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Bittersuess

Bittersuess

Titel: Bittersuess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ki-Ela Stories
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auf mein Bett. „Wie fühlst du dich?“, sie streichelt mir über den Kopf. „Du siehst schlecht aus, aber das ist ja auch kein Wunder, nachdem was geschehen ist.“
    „Es geht mir gut, Mama“, lüge ich. Das, was mir wirklich Schmerzen bereitet, würde sie sowieso nicht verstehen.
    „Das werden wir ja noch sehen. Du hast in einer Stunde den Termin bei Professor Marquardt in der Klinik. Bitte mach dich frisch, ja? Ich war schon in deiner Wohnung und habe ein paar Sachen von dir geholt“, sagt sie bestimmt.
    „Mama – ich brauche keinen Arzt“, antworte ich genervt. ‚ Jedenfalls keinen Humanmediziner’ , schreit es in mir auf. „Ich bin okay.“
    „Kommt gar nicht in Frage. Du wirst gründlich untersucht. Man hat dich misshandelt – und abgenommen hast du auch“, sie steht vom Bett auf und geht zur Tür. „Bitte halte dich in einer Stunde bereit. Ich bringe dir deine Sachen gleich rein.“
    Ich stöhne, als sie aus dem Zimmer ist. Wenn sie so redet, ist es zwecklos, ihr zu widersprechen. Mürrisch stehe ich also auf und schleiche mich ins Bad. Ich sehe wirklich ziemlich fertig aus, habe Ringe unter den Augen. Nur noch ganz leicht kann man sehen, wo die Hämatome waren und die kleinen Narben an meiner Augenbraue verheilen auch immer besser.
    Als ich unter die Dusche steige, höre ich, dass meine Mutter noch einmal mein Zimmer betritt, offenbar bringt sie die Kleidung vorbei.

    Lustlos ziehe ich mich an und mein Blick fällt auf die Sachen, die ich von Nicolas habe. Ob ich sie waschen soll?
    Aber wenn die Polizei sie haben will – kann man dann noch was finden? Haare oder so was?
    Ich schlucke panisch, das will ich auf keinen Fall. ‚Oder ob ich sie besser gleich verbrennen soll?’
    Mir blutet das Herz bei dem Gedanken daran, aber ich halte es für das Beste. Ich habe ja noch das Medaillon – und das ist eine viel kostbarere Erinnerung an Nicolas als die Kleidung.
    Ich haste nach unten in den Garten. Unser Gärtner ist noch nicht da, aber es gibt einen Platz, an dem er immer Gartenabfälle verbrennt. Hastig lege ich die Sachen dorthin und zünde den Haufen mit den Kleidern an.
    „Kannst du mir mal sagen, was du da machst?“, die Stimme meines Vaters lässt mich aufschrecken.
    „Ich… ich will die Sachen nicht mehr sehen . Sie riechen nach der Hütte“, sage ich stammelnd.
    „Stella – aber vielleicht hätte die Polizei da noch etwas dran finden können“, antwortet er entsetzt.
    „Ich… ich… dachte, es wäre besser so“, schuldbewusst schlage ich die Augen nieder. Aber nicht, weil die Klamotten brennen – sondern weil ich meinen Vater anlüge. Doch die Wahrheit kann ich ihm unmöglich sagen.
    „Stella“, er nimmt mich in den Arm und tröstet mich. „Ist gut, meine Kleine. Es ist vorbei…“
    „Ja“, sage ich leise, dann geh’ ich zurück ins Haus. Wahrscheinlich denkt er, ich bin verrückt geworden – aber das ist immer noch besser, als das man etwas von Nicolas findet.

    Zum ersten Mal seit zwei Wochen schminke ich mich wieder, das bisschen Farbe im Gesicht lässt mich tatsächlich frischer aussehen.
    Dann gehe ich in die Halle, wo jetzt bereits meine Eltern und mein Bruder Jonas warten.
    „Musst du heute nicht in die Uni?“
    „Nein – zur Feier des Tages schwänze ich“, zwinkert er mir zu. Ich bin erleichtert, dass er da ist. Mit ihm hab ich einen guten Mitstreiter, falls meine Eltern zu nervig werden.
    „Schatz“, mein Vater zieht mich in seine Arme. „Bist du bereit? Können wir fahren? Die Polizei hat schon wieder angerufen, sie wollen dich natürlich dringend sprechen, ich hab sie auf heute Abend vertröstet. Und Jenny und Markus hab ich auch schon verständigt. Du sollst sie bitte unbedingt anrufen.“
    „Das werde ich tun“, lächele ich meinem Vater zu.
    Dann hakt er mich unter und geht mit mir hinaus.

    „Stella, meine Liebe“, Professor Marquardt empfängt mich mit einer einladenden Armbewegung. „Was musste ich hören? Es ist ja furchtbar, was dir zugestoßen ist“, sagt er dann bedauernd.
    „Ich lebe ja noch“, lächle ich ihm zu. Als Kind hatte ich immer Angst vor ihm, also vor Ärzten sowieso, aber vor ihm im Speziellen. Meine Mutter hat uns bei jedem Schnupfen immer sofort zu ihm geschleppt und der große Mann, der auch noch ein Professor war, hat mir immer imponiert.
    Heute mag ich ihn sehr gerne, aber natürlich gehe ich jetzt nicht mehr zu ihm hin, wenn mir etwas fehlt.
    „Bitte Helmut, zu keinem ein Wort“, bittet ihn mein Vater

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