Bittersuess
Hauptgrund. Er hat dich vermisst“, lächelt sie mich an. „Und jetzt ist er seit Wochen wie ausgewechselt.“
„Danke, dass du das so ausplauderst“, Nicolas wird ein bisschen verlegen. „Aber du hast schon recht.“
„ Was werden deine Eltern sagen, Stella?“, mischt Marta sich wieder ein. „Sie möchten ihre Tochter bestimmt nicht gerne so weit weg sehen.“
„Ich muss mit ihnen reden. Bald“, erkläre ich ihr. „Das wird nicht leicht werden, selbst wenn sie nicht wissen, was geschehen ist“, schlucke ich. Ich würde die Gedanken daran am liebsten weit von mir schieben, aber der Tag wird kommen, an denen ich mich meinen Eltern stellen muss. So langsam werden sie auch ungeduldiger und sie fragen immer häufiger, wann ich zurückkehre. Und vor allem muss ich sie von meiner Liebe zu Nicolas überzeugen.
„ Du gehst zurück, wenn du bereit dazu bist“, sagt Nicolas sanft.
‚Bereit werde ich wohl nie dafür sein’ , schießt es mir durch den Kopf. Doch ich muss es tun. Meine Eltern sind wunderbare Menschen, mache ich mir Mut. Sie werden mich schon verstehen – nicht auf Anhieb vermutlich, aber auch sie werden einsehen, nein, sie müssen einsehen, wie glücklich ich mit Nicolas bin.
„Sag deinem Vater, dass wir zwar nicht viel Geld haben – aber dass wir seine Tochter sehr in unser Herz geschlossen haben. Und wir werden gut auf sie acht geben.“
„Und ich auf meine Frau“, fügt Nicolas an und Marta atmet erleichtert auf.
„Madre mia, endlich hat dieses wilde Treiben ein Ende“, ruft sie laut.
Nicolas und ich kichern, dann entdeckt Lucia den Ring.
„Soll das der Verlobungsring sein?“, fragt sie argwöhnisch.
„Ja, das ist er. Ich finde ihn wunderschön“, sage ich sofo rt.
„Stella braucht aber einen Richtigen“, beharrt Lucia.
„Nein, ich behalte den, er gefällt mir wirklich“, lächele ich Nicolas’ Tante zu.
„Ich freu mich für dich, mein Junge“, sagt Marta dann und man kann erkennen, dass es in ihren Augen glitzert. „Ich wünsche dir alles Glück der Welt und vor allem endlich die Familie, die du dir immer schon so gewünscht hast.“
„Danke, Nana“, antwortet er mit heiserer Stimme.
Wir reden noch ein bisschen mit den beiden Frauen, dann gehen wir eng umschlungen zu Nicolas’ Haus zurück.
Es wird eine sehr zärtliche Nacht, in der nicht die körperliche Liebe im Mittelpunkt steht. Manchmal sehen wir uns einfach nur lange in die Augen und küssen uns. Ich fühle mich ihm so nah – und angekommen. Und ich werde seine Frau.
10
Ich überprüfe noch einmal, ob ich auch alles eingepackt habe, dann schließe ich meinen Koffer. Ich bin wehmütig, ich will überhaupt nicht weg, aber es wird Zeit nach Berlin zurückzukehren. Ich muss endlich reinen Tisch machen und ich habe außerdem versprochen, Weihnachten zuhause zu sein.
Nicolas wird mich begleiten und darüber bin ich mehr als froh. Allerdings habe ich bei dem Gedanken an das Zusammentreffen mit meinen Eltern Bauchschmerzen, ich hoffe, sie werden meine Entscheidung für ihn akzeptieren.
Ich habe mein Kommen angekündigt, auch, dass ich jemand ganz Besonderen mitbringen werde. Meine Mutter ist am Telefon bald vor Neugier geplatzt, nur Jonas weiß, dass ich mich verlobt habe. Mit wem – das habe ich ihm allerdings nicht verraten.
Er hat den Hörer fallenlassen, ich habe ihn aber gebeten, das erstmal so hinzunehmen und mit Nachfragen zu warten, bis ich zuhause bin. Er hat es akzeptiert, auch wenn er doch sehr überrascht, fast schon geschockt war.
Marta und Lucia warten schon beim Geländewagen auf mich. Auch Julio und Juan sind gekommen. Juan wird uns die sechshundert Kilometer zum Flughafen nach Buenos Aires fahren, von dem es aus dann weiter nach Berlin geht.
„Stella, bitte grüße deine Eltern von uns“, sagt Lucia mit Tränen in den Augen und Marta drückt mich heftig an sich.
„Bleib nicht solange fort“, sagt sie dann leise.
Doch das werde ich wohl, zumindest eine ganze Weile. Nicolas hat mich überredet, mein Studium zu beenden, zwei Semester fehlen mir noch. Das bedeutet auch, dass wir uns lange Zeit nicht sehen werden und mir wird schon ganz schlecht bei dem Gedanken daran. Doch ich sehe auch ein, dass er Recht hat, ich sollte das, was ich angefangen habe, auch beenden. Auch wenn ich nicht so ganz einsehe, was ich mit einem BWL-Studium in Argentinien anfangen soll.
Der Flug geht am nächsten Tag und ich werde zunehmend nervöser. Meine Eltern wissen den genauen Ankunftstag nicht,
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