Bitterer Jasmin
noch eine Hand im Türspalt erscheinen, bevor sie sich auf Peters warf. Resnais Granate explodierte gleich nach ihrer, die Gewalt der Explosion raubte ihr das Bewußtsein. Das Holz der Tür zerbarst in Splitter, die zu tödlichen Geschossen wurden. Menschliche Körperteile flogen durch die Luft, ätzende Dämpfe erfüllten den Raum, hingen über dem Wrack des Rolls-Royce, der direkt in der Explosionslinie lag. Er war durchlöchert von den Splittern, die hinteren Türen eingedrückt; auf Eileen und Peters ging ein Splitterregen von den zerborstenen Fensterscheiben herab. Ihr Arm war um ihn geschlungen, als versuchte sie, ihn zu schützen. Peters kam zuerst zu sich. Verwirrt sah er sich um; seine Ohren dröhnten. Dann erhob er sich langsam, das Glas klirrte zu Boden. Er säuberte, so rasch er konnte, Eileens Körper, schnitt sich dabei und meinte zuerst, das Blut sei nur sein eigenes. Dann hob er sie hoch, unter ihrem Gewicht taumelnd, so leicht sie auch war, und schleppte sie nach draußen. Der Schlachthaus- und Rauchgeruch in der Garage war unerträglich.
»Eileen! Eileen!«
Er glaubte zu schreien, hörte aber seine Stimme kaum. Ihr Kleid war blutdurchtränkt. Ein langes, zackiges Holzstück war ihr in die Seite gedrungen, sie atmete nur noch schwach. Er hob sie auf die Schulter und ging schwankend langsam zum Tor. Ins Haus zurückzugehen erwog er gar nicht. Er mußte Hilfe für sie holen und erinnerte sich nur noch daran, daß das Auto in der Auffahrt stand. Alle Gedanken, die nicht mit der unmittelbaren Rettung ihres Lebens zusammenhingen, waren schon zuviel für ihn. Als er die Verletzung sah, wußte er sofort, daß Eileen schnellstens behandelt werden mußte, wenn sie nicht sterben sollte. Er mußte den Wagen erreichen und sie zur Klinik bringen. Seine Ohren summten immer noch. Der Kopfschmerz hämmerte im Rhythmus seiner Schritte. Er legte sie auf den Beifahrersitz des blauen Sportwagens und fühlte ihren Puls. Sie stöhnte und öffnete die Augen, verlor immer noch viel Blut. Sein Hemd und die Hände waren dunkelrot.
»Schon gut«, flüsterte er, »ich bringe dich in die Klinik. Es wird alles wieder gut. Halt noch etwas durch …«
Da wurde sie erneut ohnmächtig, aber sie hatte ihn kurz erkannt. Peters stieg ein und startete. Seine Konzentration war zu schwach, um Schnellfahren riskieren zu können, er konnte froh sein, wenn er bei Bewußtsein blieb und die Klinik erreichte. Eine halbe Stunde brauchte er, immerhin ging es schon leichter als bei der Nachtfahrt von der Klinik zur Villa. Er lief zum Aufnahmeschalter; dem Mädchen hinter der Glasscheibe blieb bei seinem Anblick vor Schreck der Mund offen. »Ein Unfall«, sagte Peters. »Eine Frau, draußen im blauen Sportwagen. Mrs. Field heißt sie. Lassen Sie schnell einen Arzt holen. Ich? Nein … Alles in Ordnung. Das ist nur ihr Blut.«
Zwei Wärter rannten mit der Bahre hinaus, Gaffer versammelten sich ums Auto, als Eileen herausgetragen und ins Haus gebracht wurde; in der allgemeinen Verwirrung verschwand er rasch. Die Aufnahmeschwester hielt Eileen für tot. Sie wandte sich nach dem Mann um, der sie hergebracht hatte – aber der war verschwunden.
Sie hatten die Leiche mit einer Gummimatte bedeckt. Man zog sie zurück, der Polizist machte Logan Platz. Logan sah ins Gesicht von Madeleine Labouchère. Er wandte sich an den Kommandanten. »Das ist nicht meine Frau«, sagte er und ging zu James Kelly zurück, der mit Janet in einiger Entfernung wartete.
»Es ist nicht Eileen«, teilte ihnen Logan mit. Er wischte sich mit der Hand über die Stirn. James sah, daß sie zitterte. »Eine andere Frau, mit Bauchschuss.«
Der Kommandant trat zu ihnen. »Wir sind ganz sicher, daß Ihre Frau hier gefangen gehalten wurde, Monsieur Field. Im Haus liegt ein toter Algerier, und wir haben ein Funkgerät entdeckt. Bei dem Kampf in der Garage wurden Granaten verwendet, wir haben Körperteile gefunden. Sie fahren am besten aufs Präsidium.«
Logans Erklärung, daß die Erschossene nicht seine Frau war, hatte den Beamten in Ungewissheit gestürzt. So, wie die Leiche dalag, sah es aus, als habe man sie nach dem Tod zurechtgerückt. Keiner der Männer kam auf die Idee, daß die Körperteile in der Garage nicht von Eileen stammen könnten. Janet war gar nicht erst näher getreten. Ihr Gesicht zeigte eine derartige Blässe, daß James sich besorgt erkundigte, ob ihr übel sei. Sie sah sich gar nicht um. Sie hätte nicht mitkommen sollen und schon gar nicht bis zur Villa.
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