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Bittere Sünde (German Edition)

Bittere Sünde (German Edition)

Titel: Bittere Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Roll
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furchtbar.«
    »Ja.«
    »Gunvors Zimmer liegt im zweiten Stock. Sie sieht sicher gerade fern. Sie sollten wissen, dass Frau Berggren dement ist. Es kann also sein, dass Sie Ihnen nicht folgen kann …« Lise legte eine Pause ein, als müsse sie Anlauf nehmen, um die schwierige Frage stellen zu können: »Müssen Sie es ihr wirklich erzählen? Sie hat nicht mehr lange, wissen Sie …«
    Magnus machte ein entschuldigendes Gesicht. »Leider muss ich die Familie unterrichten.«
    Lises Mundwinkel zogen sich nach unten. »Das ist bedauerlich«, sagte sie kurz.
    »Ja, tut mir leid.«
    »Zimmer vierzehn. Sagen Sie mir bitte Bescheid, bevor Sie gehen? Ich würde gern nach ihr sehen, vielleicht braucht sie ja jemanden, der sich um sie kümmert, nach dieser Nachricht.«
    »Das mache ich selbstverständlich.« Magnus war bereits auf dem Weg zum Aufzug. Er wollte das Ganze so schnell wie möglich hinter sich bringen.
    Gunvors Zimmer befand sich am hinteren Ende des Korridors im zweiten Stock. Magnus klopfte leise an die Tür. Da auf das Klopfen keine Reaktion folgte, öffnete er die Tür einen Spaltbreit.
    »Frau Berggren, hallo?«, sagte er vorsichtig.
    Keine Antwort. Magnus schob die Tür nun ganz auf und ging hinein. Der saure Geruch von alten, staubigen Möbeln und Urin schlug ihm entgegen, gemischt mit einer Spur dieses süßen, sterilen Aromas, das in Pflegeheimen vorherrschte und das er so leidenschaftlich hasste. Er versuchte, den Atem anzuhalten. Die Jalousien waren heruntergelassen, und abgesehen von dem blauen Flimmern des Fernsehers, in dem gerade Werbung für Hautlotion lief, war es dunkel im Zimmer. Der Fernsehsessel stand mit der Rückenlehne zu ihm, vorn erkannte er ein Paar Füße, die in Stützstrümpfen stecken. Für einen kurzen Moment dachte er, dass auch Gunvor Berggren tot war, doch dann hörte er sie leise rasselnd atmen. Er machte ein paar Schritte auf sie zu.
    »Guten Tag, Frau Berggren. Mein Name ist Magnus Kalo, ich bin von der Kripo …« Er blieb wie angewurzelt stehen, verstand nicht, was er da sah. Die Frau, die ihn ausdruckslos anstarrte, hatte rote Flecken im Gesicht und ihr gesamter Unterleib war nichts als ein wirres Durcheinander aus rohem Fleisch. Gunvor sah ihn an. In ihrem Blick lag kein Schmerz, sondern nur Leere und Unverständnis.
    Magnus wollte sich der Magen umdrehen. Er nahm Gunvors zarten Körper in die Arme und schrie. Seine Stimme klang heiser und schwach, trotzdem kam Hilfe.

Freitag, 17. Oktober

6
    »Mama!«
    Moa tobte in ihrem Bett und schrie. Aufhören würde sie damit erst, wenn es Frühstück gab. Insofern hatte sich der Rest der Familie schon von dem Gedanken verabschiedet, an diesem Morgen noch mal ein Auge zumachen zu können.
    Mühsam wälzte Linn sich auf die andere Seite des Bettes und stupste Magnus fordernd an.
    »Geh du«, murmelte sie. »Ich bin heute Nacht schon vier Mal aufgestanden.«
    »Aber ich hab doch gestern …«, protestierte Magnus.
    Linn drehte sich um und zog sich die Decke über den Kopf.
    »Maaaamaaa!«
    Magnus quälte sich aus dem Bett. Eigentlich wechselten sie sich nachts ab, trotzdem musste Linn meist doch noch aufstehen, weil weder Moa noch Elin mit ihm Vorlieb nehmen wollten, wenn sie nachts riefen. Und obwohl er sich große Mühe gab, endeten seine Versuche immer so, dass die Kinder wie die Wahnsinnigen schrien, bis Linn endlich kam.
    Moa setzte sich blitzschnell im Bett auf, als Magnus ihr Zimmer betrat, und starrte ihn sauer an.
    »Ich will, dass Mama kommt. Nur Mama!«
    Magnus legte die Stirn in tiefe Falten und seufzte. Wegen des Kribbelns in den Beinen hatte er die halbe Nacht wach gelegen, und er fühlte sich unendlich müde. Sein großer Körper schien schwerer zu sein als sonst. Das Gefühl, als würden Tausende Ameisen unter seiner Haut hin- und hersprinten, brachte ihn noch um den Verstand. Linn hatte er davon allerdings noch nichts erzählt, weil er ziemlich genau wusste, was als Nächstes passieren würde: Sie würde sich sofort an den Rechner setzen und eine Unzahl mysteriöser Krankheitsbilder ausfindig machen, die zu seinen Symptomen passten. Und dann würde sie ihn mit ihrem Gerede so lange verrückt machen, bis er sich endlich einen Termin beim Arzt holte. Nein, es war besser, den Mund zu halten, und eigentlich machte er sich auch keine allzu großen Sorgen deswegen. Er war ja erst fünfunddreißig und gut in Form. Was immer das war, es würde vermutlich von allein vorbeigehen.
    »Mama schläft. Die muss schließlich auch mal

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