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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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für Malatesta, ausschließlich Rebsorten anzubauen, für die der Boden auch geeignet war. Die Bestockungsdichte habe er erhöht, aber die Erntemenge verkleinert und den Blattschnitt intensiviert. Dadurch trockne der Wind die Blätterwand und beuge dem Pilzbefall vor. Außerdem helfe die Thermik am Hang dabei.
    Frank fragte sich, wie er das fotografisch ausdrücken könnte, als Malatesta plötzlich zu Scudiere sagte: «Eben hat wieder dieser unangenehme Mensch von der Immobilienfirma angerufen. Der nervt mich seit Tagen ...»
    «Davon hast du mir gar nichts erzählt.»
    «Ich hielt es für unwichtig. Aber jetzt nervt es, terribilmente. Alle zwei Tage rufen die an, obwohl ich sofort klar gemacht habe, dass ich nicht verkaufe, nur über meine Leiche. Und der Kerl hat gelacht, eine Unverschämtheit.»
    «Welcher Makler war das?»
    «Vignabella oder Terrabella, ein gewisser Filippi, aus Colle Val d’Elsa. Ich wusste nicht, dass es da eine Immobilienfirma gibt.»
    «Hat er einen Preis genannt?»
    Frank hörte, wie Malatesta ja sagte, als er sich entfernte, um den Winzer zusammen mit dem Berater zu fotografieren. Auch die Höhe des Preises bekam er noch mit: Hunderttausend Euro je Hektar – ein Wahnsinn für hundert mal hundert Meter. Malatesta besaß zwanzig Hektar. Da wollte jemand tatsächlich zwei Millionen für das bisschen Rebland ausgeben. Wie viel Wein musste man produzieren, um das einzuspielen? Frank stutzte. Hatte nicht gestern – genau, Giacomo Paese, auch er hatte von einem Käufer gesprochen. Ach, was ging es ihn an, ob sie ihre Weinberge verkauften oder nicht? Er musste Bilder verkaufen und sie dazu erst einmal machen.
    Eine halbe Stunde später war das geschafft, und er schleppte die Ausrüstung den Berg hinauf zum Wohnhaus. Was ihm von außen als Bollwerk erschienen war, entpuppte sich von innen als herrschaftlicher Sitz mit hohen Räumen und kostbaren alten Möbeln. Reich verzierte Balken trugen die Decken, dicke Teppiche bedeckten glänzende Terrakottafliesen. Die schmiedeeisernen Kandelaber waren antik, genau wie die vergoldeten Bilderrahmen der Gemälde in den Wohnräumen.
    Ein Hausmädchen wies Frank den Weg zur Küche, wo ihn die Köchin und Signora Malatesta erwarteten. Die Frau des Winzers war eine kleine, lebhafte Person, bei der niemand auf den Gedanken kam, dass sie im Schatten ihres Mannes verkümmern könnte. Wie alle Frauen, die Frank im Chianti getroffen hatte und die auf dem Lande lebten, gehörte sie zum handfesten Typ und verfügte über eine gehörige Portion Charme. Das waren nicht die abgedrehten Frauen Fellinis oder die zickigen Partnerinnen von Marcello Mastroianni.
    Der Tisch in der Mitte der Küche war für vier Personen gedeckt, fasziniert betrachtete Frank das Arrangement und griff sofort wieder nach der Kamera. Vor ihm lag alles, was die Fattoria produzierte: mehrere Sorten Oliven, winzige eingelegte Tomaten und Paprika, gebackene und mit Käse bestreute Auberginenscheiben, Käse von Ziegen, Schafen und Kühen, kaltes Rebhuhn in Aspik, Pasteten sowie Würste, die Frank nicht zu benennen wusste und die ihn an die Auslage des Lebensmittelladens in Castellina erinnerten. Und die Köchin bereitete zusätzlich ein Souffle mit Waldpilzen.
    Ich werde mich zurückhalten, beschloss Frank, ich werde dick und bin nicht mehr beweglich. Aber als alle anderen zulangten, war der Vorsatz vergessen, besonders als der Chianti vom vorherigen Jahr und ein frischer, weicher Vermentino auf den Tisch kamen, den Malatesta nur für sich und Freunde kelterte.
    Signora Malatesta wandte sich an Frank: «Wenn Sie hier überall herumkommen, haben Sie bestimmt gehört, dass ein Winzer und sein Sohn verschwunden sind.»
    Frank nickte, kaute weiter und war um einen gleichgültigen Gesichtsausdruck bemüht.
    Die Signora versuchte ihr Glück bei Scudiere, sie schien ernstlich besorgt. «Hast du was in Erfahrung bringen können, Stefano?»
    «Nichts, keine Spur, eigentlich ein Unding, dass heutzutage zwei Menschen spurlos verschwinden. Montag ist er zuletzt gesehen worden, heute ist Donnerstag. Wir haben überall herumgefragt, Suchmeldung im Radio, das Consorzio hat an alle Winzer E-Mails mit Fotos verschickt, und auf der Azienda haben sie seinen Hund in jeden Winkel gehetzt – der hätte ihn gefunden. Heute soll eine Hundertschaft Polizeischüler aus Florenz die Gegend absuchen, den Wald ...»
    Scudiere schüttelte den Kopf, dann sah er Frank lange und eindringlich an, für seinen Geschmack zu eindringlich.

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