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Bitterer Jasmin

Bitterer Jasmin

Titel: Bitterer Jasmin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyny Anthony
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ablösen lassen.«
    »Du machst einen großen Fehler«, sagte der Franzose. Er hob die rechte Hand aus seinem Versteck und legte sie auf die Lehne seines Sessels. Wenn Peters ihn ablösen ließ, sah die Sache nicht gut für ihn aus. Seiner Klage gegen den Amerikaner würde man nicht glauben. »Ich habe einen Fehler gemacht, das gebe ich zu. Ich hätte sie nicht anrühren dürfen. Warte bitte noch bis morgen, ehe du was unternimmst.«
    Peters rauchte schweigend zu Ende.
    Madeleine ging in die Küche und kam mit einer Flasche Wein zurück, sie gab Resnais ein Glas und reichte das zweite Peters.
    »Wir wollen lieber vereint kämpfen«, schlug sie vor. »Wir haben ja unser gemeinsames Ziel schon ganz vergessen. Trinken wir darauf!«
    Sie hatte einen Sinn fürs Theatralische, der weniger östlich als vielmehr germanisch erschien, spielte die Rolle des Katalysators und beschämte Peters mit ihrem Toast. Er trank, und die anderen taten es ihm nach. Dann stand er schweigend auf und ließ sie auf der Terrasse zurück. Ehe er zu einem endgültigen Entschluß kam, mußte er über sich selbst nachdenken.
    Es war ein schöner, warmer Abend. Der Sonnenuntergang färbte den Himmel rosa und violett. Peters sah aufs Meer hinaus. Von weit draußen hörte man das Zischen und Gurgeln der Wellen, die sich an den Felsen brachen. Jahrelang war er nur der Gewalt verpflichtet gewesen; seit er nach Barnes Tod beim Studentenaufruhr diese Entscheidung getroffen hatte, war ihm nie der Gedanke gekommen, wieder davon abzugehen. Die Welt war nichts als ein aufgedunsener, kapitalistischer Leichnam, und vor der Auferstehung mußte es ein Begräbnis geben. Er hatte sich auf das Töten eingestellt, wie er sich auf seinen eigenen Tod eingestellt hatte. Er erinnerte sich an die Vorwürfe seiner Mutter während einer der nutzlosen Szenen, die sie ihm in der Collegezeit machte. Wie konnte er behaupten, die Menschheit zu lieben, wenn er nicht fähig war, ein anderes menschliches Wesen zu lieben. Sie hatten nichts von seiner Verehrung für den Lehrer gewußt, nichts von dem Lehrer. Hatten sich nur immer um sich gekümmert. Die Erinnerung beunruhigte ihn jetzt. Er hatte sich im vollsten Sinne gegeben, für ein höheres Ziel als eine rein persönliche Beziehung. Die Leiden der Massen konnten ihn zu Tränen rühren, und er hatte nie Gefallen an direkter Brutalität gefunden. Das war die Waffe des kapitalistischen Feindes: der knüppelschwingende Polizist, die Sadisten in Uniform, Zigarren kauende Generäle und die gesichtslosen Macher beim CIA. Sein Leben als Erwachsener war eine einzige Rache für den Mord an Andrew Barnes gewesen, ein Kreuzzug gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung.
    Seit dem Tag der Gefangennahme Eileen Fields hätte er ihr jederzeit eine Kugel durch den Kopf jagen können, ohne die geringsten Schuldgefühle zu bekommen; es wäre eine völlig unpersönliche Handlung gewesen. Aber jetzt war dieser Schutzwall um ihn zerbrochen, sie war nicht mehr Objekt im Klassenkampf. Besaß einen Körper, den er nackt in den Armen gehalten hatte. Er hätte Resnais am liebsten totgeschlagen für seine Untat an ihr. Dunkelheit brach plötzlich ein, er saß immer noch da und versuchte zu rationalisieren. Ihr Mut hatte ihn beeindruckt, ihre Verletzlichkeit hatte ihn erregt. Er war in die Falle einer persönlichen Beziehung geraten; redete mit ihr, anstatt nur das Essen hinzuknallen und wieder hinauszugehen. Nahm die Verantwortung an, die sie ihm am ersten Morgen in diesem kleinen Zimmer auferlegt hatte. Es war alles ganz klar und logisch, und es gab keine Entschuldigung für ihn, daß die Dinge einen solchen Verlauf genommen hatten. Und jetzt begehrte er sie noch dazu. Ob sie es wußte? Ob sie es gefühlt hatte, als sie damals mit ihm am Fenster rang? Jetzt wußte er nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Der Waffenstillstand war nicht echt. Trotzdem wagte er nicht, die beiden nach Damaskus zurückzuschicken, denn das Zentralkomitee sandte dann vielleicht ein völlig neues Team, das Eileen Field übernehmen würde. Das durfte er nicht riskieren – sie durfte niemand anderem ausgeliefert werden. Gegen Madeleine und Resnais konnte er sie ohne weiteres schützen. Peters stand auf und kehrte ins Haus zurück. Die beiden anderen saßen beim letzten Wein im Zimmer und warteten auf ihn.
    »Du hast recht«, wandte er sich an Madeleine, »wir sind alle durcheinander. Wir haben unsere Aufgabe zu erfüllen, aber sie wird so erfüllt, wie ich es wünsche. Ich bin

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