Bitterer Jasmin
Wenn sie glaubte, die Aufmerksamkeit durch eine Ohnmacht auf sich lenken zu können, dann hatte sie falsch kalkuliert, dachte Logan böse. Sie gingen zum Wagen, Janet wurde von James gestützt. Schweigend fuhren sie zum Polizeihauptquartier zurück. Ein Polizist führte sie ins Büro des Kommandanten. Auf einem Tablett kamen Drinks und Eis. Janet goß ein. »Ich glaube, sie lebt noch«, sagte sie zu Logan, als sie ihm sein Glas gab.
»Wie kannst du nur so …«
»Monsieur Field!«
Er wandte sich abrupt zur Tür. Der Polizeibeamte, der sie zur Villa begleitet hatte, stand auf der Schwelle und rief aufgeregt: »Das Pasteur-Spital hat gerade angerufen. Eine Frau mit Ihrem Namen ist vor zwanzig Minuten eingeliefert worden. Sie sollen sofort hinkommen!«
Logan drängte an den Polizisten vorbei in den Korridor, James folgte ihm; Janet rührte sich nicht. James stoppte und wandte sich ihr zu. »Kommen Sie!«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein, es ist ja alles gut für ihn. Ich fliege nach England zurück. Wenn er was von mir will, weiß er ja, wo ich zu finden bin.«
Sie zuckte mit den Achseln, und es gelang ihr sogar ein kleines Lächeln. »Fahren Sie nur mit, James, und lassen Sie sich von Logan nicht abhalten.«
»Bestimmt nicht.«
Der Chirurg diagnostizierte Rückenverletzungen und ein Loch in der Bauchdecke mit starker innerer Blutung. Er zog den Splitter heraus – einen zwanzig Zentimeter langen Splint. Nach der Operation teilte man Logan Field mit, daß er seine Frau abends kurz sehen dürfe. Man nahm an, daß sie durchkam, aber das Risiko des postoperativen Schocks war noch nicht überwunden. Presse und Fernsehen umlagerten die Klinik. Logan wurde ein Zimmer zur Verfügung gestellt; über Fernsehen versuchte man, den Mann ausfindig zu machen, der Mrs. Field in die Klinik gebracht hatte.
Die grauenhafte Szenerie in der Villa füllte die Schlagzeilen aller Zeitungen. Logan und James saßen in dem kleinen Zimmer neben der Privatstation, in die man Eileen gelegt hatte, und lasen die französischen Berichte. James' Anwesenheit nahm Field ganz selbstverständlich hin. Er war sein Angestellter und Verbindungsmann zu den Behörden. Kelly sprach fließend Französisch und konnte die hereindrängenden Presseleute abwimmeln. Er hatte den Journalisten bereits gesagt, daß Field keinerlei Erklärung abgeben könne, bis seine Frau sich genügend erholt hatte, um zu berichten, was passiert war, und gab nur zu, daß Eileen Opfer einer Entführung durch internationale Terroristen gewesen war, enthielt sich aber aller weiteren Details. Logan hätte zu diesem Zeitpunkt nicht die Ruhe aufgebracht, die James selbst unter solchen Umständen noch behielt. Er war erfahren darin, Schwierigkeiten zu glätten. Eine Krankenschwester brachte ihnen Kaffee und fragte, ob sie etwas zu essen wünschten. Beide lehnten ab.
»Sie haben sich noch gar nicht erkundigt, wo Janet ist«, sagte James.
Logan runzelte die Stirn. »Die hatte ich total vergessen. Sie kann sich ja ein Hotelzimmer mieten.«
»Sie ist nach England zurückgeflogen. Sie sind ziemlich ruppig mit ihr umgesprungen. Ich glaube, Sie sollten sie anrufen und wissen lassen, was passiert ist.«
»Ich weiß es ja selbst noch nicht. Sie sollten übrigens nach Teheran zurückfliegen und eine Erklärung für mich ausarbeiten. Aber sehr vorsichtig, bitte. Wir wollen keine politischen Zwischenfälle verursachen oder den Schah in Verlegenheit bringen. Sobald Eileen außer Gefahr ist, komme ich nach.«
James zündete sich eine Zigarette an. Er sah Logan ins Gesicht. »Ich werde nicht nach Teheran zurückgehen«, eröffnete er. »Ich kündige Ihnen.«
»Seien Sie doch nicht blöd! Wie kann man nur alles so wegschmeißen! Mit Imshan fängt es doch jetzt erst an. Sie können eine sagenhafte Karriere machen. Wenn Sie nicht gleich weg wollen, bleiben Sie wenigstens noch ein paar Tage hier und überlegen sich das Ganze.«
»Ich habe schon alles überdacht; Janet hat absolut recht. Eileen wird nie zu Ihnen zurückkehren. Sie meinen, jetzt gewonnen zu haben. Sie haben ihr Leben riskiert, außerdem Imshan in der Tasche und glauben, Sie könnten nun zu ihr zurückspazieren, als wäre nichts passiert. Natürlich ist mir Janet egal, aber so geht's einfach nicht. Sie können nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen – diesmal nicht!«
***
Neben Eileens Bett saß eine Krankenschwester. Das Licht war abgeschirmt, Logan sah zuerst gar nicht, daß sie die Augen geöffnet hatte. Er beugte
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