Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
stieß ein eigenartiges Lachen aus. »Bei den Göttern, nein, Nicky ist sehr eigenständig. Sie studiert Kunst und Medienwissenschaften. Ich wollte, dass sie weiter bei ihrer Mutter wohnen bleibt oder zur Herde zieht, aber sie wollte sich unbedingt selbstständig machen. Sie wohnt jetzt mit zwei anderen in so einer winzigen Zwei-Zimmer-Studentenbude. Ich kann froh sein, wenn sie meine Anrufe zweimal die Woche erwidert.«
Ich blinzelte überrascht. »Ja, wie alt ist Nicky denn?«
»Neunzehn.« Er grinste. »Seit letztem Dezember.«
»Shit, Finn! Sie ist nur sechs Jahre jünger als ich!«
Sein Grinsen geriet ins Wanken. »Na und? Warum stört dich das?«
»Ich weiß auch nicht«, sagte ich, um eine Antwort verlegen. Ich hatte mir nie richtig klargemacht, wie alt Finn eigentlich war. Für mich war er einfach ein paar Jahre älter als ich. Dass er eine erwachsene Tochter haben könnte, daran hätte ich nie gedacht. Dass er so aussah, als wäre er höchstens um die Dreißig, spielte keine Rolle – Fae sind sehr langlebig und altern nur höchst langsam. Außerdem benahm er sich auch die meiste Zeit so, als wäre er nicht viel älter. »Es ist einfach so«, sagte ich lahm.
Er rieb sich das linke Horn. »Ich vergesse immer wieder, dass du ja bei Menschen aufgewachsen bist. Ich bin hundertzehn, Gen. Aber ich hab nur dieses eine Kind. Viele Fae in meinem Alter haben einen ganzen Stall voller Kinder.«
»Ja … Ricou hat erwähnt, dass er sechs hat.«
»Nicht nur das. Er hat so um die dreißig Enkel und Urenkel«, ergänzte Finn trocken. »Wenn ich mich recht erinnere, ist seine Jüngste jetzt fünfzig und selbst schon Großmutter.«
Ach du dickes Ei.
Finn beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf seine Oberschenkel. »Hör zu«, sagte er ernsthaft, »ich weiß, gestern ist etwas passiert, das mit dem Fluch zusammenhängt, und du kannst es mir nicht sagen, aber das sollte dich doch nicht gegen uns , gegen unsere Beziehung einnehmen. Nicky ist alt genug, um ihr eigenes Leben zu führen, sie hätte ohnehin nicht viel mit unserem Leben zu tun, also – hör zu, wie wär’s, wenn du sie einfach mal kennenlernst?« Er grinste hoffnungsvoll. »Ich könnte sie jetzt gleich anrufen. Sie würde sich riesig freuen, dich kennenzulernen.«
justify
33. K apitel
J etzt? Jetzt gleich sollte ich mich mit seiner Tochter treffen? Und wenn sie mich nicht mochte? Er hatte zwar gesagt, dass sie mich unbedingt kennenlernen wollte, aber sie war dennoch Helens Tochter. Außerdem hatte ich im Moment genug Probleme. »Ich weiß nicht, Finn. Ich … ich hab zurzeit das Gefühl, auf Treibsand zu stehen, es passiert so vieles, und ich verliere den Boden unter den Füßen. Lass mir ein paar Tage Zeit, um das alles erst mal zu verdauen.«
»Okay, aber sag mir Bescheid, wenn du so weit bist.« Er drückte meinen Arm. Dann runzelte er die Stirn. »Ja, und was ist los? Willst du’s mir erzählen?«
Ich erzählte ihm alles über Tavish, die Morrígan, meinen Ausflug nach Sucker Town (ohne blutige Einzelheiten), die traurigen Erinnerungen, die ich aufzufangen schien, dass Tavish und Malik eine Art Deal miteinander hatten (bei der Erwähnung von Maliks Namen verfinsterte sich sein Gesicht), und zuletzt erzählte ich ihm noch vom Besuch des rätselhaften Jack Rabe. »Das alles hat irgendwie mit dem Fluch zu tun, aber wie es zusammenhängt, ist mir schleierhaft. Hast du vielleicht eine Idee?«
Er trommelte nachdenklich mit den Fingern auf den Ledersitz, dann legte er seine Hände zusammen und flocht die Finger ineinander. Er schaute mich entschlossen an. »Clíonas Tochter und Enkeltochter und Ana und all die schrecklichen Dinge, die ihnen passiert sind, das alles hat natürlich mit dem Fluch zu tun, Gen. Und um ehrlich zu sein, ja, einer von uns hätte dir wahrscheinlich schon viel früher davon erzählen sollen, aber das sind alles Geschichten, auf die wir wirklich nicht stolz sind – noch dazu, da die Dryaden bereits was Ähnliches bei dir versucht haben. Wir sind auf deine Hilfe angewiesen, und dir von all diesen unschönen, beschämenden Dingen zu erzählen, die wir anderen Sidhe angetan haben, hilft uns nicht gerade, dich für uns einzunehmen, oder?«
Allerdings nicht.
»Was die Morrígan betrifft und das, was sie dir gezeigt hat … tja, das scheint Ana zu betreffen und die Zeit, als sie sich in den Händen der Vamps befand. Möglich, dass dieser Maxim – oder die anderen Blutsauger – erneut eine Bedrohung für Ana darstellen. Und da
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