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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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Nur anrufen, um sich abzumelden. Essen mit Katta. Da blieb nicht viel Zeit, um rechtzeitig zum Besichtigungstermin des Kranichpärchen zu erscheinen.
    Er überlegte, ob er Halvesleben und die Liebhaber politisch korrekter Kleinwagen für einen der nächsten Tage trotz des hildebrandtschen Edikts vorladen sollte. Er winkte innerlich ab. Offiziell angesetzte Vernehmungen machten den Leuten Angst, sie fühlten sich verdächtigt und kamen nicht aus sich heraus. Je höher der Bildungsstand, desto eher suchten die Betroffenen Rat bei ihren Anwälten, die, um ihre Honorare zu rechtfertigen, daraus in der Regel fliegende Elefanten machten, die dann nur noch schwer vom Himmel zu holen waren, der in diesem Augenblick einige zaghafte Sonnenstrahlen zeigte.
    Die Sache wirklich sausen lassen?
    Er horchte in sich hinein. Nein, entschloss er sich, als er das überzeugende Votum seines Instinkts vernahm. Wenigstens die verbleibende Zeit wollte er noch nutzen. War ja denkbar, dass sich noch einige überzeugende Argumente gegen den Abbruch der Ermittlungen ergaben.
    Lorinser hinterließ neben dem gelben einen weißen Zettel mit der höflich formulierten Bitte um einen baldigen Anruf. Er stieg in sein Auto und fuhr in Richtung des Hexenhauses, in dem Halveslebens Nachbarn wohnten.
    Die Dame des Hauses war ein Herr. Mindestens zehn Zentimeter größer als Lorinser, mit angegrautem Kraushaar, dunklen Bartschatten und einem Blick, in dem das Misstrauen Bleiberecht ertrotzt hatte. Die linke Hand hielt das Halsband eines aufgeregt vor Freude kläffenden Schäferhundcollies, die rechte einen steinernen Mörserstößel, an dem Kräuterreste klebten. Die wiezerbissen wirkenden Lippen zitterten vom Nachhall der furchtsam herausgebellten Ankündigung, keinen Fremden ins Haus zu lassen, solange der Lebensgefährte außer Haus sei.
    Lorinser präsentierte seinen Dienstausweis.
    »Ach so! Dann kommen Sie bestimmt wegen dem Böse, dem Thorsten.«
    »Richtig«, sagte Lorinser und spürte, wie der Regen seinen Hemdkragen aufweichte. »Ich sehe hier nirgendwo ein Namensschild.«
    »Burfeind. Dieter«, sagte der Mann und gab die Tür frei. »Ich wusste ja nicht, dass Sie Polizist sind. Sie glauben ja gar nicht, was hier für Typen auftauchen. Zeitschriftendrücker sind noch die Harmlosesten. Putzen Sie sich bitte die Schuhe ab. Da hinein bitte.« Der Stößel deutete auf einen rund gemauerten Durchgang, über dem auf einem Bord Delfter Porzellanteller und einige Tierfiguren standen. Es roch nach Hund. Aus der offenen Küche wehte der Geruch von Thymian. So sanft wie der Regen perlte Klaviermusik durch die Räume. »Einen Augenblick«, bat Burfeind und hob den Stößel, »ich bringe das Ding nur in die Küche.«
    Als er zurückkehrte, reichte er Lorinser ein gefaltetes Handtuch.
    »Ich geh gar nicht mehr vor die Tür. Nur mal eben für Gemüse in den Garten. Ich weiß auch nicht, was ich Ihnen über den Böse sagen soll. Wir kennen den so gut wie gar nicht. Man hört ja nur, was über den geredet wird.«
    Lorinser trocknete sich Nacken und Gesicht. »Aber Sie wissen, was am Deich geschah.«
    »Wir wissen nur, was uns Johannes Hollenberg erzählt hat. Bei ihm kaufen wir unsere Milch. Wollen Sie nicht Platz nehmen?« Er deutete auf einen kleinen Esstisch, um den nur zwei gedrechselte Stühle standen. »Ich mache Ihnen gerne auch einen Tee. Kaffee kommt bei uns ja nicht in die Kanne.«
    »Nein danke«, sagte Lorinser und reichte in Gedanken an die vielen Tassen Kaffee mit Paula das Handtuch zurück. Er strichsich mit beiden Händen durch das nasse Haar, während seine Blicke durch den Raum streiften. Die Schmalseite des Raumes wurde von einem Kamin beherrscht. Eine elegante, südländische Marmorarbeit, die im Kontrast zu den robusten Balken des Fachwerks und der Deckenkonstruktion stand. Davor eine Sitzecke Typ englischer Landhausstil. Auf den Lerchendielen Teppiche. Stehlampen. An den Wänden ein paar alte Gemälde, die einigen Wert zu haben schienen, ein Bücherschrank, aus dem Klopstock, Raabe und Goethe in nachgedunkelter Schwermut grüßten. Armut schien bei der Einrichtung kein Ratgeber gewesen zu sein.
    »Hier ist es sehr ruhig«, sagte Lorinser. »Besonders nachts, kann ich mir vorstellen.«
    »Oft haben wir auch Remmidemmi. Im Sommer. Touristen mit ihren Bikes oder Jugendliche, die an der Naturstation ihre bierseligen Grölfeste feiern. Im Winter, da haben Sie Recht, da ist es hier schon ziemlich ruhig.«
    »Wie war’s denn in der Nacht von

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