzigern weggezogen war.
Magnus steuerte auf die Eingangstür zu. »Komm, wir gehen. Hier gibt es ja doch nichts zu sehen.«
Es war fast sieben Uhr, und Linn sollte die Kinder nicht allein zu Bett bringen müssen. Und wenn er doch zu spät kam, konnte er ihnen wenigstens noch ihre Medizin geben, bevor sie einschliefen.
»Warte, mir kommt das irgendwie komisch vor.« Roger ließ noch einmal den Blick durch das Zimmer schweifen.
Magnus schaute ihn verwundert an. »Was denn? Ich sehe nichts.«
»Na, sieh dir doch mal den Dreck auf dem Boden an, Magnus. Hier ist jemand drübergelaufen.«
»Ja, wir«, kommentierte Magnus ungeduldig.
Roger biss sich auf die Lippe. »Vielleicht.«
Als sie sich längst auf der Autobahn Richtung Stadt befanden, wandte Magnus sich an Roger. »Vielleicht sollten wir uns auch morgen treffen, damit wir in dieser Sache mal etwas vorankommen.«
Roger sah leicht erschüttert aus. »Aber morgen ist Samstag.«
»Schon klar, aber wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen die Zeugenaussagen durchgehen. Genauso die Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchung. Wer immer Erik und Gunvor das angetan hat, macht sich sicher kein schönes
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