Bitterer Jasmin
Geld langweilte Kelly, der im Kaufmännischen nicht zu Hause war. Für komplizierte Kalkulationen hatte er nichts übrig und tat nur so, als verstünde er das Geheimnis des Geldtransfers. Er beschäftigte sich mit Menschen und Situationen. Irgendwie spielte da auch noch ein Rest Snobismus aus der Zeit im Außenministerium mit hinein, der seine Einstellung Bilanzen gegenüber bestimmte. Logans Gehirn arbeitete dagegen wie eine Rechenmaschine. Ihm war der Umgang mit Zahlen nicht nur vertraut, er hatte sogar ausgesprochenes Vergnügen daran. Seine Versuche, sie so zu manipulieren, daß die zusätzliche Investition gerechtfertigt erschien, faszinierten James zwar, blieben ihm aber unverständlich.
Kelly teilte Logans Auffassung nicht, daß es Khorvan ernst meinte. Sicher beabsichtigte der Perser nur, das Gesicht zu wahren; eine kleine Übung in Gemeinheit, ein Spiel vielleicht. Keinesfalls ein Vorschlag, der akzeptabel werden mußte, wenn man Imshan haben wollte. Logan schob seine Einwände beiseite. »Der Kerl ist darauf aus, uns dranzukriegen«, sagte er vormittags. »Ich hab' es in seinem Büro gespürt und weiß es immer noch genau. Er meint, die Kosten der Raffinerie würden die Verhandlungen zerschlagen. Vermutlich hat er diesen Zusatzpunkt sogar vorgeschlagen. Irgendwie muß ich da drumrumkommen, ehe wir mit dem Schah sprechen.«
Kelly war sich bei der ganzen Sitzung ziemlich überflüssig vorgekommen. Ohne daß es Logan recht bemerkte, entschuldigte er sich dann am Nachmittag, um rechtzeitig bei seinem Anruf zu sein. Eileens Stimme zu hören, machte ihn glücklich. »Wie geht's dir? Wie war der Flug?« banale Fragen, die man einfach stellen mußte. Teil eines Rituals aller Telefongespräche. Während er in Wirklichkeit sagen wollte, wie sehr sie ihm fehlte, und wie sehr er sie liebte. Er konnte sie sich lebhaft vorstellen, während sie sprachen. Normalerweise war sein visuelles Gedächtnis schlecht, aber Eileens Gesicht stand klar vor ihm.
»Ich glaube, ich werde zu meinem Vater fahren, er hat Lucie schon solange nicht gesehen. Biddie kommt mit uns.«
»Ja, tut das«, bekräftigte er. »Aber erst setz die Sache beim Anwalt in Gang. Der Urlaub wird euch beiden gut tun. Bist du sicher, daß du mich nicht brauchst?«
»Nein«, sagte sie, und er spürte die Dankbarkeit in ihrer Stimme. »Vielen Dank, James. Ich habe mich jetzt entschlossen, und es ist gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorstellte.«
»Darf ich dir was sagen?«
»Natürlich. Was du willst.«
»Ich liebe dich. Und ich will dich nicht hetzen. Ich möchte nur, daß du es weißt. Leb wohl, Liebes, und mach's gut. Rufst du mich dann von Irland aus an?«
»Ja, bestimmt.« Ihre Stimme klang plötzlich ganz unsicher. »Ich rufe an, sobald ich kann.«
Trotz dieses Gesprächs mit James und der Unterstützung ihres Vaters, den sie informiert hatte, konnte Eileen nicht schlafen. Es gab Momente, in denen sich alte Denkgewohnheiten einstellten und sie mit sich selbst argumentierte, daß ihr Vorhaben überflüssig sei. Warum sollte sie Lucie aus ihrer gewohnten Umgebung reißen? Sie mußte doch nicht Krieg führen mit Logan! Immerhin war sie sieben Jahre lang seine Frau gewesen. Nach alldem, was sie einander einmal bedeutet hatten, mußte es doch noch gegenseitiges Verständnis und eine gewisse Flexibilität geben. Er war ja weder grausam noch rachsüchtig, und nur, weil er sich in eine andere verliebt hatte, mußte man ihm doch nicht alle anständigen Gefühle absprechen.
Und dann opponierte ihr Instinkt gegen diese Logik. Soweit es das Kind betraf, hatte Logan keinerlei Sensibilität gezeigt und seine Tochter als sein Eigentum betrachtet.
Seine besitzergreifende Liebe hatte das Kind einem erdrückenden Zwang unterworfen und ihm die normale Bindung an die Eltern verweigert. Nie ließ er sie mitfahren oder mitfliegen, und keinerlei Argumente oder Bitten konnten ihn umstimmen. Ein Großteil seiner einstigen schützenden Liebe für Eileen galt jetzt dem Kind – das wußte sie seit langem. Was sollte es da, schwach oder sentimental zu werden; Logan war es ja auch nicht.
Sie gab ihren Versuch einzuschlafen auf, knipste das Licht an und las bis in den frühen Morgen. Um acht Uhr weckte Bridget sie mit Kaffee und Zeitungen. Nach den wenigen Stunden unruhigen Schlafs fühlte sie sich schlimmer als vorher, aber ihr Entschluß war gefaßt. »Ich muß nur noch etwas erledigen«, sagte sie zu dem Mädchen, »und dann fahre ich mit Lucie heim zu Vater.
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